Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) wirbt trotz der Absage des Lüchow-Dannenberger Kreistages und der örtlichen Protestgruppen weiter für einen Gorleben-Dialog. Am Montag hatte Röttgen im Kreistag sein Konzept für paritätisch besetzte Gremien vorgestellt, um die Menschen der Region an den Untersuchungen des Salzstocks Gorleben auf seine Eignung als atomares Endlager hin zu beteiligen. "Röttgen betonte immer wieder, dass der Dialog Ausdruck eines demokratischen Diskurses sei", merkt die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI) an. Tatsächlich entspreche ein solcher Vorschlag der Phase I einer Standortsuche, wie sie der - von ihm ständig diskreditierte - Arbeitskreis Endlagerung (Ak End) 2002 festzurrte, diese Phase wäre einem vergleichenden Suchverfahren vorgeschaltet.
"Wir sind aber längst in der Phase, dass mit dem Ausbau des Bergwerks vollendete Tatsachen geschaffen werden. Dass schon am 28. Juli 1977 ein Planfeststellungsverfahren für die Errichtung eines Endlagers von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) beantragt wurde, dieses aber, um die formal-rechtliche Mitsprache der Bevölkerung zu unterbinden, nicht fortgeführt wurde, kann durch derartige Mitsprache-Angebote nicht übertüncht werden", kritisiert die BI.
Bewusst habe Röttgen bei der Aufhebung des Moratoriums im Jahr 2010 auf die Fortschreibung dieser zutiefst undemokratischen Vorgehensweise bestanden, es sei ein Hohn, dass er für sich demokratische Umgangsformen reklamiere. Die Leimrute lege der Bundesumweltminister jetzt aus, um - angesichts der gerichtlichen Klärung um die Aufhebung des Moratoriums - zu punkten: Ein starkes Argument der Grundeigentümer vor Gericht ist, dass die Öffentlichkeit über 30 Jahre nur die Möglichkeit hatte, auf Veranstaltungen, Symposien und auf der Straße ihre Argumente gegen die Wahl Gorlebens vorzubringen. Einwände und Klagen konnten lediglich diejenigen vorbringen, deren Salzrechte in Gorleben berührt sind.
"Auf das Mitsprache-Gesäusel und den Demokratie-Schwindel wird deshalb niemand hereinfallen, nicht weil wir prinzipielle Nein-Sager sind, sondern weil die Öffentlichkeit hier getäuscht werden soll und weiterhin entrechtet bleibt", bringt BI-Sprecher Wolfgang Ehmke die ablehnende Haltung auf den Punkt.
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Internetseite "Gorleben-Dialog" im Koma
Pressemitteilung der Bäuerlichen Notgemeinschaft Lüchow-Danneberg
Lüchow-Dannenberg, 16. Februar
"Waren die Ergebnisse seiner Internetumfrage zu Gorleben dem Minister unangenehm?" fragt die Bäuerlichen Notgemeinschaft Lüchow-Dannenberg. An der Fragebogenaktion auf der Internetseite "Gorleben-Dialog" haben sich laut Aussage Dr. Röttgens in zwei Monaten 300 Menschen beteiligt - in den Augen der Bauern nicht gerade viel für ein derart im Brennpunkt stehendes Thema.
Am 7. Februar wurde die Fragebogenaktion beendet, eine Auswertung wird auf der Seite für den 14. Februar angekündigt - also für den Ministerauftritt in Lüchow-Dannenberg. Dort jedoch ist Dr. Röttgen nicht auf die Umfrageergebnisse eingegangen.
Und entgegen der Ankündigung ist bis heute keine Auswertung erschienen. Bei anderen Internetumfragen sei eine parallele Dokumentation der Ergebnisse üblich und technisch kein Problem, kritisiert die Notgemeinschaft: "Und das Ministerium aber schafft es nicht einmal, nur 300 relativ kurzen Bögen mit Kreuzchen an vorgefertigten Fragen innerhalb einer Woche auszuwerten?"
Ein Zeitproblem könne das nicht gewesen sein, denn das Ministerium müsse auf eine weitaus höhere Beteiligung gehofft haben. Nach wie vor gäbe es auf der "Dialog"-Seite des Ministeriums lediglich Presseerklärungen und amtliche Mitteilungen aus dem Jahr 2010, bemängelt die Notgemeinschaft, von "Dialog" keine Spur.
Das sei kein gutes Zeichen: "Gerade das Internet bietet alle Möglichkeiten für offene und transparente Debatten mit großer Beteilung, zahllose Diskussionsforen beweisen das täglich." Weil "Gorleben-Dialog" von einer auf Internetauftritte spezialisierten Agentur programmiert und betreut wird, können das nicht an fehlender technischer Kompetenz liegen.
Die Internetseite des Ministeriums solle offensichtlich keine offene Diskussion über das Atommüllproblem zulassen, meinen die Gorleben-Kritiker und stellen fest: "Eine Monolog-Kaskade aus alten Textbausteinen und eine verschwundene Meinungsumfrage sind auch eine Visitenkarte."
W.-R. Marunde, 05848-1307