Der freie Markt soll alternativlos sein, so nimmt man allgemein an. Das Fernsehen, die Tageszeitung und die PolitikerInnen scheinen diese Annahme zu bestätigen. Und obwohl viele Menschen auf den Zusammenhang zwischen dem freien Markt und die modernen sozialen Probleme verweisen, fühlen auch sie, wie so viele andere Menschen auch, dieses Gefühl des „ich kann nichts tun“. Wer sich gegen den freien Markt ausspricht, löst oftmals wütende Reaktionen aus: ohne diese Ökonomie hätten wir eine hohe Inflation, es gäbe mehr Arbeitslose und die zum Leben benötigten Güter wären knapp oder stünden überhaupt nicht zur Verfügung. Offensichtlich brauchen wir den freien Markt um überleben zu können.
Aber in Wirklichkeit brauchen wir den freien Markt nur damit er Leiden und Elend für Millionen erzeugt. Die Frage ist, was kann es besseres geben? Die vorliegende Broschüre setzt sich mit der Frage nach einer alternativen ökonomischen Organisationsform auseinander, die nicht nur in der Lage ist, den bestehenden kapitalistischen freien Markt zu ersetzen, sondern die ebenso bei der Lösung anderer Probleme, die von den westlichen Demokratien verursacht werden, behilflich sein kann.
Drei Ausgangspunkte schienen uns relevant. Erstens: jede moderne Gesellschaft benötigt ein ökonomisches Verhältnis, in das die Menschen ihre Arbeitskraft und Ressourcen investieren, das Mengen- und Produktionsziele regelt und durch das über die Verteilung der Güter und Dienstleistungen entschieden wird. Zweitens: die vorliegende Broschüre ist keine Blaupause, kein Manifest, kein Regelwerk, keine ultimative Kritik und kein festgelegter Plan. Aus unserer Sicht sollten zukünftige Ökonomien lokal handhabbar sein, auf Selbstverwaltung aufbauen und eher minimalistisch und spontan funktionieren. Auf der anderen Seite bedarf es für die Herstellung komplexer Güter durch wissenschaftlich höher entwickelte Teile der Ökonomie einen gewissen Grad an zentralisierter Organisation. Diese Güter werden für zukünftige Gesellschaften immer wichtiger. Die Menschen heute und in der Zukunft sollten selbst über die vorherrschende Ökonomie entscheiden. Die Broschüre will schlichtweg einige Ideen und konkrete Wege aufzeigen, die es uns ermöglichen, einen Schritt in die Richtung eines besseren ökonomischen Systems zu gehen. Drittens: wir sind nicht an abstrakten Theorien interessiert. Eine „neue“ Ökonomie muss von dem Standort aus entwickelt werden, an dem wir augenblicklich stehen. Unsere Reaktionen auf den Kapitalismus und den freien Markt stellen dafür der Ausgangspunkt dar. Dementsprechend haben wir die Broschüre in drei Teile aufgeteilt.
Das erste Kapitel umreißt den augenblicklichen Zustand des Kapitalismus, das Falsche am freien Markt und Gründe, warum wir eine Alternative benötigen. Viele von uns wissen instinktiv, dass der Profit und die obszöne Konzentration von Reichtum und Kapital zu den schlechten Seiten des freien Marktes zählen. Das suchen wir an dieser Stelle klar, deutlich und mit handfester Logik zu ergründen.
Das zweite Kapitel spricht den „libertären Kommunismus“ an, was es praktisch bedeutet und wie es funktionieren kann. Verschiedene Ideen über Gemeinschaft, Solidarität, Kollektivismus, Individualismus und ihre Bedeutung für die jetzige und zukünftige Gesellschaft werden aufgezeigt.
Das dritte Kapitel widmet sich dem Thema Planung der Ökonomie. Verschiedene Ökonomien haben auf vielfache Weise die Vor- und Nachteile ökonomischer Planung diskutiert. Eines wissen wir – so wie es in der Sowjetunion lief, funktioniert es nicht. Und im Kapitalismus orientiert sich die Planung alleinig am Profit. Deshalb zeigen wir auf, dass Planung sehr erfolgreich für eine menschenwürdigere Ökonomie umgesetzt werden kann.
Zuletzt möchten wir unsere Vorstellungen über eine anarchistische Ökonomie und die Dinge, die wir als nützlich und erstrebenswert erachten, in einem Schlusswort zusammenfassen. Dies ist nicht das erste und letzte Wort über alternative Ökonomien, es stellt vielmehr einen Zwischenschritt dar.
Inhalt
Einleitung
1. Kapitalismus 5
Mythos freier Markt 5
Marktlogik? 6
Nachhaltigkeit? 9
Lügen und Obszönitäten 10
Staatliche Auflagen 11
Kaufe jetzt, bezahle später 13
2. Libertärer Kommunismus 14
In die Startposition 17
Solidarität im 21. Jahrhundert 19
Kapitalismus vs. Solidarität 20
Konsumismus gegen Lebensqualität 22
Gemeinschaftliches Leben 23
Privates Eigentum gegen gerechte Verteilung 25
3. Demokratie und Planung 26
Direkte Demokratie 26
Demokratisierung der Zukunft 27
Planungsgrundlagen 29
Nicht-ökonomische Angelegenheiten 31
Ökonomische Angelegenheiten 33
Planerische Dynamik 33
Kalkulation der Kosten 35
Ökonomische Demokratie 38
Zusammenfassung
Original: The Economics of Freedom
Anmerkung: Diese kurze Broschüre würde von einem Kollektiv der Solidarity Federation (SolFed-IAA) auf Englisch verfasst. Sie ist durchaus kritikwürdig - meine Übersetzung auch. Kontakt: biebersteak[at]riseup.net