Ein Rechtsextremer rast mit seinem Auto in eine Gruppe von Anhängern der linken Szene und verletzt einen Mann schwer. Der Fahrer habe in Notwehr gehandelt, befand jetzt das Landgericht Freiburg - und sprach ihn vom Vorwurf des versuchten Totschlags frei. Nach dem Urteil steht dem Neonazi eine Entschädigung zu.
Die Szene spielte sich im Oktober vergangenen Jahres im südbadischen Riegel am Rande einer rechtsextremen Veranstaltung ab. Ein 29-jähriger Neonazi - Mitglied der "Kameradschaft Südsturm Baden" - sitzt auf einem Parkplatz in seinem Auto. Dann kommt eine Gruppe von Anhängern aus dem linken Spektrum auf ihn zu, vermummt und vermutlich mit einer Flasche Reizgas bewaffnet. Der Rechtsextremist startet den Motor und rast auf die Gruppe zu.
Ein 22 Jahre alter Mann wird von dem Auto erfasst und schwer verletzt. Er trägt ein Schädel-Hirn-Trauma und eine linksseitige Einblutung davon. Noch Monate nach dem Vorfall leidet er unter Sprachstörungen und motorischen Ausfällen.
Jetzt hat das Landgericht Freiburg über die Auto-Attacke geurteilt - und den Rechtsextremen vom Vorwurf des versuchten Totschlags freigesprochen. Der Angeklagte habe in Notwehr gehandelt, befand das Gericht. Es könne ihm keine Absicht nachgewiesen werden.
Im Zweifel auch für Neonazis
"Justitia ist nicht auf dem rechten Auge blind", sagte die Richterin in der Urteilsbegründung. In dem Verfahren sei es nicht um politische Ansichten, sondern allein um eine Straftat gegangen. Der Grundsatz "Im Zweifel für den Angeklagten" gelte auch für Neonazis.
Der Staat muss dem Rechtsextremisten nun eine Entschädigung zahlen, weil ihm die Behörden nach dem Vorfall den Führerschein entzogen hatten.
Dem fahrenden Auto hätten die linken Aktivisten zudem mühelos aus dem Weg gehen können, hieß es in einer Pressemitteilung des Gerichts. Zwar hätte der Angeklagte auch eine andere Route wählen können, um der vermeintlichen Konfrontation zu entgehen. Die Kammer konnte aber letztlich nicht ausschließen, dass der Angeklagte in Panik geriet und den alternativen Fahrweg verwarf.
Gegen die Version spricht allerdings ein Eintrag, den der Angeklagte vor dem Zwischenfall auf Facebook gepostet haben soll. Er würde sich freuen, einmal in eine Situation zu kommen, in der er einen Linken "erwischen" könne, soll der 29-Jährige sinngemäß geschrieben haben.