Im
Rahmen der Vortragsreihe »Erziehung nach Auschwitz« findet am 2. Mai
der erste Vortrag im Insitut für Bildungswissenschaft (IBW) statt. Es spricht Marco Brenneisen, Sozialwissenschaftler aus Mannheim, zum Thema »Der gesellschaftliche Umgang mit der NS-Vergangenheit seit 1945 in Deutschland«.
Ob von der »Erinnerungslast zur Erinnerungslust« (Reichel), von »Geschichtsvergessenheit zu Geschichtsversessenheit« (Assmann/Frevert) oder von der »Vergangenheitsbewältigung zur Erinnerungskultur« (H. Schmid): Dass die Rezeption des Nationalsozialismus seit dem 8. Mai 1945 von Brüchen und Wandlungen gekennzeichnet ist und sich heute in Form einer »lebendigen Gedenkkultur« niederschlägt, gilt gemeinhin als Erfolgsgeschichte der Bundesrepublik.
Doch wie vollzogen und äußerten sich diese Wandlungen? Welche gesellschaftlichen AkteurInnen trieben diese Prozesse mit welchen Intentionen voran? Inwieweit findet sich die Haltung der Mehrheitsbevölkerung in den meist von wissenschaftlichen, politischen und journalistischen Eliten geführten Diskursen wieder? Und letztlich: Bedeutet »Erinnern« heute tatsächlich eine reflexive Beschäftigung mit der Geschichte oder steht die gegenwärtige Memorialkultur, wie Volkhard Knigge kritisiert, eher für ein „Identität und Gemeinschaft stiftendes Erzählen von Vergangenheit“?
Der Vortrag behandelt die Phasen der öffentlichen Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit vom Kriegsende bis zur Gegenwart mit besonderem Schwerpunkt auf den Prozessen der Errichtung von Erinnerungszeichen bzw. Gedenkanlagen an Orten der nationalsozialistischen Verbrechen in Deutschland und beleuchtet kritisch die Grenzen des Erinnerungsdiskurses.
Marco Brenneisen (Mannheim) ist Sozialwissenschaftler mit den Forschungsschwerpunkten NS-Rezeption, Geschichts- und Erinnerungspolitik, Gedenkstätten und der Geschichte der KZ-Außenlager. Zur Zeit arbeitet er an seiner Dissertation zur Rezeption der rechtsrheinischen Außenlager des KZ Natzweiler-Struthof und der Herausbildung lokaler Erinnerungskulturen.
02. Mai - 18:15 Uhr | Akademiestraße 3, 69117 Heidelberg
Hörsaal des Instituts für Bildungswissenschaft | Universität Heidelberg
Ankündigungstext der Reihe »Erziehung nach Auschwitz«:
Auschwitz
wird heute allernorts gedacht. So sehr gehört das Erinnern an das
Unsägliche zur demokratischen Selbstvergewisserung, dass es über das im
Bestehenden fortwirkende Vergangene nicht zu reflektieren vermag. Von
der Gesellschaft ehedem einkassiert, verkümmert die Erinnerung. In ihr
gerät zur Reife, was Auschwitz besiegelte.
Eine
»Erziehung nach Auschwitz« muss zu leisten imstande sein das
»zerstörerische Moment der Aufklärung« in sich aufzunehmen, das den
Rückfall in die Barbarei zeitigte.Ihr darf die Gesellschaft ebensowenig
äußerlich sein, wie dieser der Bruch den Auschwitz hinterließ. Eine
solche Erziehung kann heute nur als gesamtgesellschaftliches Projekt
begriffen und nicht allein der Pädagogik überantwortet werden.
Ansätze hierzu sollen die Vorträge verhandeln und im Tutorium besprochen werden.
Weitere Vorträge:
- 16. Mai - Bertram Noback zum »Umgang mit der NS-Zeit heute - haben wir Auschwitz überwunden?«
- 30. Mai - Detlev Claussen zu »Neuer Antisemitismus, Artefakt Holocaust und massenmediale Konjunkturen«
- 13. Juni - to be announced -
- 27. Juni - Astrid Messerschmidt zu »Migrationsgesellschaftliche und geschlechterreflektierende Perspektiven auf Erinnerungsbildung zwischen Differenz und Ungleichheit«
Alle Vorträge beginnen um 18 Uhr c.t. und finden im Hörsaal des IBW statt.