Sieben Brandsätze und ein Bekennerbrief im Web

Tunnel im Berliner Hauptbahnhof: Am Tunnel, durch den das Gleis 7 verläuft, entdeckten Bahnmitarbeiter am Mittag verdächtige Gegenstände... Foto: dapd
Erstveröffentlicht: 
10.10.2011

Wer steckt hinter den vereitelten Anschlägen nahe des Berliner Hauptbahnhofs? Ermittler haben sieben Benzinbomben mit Zeitzünder in einem Tunnel gesichert, in Brandenburg zerstörten Saboteure Signalleitungen. Im Internet bekannte sich eine antimilitaristische Gruppe.

 

Berlin - Am Berliner Hauptbahnhof ist am Montag ein möglicherweise folgenschwerer Anschlag vereitelt worden. Unbekannte hatten an Gleisen an einer Tunneleinfahrt laut Polizei sieben Brandsätze versteckt, die Einsatzkräfte am Mittag rechtzeitig unschädlich machen konnten.

 

Die Tunneleinfahrt am Hauptbahnhof liegt gut 200 Meter vom Bahnhof selbst entfernt, der nicht gesperrt wurde. Laut Bahn hatte ein Mitarbeiter bei zusätzlich veranlassten Streckenkontrollen entdeckt. Spezialisten trugen die Behälter mit brennbaren Flüssigkeiten in Tüten davon.

Im Internet veröffentlichte eine linksextreme Gruppe ein Bekennerschreiben, in dem sie gegen den Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan protestiert. Das Landeskriminalamt (LKA) Brandenburg hält das Schreiben nach einer vorläufigen Bewertung für authentisch. Nach Angaben der Bundespolizei gibt es Parallelen zu einem Brandanschlag, der in der Nacht in Brandenburg verübt worden ist.

 

Nahe des Berliner Hauptbahnhofs waren Menschen offenbar zu keiner Zeit in Gefahr. Selbst bei einem Brand wären Passagiere der Bahn nicht betroffen gewesen. Gleichwohl hätten mögliche Schäden an den Signalanlagen ein erhebliches Risiko für den laufenden Zugverkehr darstellen können, sagte ein Sprecher der Bundespolizei am Montagmittag.

 

In Brandenburg hatte gegen vier Uhr ein Brandanschlag Signalleitungen an der Bahnstrecke zwischen Berlin und Hamburg zerstört. Tausende Reisende und Pendler waren von Verspätungen und Zugausfällen betroffen.

 

Das Ziel war nach ersten Ermittlungen ausschließlich, die Signalanlagen der Bahn zu beschädigen. So hoben sie zwischen den beiden Bahnhöfen sollen Brieselang und Finkenkrug Abdeckungen von Kabelschächten an und platzierten ihre Brandsätze direkt an den Kabeln.

 

"Immenser Schaden"

 

Über die genaue Bauart der Brandsätze wollen die Ermittler bisher offiziell keine Angaben machen, dem Vernehmen nach aber handelt es sich um recht schlichte Benzinbomben mit einem Zeitzünder. Die Bundespolizei sprach für die Brandstellen in Brandenburg von einem "immensen Schaden". Mittlerweile haben die Staatsschutzabteilungen der Landeskriminalämter Brandenburg und Berlin die Ermittlungen übernommen.

 

In ihrem Bekennerbrief schrieb die antimilitaristische Gruppe mit dem Namen Hekla von "Sabotagehandlungen an mehreren Kabelschächten", die mit Brandbeschleunigern und elektronischen Zeitgebern die Hauptstadt in den "Pausenmodus" legen sollten.

 

Die Gruppe protestiert nicht nur gegen den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr, sie fordert auch Freiheit für den inhaftierten US-Soldaten Bradley Manning, dem das US-Militär vorwirft, Interna an die Enthüllungsplattform WikiLeaks weitergegeben zu haben.

 

Offensichtlich ist die Hekla-Gruppe bislang nicht in Erscheinung getreten. "Inwieweit die Gruppe bisher bekannt ist oder mit anderen Personen möglicherweise in Zusammenhang gebracht werden kann, ist derzeit völlig unklar", sagte LKA-Sprecher Toralf Reinhardt. Ein Zusammenhang mit vergleichbaren Anschlägen sei aber nicht auszuschließen.

 

Parallelen zu früherem Anschlag

 

Hekla ist der Name eines isländischen Vulkans. Der Name eines Vulkans auf der Insel spielte nach Informationen des "Tagesspiegels" auch eine Rolle im Bekennerschreiben zu einem ähnlichen Anschlag im Mai am Berliner Bahnhof Ostkreuz. Die Täter legten damals den S-, Regional- und Fernbahnverkehr lahm. Im Februar hatte es vor einem Castor-Transports auch einen Anschlag auf die Bahnstrecke Oranienburg-Neustrelitz gegeben.

 

Die Bahn geht davon aus, dass die Reparatur der Strecke Berlin-Hamburg zwischen den Bahnhöfen Brieselang und Finkenkrug bis Dienstagvormittag dauert. Verspätungen von bis zu einer Dreiviertelstunde sind aber bis zum Mittwochvormittag zu erwarten. Fernzüge wurden über Stendal und Wittenberge umgeleitet, die Fahrzeiten verlängern sich nach Bahnangaben um bis zu eine Stunde. Mehrere Regionallinien waren am Montag unterbrochen. Die Bahn setzte Busse auf diesen Linien ein.

 

fab/mgb/dpa