Antisemitismus von Links. Kritik aus rätekommunistischer und anarchistischer Perspektive. Vortrag von Olaf Kistenmacher (Hamburg)

Mittwoch, 16. November

Antisemitismus von links
Kritik aus rätekommunistischer und anarchistischer Perspektive

Daß es innerhalb der politischen Linken Judenfeindschaft gab und gibt, ist bekannt. Weniger bekannt ist die sehr frühe Kritik daran. Franz Pfemfert, Rätekommunist und Mitbegründer der KPD, wies Anfang der 1920er Jahre auf judenfeindliche Äußerungen innerhalb der kommuni-stischen Bewegung hin. Er hatte die Partei 1920 verlassen und zeigte in seiner Zeitschrift „Die Aktion“ ihre Entwicklung zu einer nationalistischen und stalinistischen Kaderpartei auf. Zur gleichen Zeit registrierte Leo Trotzki judenfeindliche Tendenzen in der Sowjetunion, sprach sie jedoch kaum öffentlich an. Das passierte erst 1937, während der Moskauer Schauprozesse, in seinem postum veröffentlichten Text „Thermidor und Antisemitismus“. In ihren Reiseberichten aus Sowjetrußland zitierten die US-amerikanische Anarchistin Emma Goldman und ihr Lebensgefährte Alexander Berkman aus Gesprächen mit Jüdinnen und Juden über eine neue Form der Judenfeindschaft. Diese Berichte waren nicht einstimmig: Manche waren den neuen Machthabern dankbar, andere sprachen hingegen von „stillen Pogromen“. Ein Jude erklärte Goldman und Berkman, der Bolschewismus habe „die antisemitische Einstellung der Massen verstärkt“. Der Vortrag rekonstruiert die Motive, warum Berkman, Goldman, Alexandra Ramm-Pfemfert, Franz Pfemfert und Trotzki etwas kritisierten, was vielen anderen innerhalb der kommunistischen Linken nicht einmal auffiel.

Es spricht Olaf Kistenmacher (Hamburg). Als Historiker betreute er die Sendereihe „Antise-mitismus von links“ im Freien Sender-Kombinat; letzte Veröffentlichungen u.a. „’Mein Leben war mit dem der Juden verknüpft’. Zur Wiederveröffentlichung von Emma Goldmans Auto-biographie ‚Gelebtes Leben’“  (Jungle World N° 11 vom 17. März 2011) und „’Klassenkämp-fer wider Willen’. Die KPD und der Antisemitismus in der Weimarer Republik“ (Jungle World N° 28 vom 14. Juli 2011).

Um 20°° im Jos Fritz-Café, Wilhelmstraße 15 (Spechtpassage).

 

Initiative Sozialistisches Forum
Jour fixe
Herbst / Winter 2011 / 2012


Der Einleitungstext „Die Gewalt des Souveräns“
sowie das Kommentierte Programm unter: www.isf-freiburg.org