Die berlinweite Naziszene, die sich um das Internetportal „NW Berlin“ schart, hat seit einiger Zeit einen neuen Treffpunkt. Das konspirativ angemietete Ladengeschäft in der Lückstraße 58 dient den Neonazis um Björn Wild, Sebastian Zehlecke und Christian Bentz als Treffpunkt, Materiallager und Ausgangspunkt für gemeinsame Aktionen. Bislang versuchten die Neonazis diesen Treffpunkt geheimzuhalten. Bislang.
Unscheinbar sieht der Laden in der Lückstraße 58 aus. Das Geschäft nahe des S-Bahnhofs Nöldnerplatz und der Weitlingstraße trägt immer noch die Reklamebeschriftung des Einrichtungsgeschäfts, das sich vorher in den Räumlichkeiten befand. Erst auf den zweiten Blick ist ersichtlich, dass die Fensterscheiben von innen zusätzlich mit Metallplatten verschraubt sind. Es scheinen sich neue MieterInnen mit hohen Sicherheitsansprüchen des Ladens bemächtigt zu haben.
Nachdem die „NW Berlin“-Strukturen bereits im Jahr 2010 ein halbes Jahr lang konspirativ ein Pankower Ladengeschäft mieteten und für interne Schulungen nutzten, scheinen sie nun das Selbe mit dem Lichtenberger Geschäft zu betreiben. Die Pankower Lokalität war über einen Verein der Neonazis angemietet worden, die Ermittlungsbehörden wussten damals Bescheid, deckelten jedoch die Information, bis die Neonazis wieder auszogen und machten so antifaschistische Proteste unmöglich. Das wird ihnen in Lichtenberg nicht gelingen!
Es ist davon auszugehen, dass der Neonaziverein – womöglich ein Überbleibsel von Sebastian Schmidtkes „Nationales Jugendzentrum“-Kampagne (1) – auch Mieter des Lichtenberger Nazi-Unterschlupfs ist. Hier werden nicht nur Materialien (Flugblätter, Plakate, Aufkleber und Transparente) der Berliner Neonaziszene gelagert, hier werden auch wöchentliche Treffen abgehalten. Von hier aus werden gemeinsame Aktionen geplant und durchgeführt.
Wer Neonazis wirkungsvoll etwas entgegensetzen will, darf sich nicht nur an den Symptomen – ihren öffentlichen Auftritten – abarbeiten. Das Gebot der Stunde ist, ihnen die Räume zu nehmen, in denen sie sich treffen und von denen aus sie agieren.
Weg mit dem „NW Berlin“-Stützpunkt Lückstraße 58!
Exkurs Lichtenberg
Die Lichtenberger Neonaziszene ist übersichtlich aber aktiv. Die Neonazis um Björn Wild, David Gudra, Sebastian Zehlecke, Christian Bentz, Stefanie Piehl, Oliver Oeltze und Stephan Alex bringen im Weitlingkiez regelmäßig neonazistische Aufkleber, Plakate und Sprühereien an. Meist beschränkt es sich dabei auf Werbung für die Internetseite „NW Berlin“, Mobilisierung zu bundesweiten Neonaziaufmärschen (Dresden, Dortmund, Bad Nenndorf) oder für Neonazis wichtige Termine (Todestag von Horst Wessel und Rudolf Hess). Unterstützt werden sie dabei unter anderem durch den aus Weißensee zugezogenen Christian Schmidt (2). Auffällig ist dabei, dass zu allererst das eigene Wohnumfeld politisch aufgeladen wird. Werden die Stolpersteine, die sich vor der Wohnung Zehleckes in der Emanuelstraße befinden, in regelmäßigen Abständen beschmiert – zuletzt am ersten Augustwochenende – hat sich Schmidt auf die Beschädigung von Wahlplakaten spezialisiert. In der Nacht zum 4. August zerstörte er im Umfeld seiner Wohnung in der Rummelsburger Straße sämtliche Wahlplakate und hinterließ dutzende NPD-Aufkleber. Am Tag darauf wurden an den nun leeren Laternenpfählen NPD-Plakate aufgehängt. Ein ähnliches Vorgehen wurde in großen Teilen des Weitlingkiezes praktiziert.
Der neue Treffpunkt in der Lückstraße, scheint das Loch kompensieren zu sollen, das die Schließung der Nazikneipe „Kiste“ 2008 (3) hinterlassen hat. Diese wurde regelmäßig auch als Plenumsort der lokalen Neonazis genutzt. Seitdem fehlten den Neonazis solche Räume im Bezirk.
Exkurs „NW Berlin“
Das Webportal wurde im Nachgang an das Verbot der Kameradschaften „KS Tor“ und „BASO“ gegründet. Es stellt eine Plattform dar, die die mehr oder weniger losen Neonazi-Strukturen in den verschiedenen Berliner Bezirken nutzen, um Aktionen zu bewerben und ein gemeinsames Vorgehen im Rahmen von Kampagnen (z.B. „Heimatschutz“-Kampagne 2008, „Ausländer raus“-Kampagne 2011) öffentlich zu machen. Hier wurden auch Listen von politischen Gegnern (AntifaschistInnen, linke PolitikerInnen, JournalistInnen) und alternativen Wohn- und Kulturprojekten veröffentlicht. Einige der Personen und Objekte wurden später von Neonazis angegriffen - zuletzt Ende Juni (4). Das Webprojekt wurde damals maßgeblich von Björn Wild ins Leben gerufen und von Lichtenberger Neonazis – u.a. David Gudra und Sebastian Zehlecke - mit Texten bestückt. Das Label „NW Berlin“ wird aktuell vor allem mit Sebastian Schmidtke in Verbindung gebracht. Der Berliner NPD-Vize ist Kandidat für das Berliner Abgeordnetenhaus und Bindeglied zwischen der NPD-Parteistruktur und „autonomen“ Neonazi-Strukturen. Als Anmelder ist er für die meisten Aufmärsche in Berlin verantwortlich, so auch am 14. Mai 2011 in Kreuzberg, wo die Neonazis - so auch Sebastian Zehlecke und Christian Schmidt - mehrere Gegendemonstranten angriffen und verletzten. Schmidtke betreibt darüber hinaus seit Kurzem den Naziladen „Hexogen“ in der Brückenstraße 9 in Schöneweide. Dieser ist – neben der Kneipe „Zum Henker“, der NPD-Zentrale und der Lichtenberger Location in der Lückstraße 58 – derzeit das wichtigste Projekt der Berliner Neonaziszene. Es ist davon auszugehen, dass auch er in der Lückstraße 58 mitmischt.
Den Neonazis muss weiterhin der Rückzugsraum genommen werden.
Damit sie sich nicht ausbreiten können, müssen Räume wie die Lückstraße 58 und das „Hexogen“ geschlossen werden.
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