Bei der Nachbesprechung der Aktionen zum 1. Mai hat das Bündnis gegen
Rechts die knüppelnde Polizei, den Ulmer OB und auch sich selbst
kritisiert.
Edwin Ruschitzka
Der Schock über das Erlebte am 1. Mai sitzt bei vielen, die sich im
Bündnis gegen Rechts zusammengeschlossen haben, abgrundtief. Bei der
Manöverkritik am Donnerstag im Gewerkschaftshaus schildern an die 50
Personen ihre Erfahrungen. Dabei kommt der Polizeieinsatz ganz schlecht
weg. Es wird davon berichtet, dass martialisch uniformierte
„Haudraufgestalten“ sichtbar heiß auf den Einsatz in Ulm gewesen seien
und wahllos auch friedliche Demonstranten niedergeknüppelt hätten.
Einer zieht den Vergleich mit dem Dritten Reich. Es wird berichtet,
dass Personen mit nacktem Oberkörper gezielt mit Pfefferspray besprüht
worden seien. Hautverletzungen seien die Folge gewesen. Mehr noch: Bei
sich anschließenden Vernehmungen im Neuen Bau hätten sich Vereinzelte
ganz nackt ausziehen müssen. Als Reaktion auf das polizeiliche Vorgehen
überprüft das Bündnis, ob es eine Massenanzeige initiieren kann.
Entsetzt sind die meisten über die Anstrengungen der Polizei, den
Neonazis den Weg freizuhalten. Für die selben Beamten sei es dagegen
selbstverständlich gewesen, friedlich Gesinnten das Demonstrationsrecht
zu verweigern, sie einzukesseln und stundenlang festzuhalten.
Auch der Ulmer OB Ivo Gönner kommt schlecht weg, vor allem seine der
SÜDWEST PRESSE gegenüber gemachte Äußerung über „rotlackierte
Faschisten“. Bündnismitglieder, darunter auch Gewerkschafter, fordern
dazu auf, Gönner für künftige Aktionen auszuladen. Er gehöre nicht mehr
zu ihnen. Die Berichterstattung in der Zeitung sei „unter aller Sau“
gewesen, poltert der ehemalige SPD-Landtagsabgeordnete Eberhard Lorenz.
Oliver Thron vom Bündnis sieht das differenzierter. Er lobt die SÜDWEST
PRESSE, vor allem die kritischen Fragen an den Ulmer Polizeichef.
Das Bündnis rechnet damit, dass die Neonazis am 1. Mai 2010 wieder nach
Ulm kommen. Darauf werde man besser vorbereitet sein, wird versprochen.
Auffällig an diesem Abend ist allerdings, dass nur ein Einziger die von
Gegendemonstranten ausgehende Gewalt anspricht. Er kritisiert, dass
dieses Thema im Bündins „tabu“ sei. Immerhin waren auch Polizisten
verletzt worden.