Freiburger Burschenschaften distanzieren sich von rechtsextremistischen Tendenzen

Burschenschaftler – hier bei einem Treffen in Eisenach am vergangenem Wochenende
Erstveröffentlicht: 
08.06.2012

Richtungsstreit

In Freiburg sind die Burschenschaften los: Der Cartellverband hält eine Versammlung ab, die Rhenania feiert 200. Geburtstag – und derweil wird über den Richtungsstreit im Dachverband diskutiert.

 

FREIBURG. Während der Cartellverband der Katholischen Deutschen Studentenverbindungen seit Donnerstag seine viertägige Versammlung in Freiburg abhält und zugleich – unabhängig davon – die älteste Freiburger Studentenverbindung, das Corps Rhenania, ihren 200. Geburtstag feiert, wird unter Burschenschaftern heftig über einen Richtungsstreit im Dachverband Deutsche Burschenschaft (DB) diskutiert.

 

Beim Burschenschaftstreffen in Eisenach am vergangenen Wochenende waren die Auseinandersetzungen zwischen den liberal-konservativen Burschenschaften und dem harten rechten Flügel, in dessen Reihen es auch rechtsextreme Strömungen gibt, derart eskaliert, dass das Treffen vorzeitig beendet wurde.

 

Dachverband droht die Spaltung

 

Ein Auslöser für den Eklat war die gescheiterte Abwahl des Chefredakteurs der Verbandszeitung, Norbert Weidner, der sich durch rechtsextreme Positionen diskreditiert hatte. Daraufhin traten die fünf liberalen DB-Vorstandsmitglieder von ihren Ämtern zurück. Dem Dachverband mit seinen 120 Burschenschaften droht die Spaltung.

 

In Freiburg gibt es ein reiches Verbindungsleben, wenn auch nicht so ausgeprägt wie in anderen Universitätsstädten wie Tübingen, Heidelberg und Göttingen, sagt der Sozialwissenschaftler Jörg Kronauer, der sich seit Jahren mit der Verbindungsszene in Deutschland befasst. Von den Freiburger Burschenschaften gehören zwei – die Saxo-Silesia und die Teutonia – der DB an. Beide zählen sich nach eigener Aussage zum liberal-konservativen Lager und haben gegen die Wiederwahl Weidners gestimmt.

 

Unschlüssig über Austritt

 

Beide Freiburger Burschenschaften distanzieren sich von den rechtsextremistischen Tendenzen im Dachverband, sind sich aber noch unschlüssig, ob sie aus ihm austreten sollen.

 

Gerüchten, die Freiburger Franconia überlege derzeit, neu in die DB einzutreten, widerspricht Timo Baumann, Burschenschafter der Franconia. Diese gehört dem mitgliederschwächeren DB-Konkurrenten Neue Deutsche Burschenschaft (NDB) an, die 1996 von ehemaligen, liberalen DB-Mitgliedern gegründet wurde. Zwar gebe es leichte Bestrebungen, aus der NDB auszutreten, aber ein Weg in die DB sei derzeit kein Thema, sagt Baumann.

 

Seit Jahren gebe es bei der DB massive Probleme mit Rechtsextremen, klagt ein Mitglied der Saxo-Silesia; da noch von Einzelfällen zu sprechen, wie es viele tun, sei falsch. Den evangelischen Theologen und NS-Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer als Landesverräter zu bezeichnen, wie es Weidner getan hatte, sei "zutiefst verwerflich", sagt Jörg Haverkamp, Vorsitzender der Alten Herren der Saxo Silesia. "Mit solchem Gedankengut wollen wir nicht das Geringste zu tun haben." Sozialwissenschaftler Kronauer glaubt, dass die Verhältnisse nach Eisenach definitiv geklärt sind: "Die Liberal-Konservativen werden nicht im Verband bleiben können."