Rostock, Mölln, Silvio Meier, Solingen....
Rassismus und Antisemitismus tötet!
Wir erinnern an Karl-Hans Rohn + 12.11.1992
Rohn wurde am 12.11.1992 in der
Gaststätte "Laternchen" von Wuppertaler Straßenfaschisten, die in der
Nationalistischen Front (NF) organisiert waren, ermordet. Sie hielten
Rohn für einen Juden, schlugen ihn nieder, traten ihm mit
Springerstiefeln die Rippen ein. "Juden müssen brennen" schrie der
Gastwirt der Kneipe und die Nazis übergossen den schwerverletzten Rohn
mit Schnaps und zündeten ihn an. Karl-Heinz Rohn starb nur wenig später
an den Folgen der Misshandlungen. Die Mörder warfen ihn in Venlo aus dem
Auto.
Nichts und niemand ist vergessen!
[W] 9. November 2012 - Erinnern heißt handeln!
Veranstaltungen in Wuppertal und Mettmann
11.00 Uhr Jüdischer Friedhof am Weinberg, Wuppertal-Elberfeld:
Gedenken an die Pogromnacht 1938
16:30 Uhr vor der Schwebebahnstation Loher Brücke:
Antifaschistischer Gedenkrundgang in Erinnerung an die Wuppertaler Pogromnacht vor 74 Jahren und an Karl-Hans Rohn.
Stationen sind u.a. der Tatort des Mordes,die neue Synagoge und die Gedenktafel an der zerstörten Synagoge am Scheuren.
19:00 Uhr Mettmann Zentrum
Überregionale Demonstration zum 74. Jahrestag der Reichspogromnacht unter dem Motto „Die Erinnerung zur Mahnung“
Nichts und niemand ist vergessen! Vor 20 Jahren-Nazis ermorden Karl-Hans Rohn.
Wir
wollen anlässlich unseres Gedenkrundganges am 9.November 2012 auch an
Karl-Hans Rohn vor der ehemaligen Gaststätte am Hohenstein erinnern.
Weitere Stationen sind die neue Synagoge und die Gedenktafel für die
zerstörte Barmer Synagoge am Scheuren.
Anschließend fahren wir gemeinsam zur überregionalen 9.November-Demo nach Mettmann“
Nahezu
flächendeckend wird das wiedervereinigte Deutschland nach 1990 von
Pogromen und nationalen Gewaltexzessen erschüttert; jede*r der/die nicht
in das Weltbild der Neo-Nazis passt gerät ins Visier und wird um Leib
und Leben bedroht. Hoyerswerda, Mölln und Solingen sind die Symbole für
diese Jahre des ungezügelten Naziterrors. Über 180 Menschen wurden nach
der Wiedervereinigung von Nazis in Deutschland ermordet. Karl-Hans Rohn
war einer von ihnen. Er ist in Wuppertal fast vergessen – es gibt kein
Erinnerungszeichen, nichts erinnert an das erste Wuppertaler Naziopfer
seit dem 2. Weltkrieg.
Was genau sich in der Nacht vom 12. auf
den 13.11.1992 in der kleinen Kneipe „Laternchen“ zugetragen hat, ist
nicht in Gänze geklärt. Aussagen zum Tathergang gibt es nur von den
faschistischen Tätern. So betrat Karl-Hans Rohn (53) am Abend des
12.11.1992 die schlecht besuchte Kneipe am Hohenstein in Wuppertal
Unterbarmen / Loh und nahm am Tresen Platz, wo auch seine späteren
Mörder saßen. Andreas Wember (26) und Michael Senf (19), beide in der
Nationalistischen Front (NF) organisiert, treten als Skinheads
martialisch auf und machen auch keinen Hehl aus ihrem Menschenbild, in
ihrer Umgebung fühlen sie sich sicher und erfahren viel Anerkennung und
wenig Gegenwind. Die drei Männer trinken gemeinsam große Mengen an
Alkohol, die Stimmung scheint ausgelassen in der nun leeren Kneipe.
Neben den Männern am Tresen ist nur der Wirt, Marian Glensk (32),
anwesend. Die Aussagen zu den folgenden Stunden sind z.T. recht
widersprüchlich. Unumstritten ist,
dass Rohn mehrfach mit
antisemitischen Beleidigungen und „Späßen“ traktiert wurde, da
angenommen wurde er sei Jude. Laut Staatsanwaltschaft habe der Wirt die
beiden jüngeren Männer immer wieder angestachelt und ermutigt Rohn auch
körperlich zu attackieren. Durch sich gegenseitiges aufputschen,
gebündelt mit Gewaltfantasien und von einem gnadenlosen Welt und
Menschenbild geleitet, stürzt sich der bullige Wember auf Rohn und
schlägt ihn vom Barhocker. Der nun am Boden liegende Rohn wird nach
diesem ersten Schlag, von zwei Seiten mit Springerstiefeln getreten bis
er sich kaum rührt. Unter „…Juden müssen brennen!“ Rufe von Marian G.
überschütten sie Rohn mit hochprozentigem Schnaps und zünden ihn an.
Aufgrund
der Rauchentwicklung löschen die drei das Feuer bevor Rohn stirbt,
jedoch war zu diesem Zeitpunkt schon klar, dass es für den
alleinstehenden Mann keine Rettung mehr geben würde. Die beiden NF`ler
schlagen vor, Rohn ins benachbarte Venlo zu schaffen und sich dort dem
Sterbenden zu „entledigen“. Marian Glensk lässt sich überreden sein
Fahrzeug dafür zu nutzen und das Trio fährt mit Rohn nach Holland, wo
sie ihn an einer Autobahn aus dem Wagen werfen, ob Rohn zu diesem
Zeitpunkt noch lebt bleibt unklar. Wenn ja wäre dies eher Zufall als ein
Teil des tödlichen Plans. Mit welcher Brutalität die Mörder vorgegangen
sind lässt sich im Obduktionsbefund erahnen; …dem Opfer wurden nahezu
alle Rippen gebrochen und Verbrennungen zweiten Grades zugeführt….“. Der
Leichnam wird am nächsten Tag gefunden und über die Reifenspuren sind
die Mörder auch recht schnell ermittelt.
Der antisemitische Mord an
Karl-Hans Rohn in Wuppertal sorgt weltweit für Schlagzeilen. Nur die
Wuppertaler Polizei und Staatsanwaltschaft üben sich in Ignoranz und
wollen die internationale Öffentlichkeit beschwichtigen. Für die
Wuppertaler Polizei ist die Tat eine „Kneipenschlägerei mit dramatischen
Folge.“ Oberstaatsanwalt Rosenbaum wollte die internationale
Öffentlichkeit mit der Feststellung beruhigen, dass Karl-Hans Rohn ja
kein Jude sei. Er habe eine katholische Mutter und einen evangelischen
Vater und sei in der Jüdischen Gemeinde in Wuppertal nicht bekannt.
Erst
viele Monate später beim Prozess erkannten die Richter den nazistischen
und antisemitischen Hintergrund der Tat an. In der Urteilsbegründung
hieß es u.a.: Die Täter seien „so mit rechtsradikalem Gedankengut
vollgesaugt, dass sie in einem entscheidenden Moment nach
rechtsradikalem Muster handelten.“ Andreas Wember und Michael Senf
werden als Haupttäter zu 14 bzw. 8 Jahren (Jugendstrafrecht), und Marian
Glensk zu 10 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.
Die Pogrome vom 9. bis zum 11. November 1938 in Wuppertal
Wie
überall im Deutschen Reich wurden zwischen dem 9. und 11. November 1938
auch in Wuppertal neben der Zerstörung der Synagogen und Betsäle,
zahlreiche jüdische Geschäfte und Privatwohnungen teilweise am helligten
Tag verwüstet und geplündert.
Die Täter brauchten nicht den Schutz
der Nacht. Wenn die jüdischen Einrichtungen nicht restlos abbrannten,
kamen sie bis zu dreimal an den Tatort wieder. Am 10. November um 4:00
Uhr brannte die Synagoge an der Genügsamkeitsstraße, um 8:00 Uhr wurde
die Barmer Synagoge angezündet. Um 18:00 Uhr kamen die Brandstifter
wieder in Genügsamkeitsstrasse und legten erneut Feuer. Die
Friedhofskapellen am Weinberg und an der Hugostrasse brannten
schließlich um 20:00 Uhr. Das Bettengeschäft Sigismund Alsberg in der
Berliner Straße wurde dreimal angesteckt. Kissenbezüge und Betten wurden
geraubt. Die Herzogstraße und die Königstraße in Elberfeld waren mit
Waren und mit zertrümmerten Gegenständen aus jüdischen Geschäften
übersät, auch die Textilhandlung Wolf und Heimann wurde geplündert.
In
der Grünstraße waren ganze Wohnungseinrichtungen aus dem Haus geworfen
worden, in der Elberfelder Wortmannstraße wurde ein Auto in Brand
gesetzt.
Die Täter, unter ihnen der SS-Mann und Versteigerer Bruno
Koepchen, fuhren mit der Kraftdroschke vor. In der Herzogstraße warfen
sie beim Schuhhaus Tack und anderen jüdischen Geschäften mit Flaschen
die Schaufensterscheiben ein. Der Fahrer brachte sie nach kurzem
Zwischenstopp in der Kreisleitung der NSDAP zur Synagoge in die
Elberfelder Genügsamkeitstraße. „Die Herren stiegen aus und begaben sich
zur Synagoge. Da sie durch das Hauptportal nicht in die Synagoge hinein
konnten, gingen sie von der Seite aus, durch den dort befindlichen
Eingang in die Synagoge. Nach einiger Zeit sah ich dann, dass die
Synagoge brannte.“
Die Zerstörungen mussten die Juden per
„Sühneabgabe“ selber zahlen. Insgesamt 1 Milliarde Reichsmark mussten
reichsweit für die „Judenvermögensabgabe“ zum Ausgleich der Schäden
aufgebracht werden. Die Finanzämter „gewährten“ Ratenzahlungen, die in
fünf Raten eingezogen wurden. Wer jetzt noch auswandern konnte, musste
auch den Rest seines Vermögens den deutschen Finanzämtern überlassen.
Nach der Pogromnacht wurden 125 jüdische Männer aus Wuppertal in die
Konzentrationslager Dachau und Sachsenhausen verschleppt. Die Bilanz des
Pogroms, das am 10. November offiziell für beendet erklärt wurde, war
erschreckend: Über tausend Synagogen waren abgebrannt, mindestens 8000
jüdische Geschäfte zerstört sowie zahllose Wohnungen verwüstet. Zwischen
90 und 100 Juden waren erschlagen, niedergestochen oder zu Tode
geprügelt worden. Hinzu kamen Millionenschäden an zerstörten
Geschäftseinrichtungen und Schaufensterscheiben. Das alles
wurde im Volksmund bald mit dem Begriff „Reichskristallnacht“ verharmlost.
Antifaschistische Initiative Wuppertal
Antifacafé Wuppertal
http://antifacafewuppertal.blogsport.eu/