S 21 Opposition: Mappus wollte Vollzug melden

Erstveröffentlicht: 
15.12.2010
Schlossgarten. Bei der Frage nach dem Termin für den Polizeieinsatz spielte auch eine Regierungserklärung eine Rolle. Von Reiner Ruf

Der Polizeieinsatz im Schlossgarten ist nicht allein aus polizeitaktischen Gründen auf den 30. September gelegt worden. Das legen Aussagen von Ministerialbeamten nahe, die gestern vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags aufgetreten sind. So sagte die im Verkehrsministerium für Stuttgart 21 zuständige Referatsleiterin, eine Rolle bei der Entscheidungsfindung habe die für den 6. oder 7. Oktober in Aussicht genommene Regierungserklärung des Ministerpräsidenten Stefan Mappus im Landtag gespielt. „Klar war, dass die Baumfällaktion abgeschlossen sein sollte, wenn der Ministerpräsident seine Regierungserklärung hält." Dieser Hinweis elektrisierte die Opposition. „Mappus wollte zur Regierungserklärung Vollzug melden", kommentierte der Grünen-Abgeordnete Werner Wölfle.

Auf Nachfrage sagte die Ministerialrätin: „Wir wussten vom Staatsministerium, dass eine Regierungserklärung geplant war." Die Baumfällaktion, mit der im Schlossgarten der Platz für das Gebäude des Grundwassermanagements freigeräumt werden sollte, musste nach Angaben der Beamtin entweder vor der Regierungserklärung oder deutlich nachher stattfinden. Ähnlich äußerte sich eine Referatsleiterin aus dem Finanzministerium. Bei den Besprechungen im Verkehrsministerium am 20. und 27. September sei auch die Regierungserklärung des Ministerpräsidenten zur Sprache gekommen. Allerdings habe diese nur einen von mehreren Gründen abgegeben, weshalb die Baumfällaktion und damit der Polizeieinsatz zum frühestmöglichen Zeitpunkt, dem Ende der Wachstumsperiode am Ausgang des Septembers, angegangen worden sei.

Ein zweiter Grund für den frühen Zeitpunkt lag nach Darstellung weiterer Zeugen darin, dass die Polizei eine „Verfestigung" der Baumbesetzungen im Schlosspark verhindern wollte. Der Amtschef des Verkehrsministeriums, Bernhard Bauer, wies darauf hin, dass bis zum Beginn des Polizeieinsatzes die „falschen Bäume" besetzt worden waren - also solche Bäume, die außerhalb der von der Polizei geplanten Absperrung stehen. Der Stuttgart-21-Sprecher Udo Andriof sagte: „Es bestand die Befürchtung, dass die Parkschützer irgendwann herausbekommen, um welche Bäume es geht, und sich dann anketten."

Die nach dem Schlossgarteneinsatz häufig gestellte Frage, weshalb sich die Polizei nach dem Scheitern ihres auf dem Überraschungseffekt beruhenden Einsatzkonzepts nicht wieder zurückzog, erscheint nach der jüngsten Sitzung des Untersuchungsausschusses in einem neuen Licht. Andreas Stoch, der SPD-Obmann im Ausschuss, sagte: „Mappus wollte bis zur Regierungserklärung eine Erfolgsmeldung im Kampf gegen die Gegner von Stuttgart 21 haben." Der Regierungschef habe diese Erklärung dazu nutzen wollen, „um sich als angeblich durchsetzungsstarker Ministerpräsident präsentieren zu können".

Bisher war schon bekannt, dass Landespolizeipräsident Wolf Hammann noch kurz vor der Besprechung im Staatsministerium in einer Mail gewarnt hatte, dass eine Räumung des Parks mit verhältnismäßigen Mitteln nicht möglich sein werde, wenn sich zu viele Menschen im Park befänden.

Gestern stellte sich heraus, dass Hammann schon zuvor bei einer Besprechung im Verkehrsministerium diese Bedenken vorgebracht hatte. Nach Angaben des Stuttgart-21-Sprechers Wolfgang Dietrich fragte der Landespolizeipräsident, ob man den Einsatz nicht später machen könne. Stuttgarts Polizeipräsident Stumpf habe dies als nicht sinnvoll abgelehnt. Ungeklärt blieb, weshalb von zwei Sitzungen im Verkehrsministerium keine Protokolle vorliegen. Amtschef Bauer sagte, aus Gründen der Geheimhaltung seien keine angefertigt worden. Im Widerspruch dazu sagte die zuständige Referatsleiterin, sie sei nicht dazu gekommen, die Protokolle zu schreiben.