Keine Ruhe für Hoyerswerda! Gegen rassistische Zustände! Für ein Denkmal und die Entschädigung der Betroffenen des Pogroms von 1991!
„Wir haben in der Welt Millionen von potentiellen Asylbewerbern und mit denen können wir so, wie wir es gegenwärtig machen, nicht fertig werden.“ (Edmund Stoiber, CSU im ARD Brennpunkt, September 1991)
Demo: 22. Sept. 2012 | Hoyerswerda | 14.00 Uhr | Bahnhofsvorplatz
Video-Kundgebungen: 17. Sept. 2012 | überregional –> Organisiert Videokundgebungen und/oder Filmabende in eurer Region.
Im
September 1991 griffen Neonazis unter Mithilfe und Applaus vieler
Bürger_innen zwei Wohnheime von Vertragsarbeiter_innen und Asylsuchenden
im ostsächsischen Hoyerswerda an. Mehrere hundert Menschen belagerten
die Unterkünfte fünf Tage lang, bis schließlich alle Heimbewohner_innen
aus der Stadt gebracht wurden. Nationale und internationale Medien
berichteten über die Geschehnisse. Die „Evakuierung“ aller
Bewohner_innen der Heime wurde nicht nur in Hoyerswerda selbst von
vielen als „Erfolg“ gewertet. Die Angriffe bildeten damit den
Startschuss für eine jahrelang anhaltende Welle der rassistischen Gewalt
im wiedervereinigten Deutschland, die neben hunderten Verletzten
zahlreiche Todesopfer forderte.
Anlässlich des zwanzigsten Jahrentages gründete sich im Jahr 2011
die Initiative Pogrom91, um sich für eine kritische Aufarbeitung der
Pogrome einzusetzen. Auch 20 Jahre nach dem rassistischen Pogrom
schienen nur die Wenigsten in Hoyerswerda bereit zu sein, sich offensiv
mit der eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen. Auf kritische
Berichterstattung und Interventionen reagiert die Stadtpolitik seit
jeher vor allem mit medialer Hetze und Geschichtsverdrehung. Ihren
Höhepunkt fand diese Art der „Vergangenheitsbewältigung“ während eines
Besuches ehemaliger Vertragsarbeiter_innen und Asylsuchender im
vergangenen Herbst. Bei der Besichtigung eines der damaligen Wohnheime
kam es wiederholt zu rassistischen Pöbeleien und schließlich zu einem
Übergriff durch Nazis und Anwohner_innen, obwohl der amtierende
Bürgermeister Stefan Skora auf Anfrage im Vorfeld keine Bedenken
hinsichtlich eines Besuches geäußert hatte. Im Nachgang wurde dieser
Angriff von lokalen Medien und dem Oberbürgermeister wahlweise
verharmlost oder gänzlich in Frage gestellt.
Auf einer
Demonstration von antifaschistischen Initiativen, die sich unter anderem
für ein dauerhaften Denkmal zur Erinnerung an das Pogrom von 1991
eingesetzt hatten, reagierte die Stadt mit einem massiven
Polizeiaufgebot und der in Sachsen üblichen Warnung vor „gewaltbereiten
Extremisten von außerhalb“. Als überaus gewalttätig zeigten sich am
20ten Jahrestag der Anschläge jedoch wiederum nur örtliche Neonazis, die
unter den Augen der Polizei stundenlang in Gruppen durch die Stadt
patroulierten, Autos von Demonstrationsteilnehmer_innen beschädigten und
schließlich eine Schweigeminute für die Mordopfer rassistischer und
rechter Gewalt mit Parolen und Drohungen störten. Zeitgleich „gedachten“
Vertreter_innen der Stadt ausgerechnet zusammen mit dem „Bund der
Vertriebenen“ beim eigens ausgerufenen „Tag der Heimat“ der
„extremistischen Ausschreitungen“ von Hoyerswerda.
Wie schon 1991
stellte die Polizei unter Beweis, dass sie sehr wohl in der Lage ist zu
handeln, so lange es gegen Antifaschist_innen geht. So müssen sich
demnächst Teilnehmer_innen der Demonstration vor Gericht verantworten.
Sie hatten sich die Hand vors Gesicht gehalten, um von den Neonazis, die
die Demo umlagerten, nicht fotografiert zu werden. Der Vorwurf durch
die Behörden: „Vermummung“.
Auch nach dem Abklingen der medialen Aufmerksam hat sich nichts am offen zur Schau gestellten Geschichtsrevisionismus seitens der Stadt, ihrer Initiativen und vieler Bürger_innen geändert. Die Forderungen für ein dauerhaftes Denkmal für die Betroffenen des Pogroms steht nach wie vor im Raum. Tätig wurden die Behörden hingegen gegen Teilnehmer_innen der Gedenkdemonstration.
Die gesteigerte Aufmerksamkeit, die dem 20. Jahrestag des rassistischen Pogroms in Rostock – Lichtenhagen zu teil wird, darf nicht allein an “runde Jahrestage” gebunden sein, wenn wir es mit der Auseinandersetzung mit der Geschichte ernst meinen. Darum rufen die Initiative Pogrom91 und die Kampagne „Rassismus tötet!“ für den 22. September zu einer Gedenk-Demonstration in Hoyerswerda auf. Außerdem sollen am 17. September in verschiedenen Städten Videokundgebungen und öffentliche Filmvorführungen stattfinden, um die Geschichte des Pogroms, als auch die heutigen Zustände in Hoyerswerda zu thematisieren.
Lasst uns auch dieses Jahr gemeinsam nach Hoyerswerda fahren, um der örtlichen Verdrängungskultur auf die Füße zu treten und der Forderung nach einem Denkmal für die Betroffenen von 1991, sowie deren Entschädigung Nachdruck zu verleihen!
Antifaschistische Demo: 22. Sept. 2012 | Hoyerswerda
14.00 Uhr | Bahnhofsvorplatz
Video-Kundgebungen: 17. Sept. 2012 | überregional
Macht Video-Kundgebungen oder Filmabende in eurer Region. Filme und Redebeiträge können auf der Website www.rassismus-toetet.de runtergeladen werden.
Berlin: Friedrichshain: 20.00 Uhr, Boxhagener Platz & Wedding: 20:00 Uhr | Leopoldplatz
Dresden: 17.09 2012| 15-19 uhr | Altmarktgalerie
Initiative Pogrom 91 | www.pogrom91.tumblr.com
Kampagne „Rassismus tötet!“ | www.rassismus-toetet.de