Letzte Vorinformationen zu den Protesten gegen den morgigen Naziaufmarsch in Chemnitz
Mit großer zeitlicher Verzögerung ergingen heute die Bescheide für die angemeldeten Gegendemonstrationen und Kundgebungen gegen den morgigen Naziaufmarsch in Chemnitz. Was sich abzeichnet ist der schlimmste zu erwartende Fall: die Nazis sollen über den Innenstadtring marschieren und die Polizei wird morgen versuchen, sämtliche Gegendemonstrationen und Kundgebungen weiträumig vom Naziaufmarsch zu trennen.
Die vom Alternativen Jugendzentrum startende Demonstration bekam durchs Chemnitzer Ordnungsamt die Auflage erst eine Stunde nach den Nazis den Punkt Georgstraße, eine Verbindungsstraße zwischen Hauptbahnhof und Innenstadtring, passieren zu dürfen. „Es ist damit zu rechnen, dass aus unserer Demonstration ein wandernder Kessel wird, der bei der Kundgebung am Zöllnerplatz festgehalten wird. Das könnte dort sechs Stunden dauern. Wir werden auf jeden Fall demonstrieren, wer sich aber unter diesen schwierigen Bedingungen nicht beteiligen möchte, sollte sich zur Gegenkundgebung am Karl-Marx-Monument an der Brückenstraße aufmachen.“ Die Organisator_innen werden etwaige Behinderungen im Nachhinein zum Thema machen. „Der Polizeieinsatz wird unter anwaltlicher und journalistischer Beobachtung stehen“.
Die Bedingungen für antifaschistischen Protest stellen sich in Chemnitz
wieder einmal als sehr hart heraus. Die Kritik des Aufrufs an den
gesellschaftlichen Strukturen in Chemnitz, als Prophezeiung, droht sich
zu verwirklichen. „Noch bleibt zu hoffen, dass die Proteste
entschlossener sein werden, als im letzten Jahr. Die kursierenden
Aufrufen kündigen dies allerdings nicht an“, so Ulli Katlewski.
Ansonsten bliebe nur die alte Einschätzung zu konstatieren, dass in
Chemnitz keine nennenswerte handlungsfähige Zivilgesellschaft
existiert. Das heißt eine ausreichende Menge an bewusst agierenden
Menschen, die in der Lage wäre, sich selbstständig Nazis und den
Zuständen, die ihre Präsenz in Chemnitz ermöglichen, entgegenzustellen.
„Entweder es gelingt morgen doch noch ein wundersamer Erfolg, der den
Aufmarsch der Nazis stoppt oder es bleibt nur zu hoffen, dass sich
wenigstens die wohlfeilen Bekenntnisse der Köpfe der hiesigen
Stadtgesellschaft in den Augen ihres Publikums als das kenntlich
machen, was sie sind, bedeutungsloses Geschwätz im Jargon der
Demokratie. Was fällt, das soll man stürzen“, so Ulli Katlewski.
„Insbesondere sollte nach dem politischen Desaster für die Stadt ein
Rücktritt des Ordnungsbürgermeisters Miko Runkel die Konsequenz sein.
Der Bürgermeister, der sonst gern in Law and Order-Manier auf die Jagd
nach Missetätern geht, weigerte sich, die Verbotsverfügung für die
Nazi-Demonstration zu unterschreiben. Im dieses Jahr verzichtet er
sogar auf seine geliebte Faschingslaune und hat sich seit Dienstag
lieber krank gemeldet und aus der Verantwortung verabschiedet. Gute
Besserung und weiteres närrisches Treiben“, wünscht Ulli Katlweski.