Proteste bei deutsch-französischem Regierungsgipfel

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Erstveröffentlicht: 
07.12.2010

Noch herrscht fröhliches Treiben auf dem Weihnachtsmarkt vor dem Freiburger Rathaus. Das könnte sich am Freitag ändern. Dann empfängt dort Bundeskanzlerin Angela Merkel den französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy zum deutsch-französischen Gipfel. Linke Gruppen haben vielfältige Proteste angekündigt. Die Polizei wird mit über 1000 Beamten Teile der Innenstadt abriegeln.

 

Seit dem deutsch-französischen Elysée-Vertrag von 1963 finden die Treffen in der Regel zweimal pro Jahr statt, seit 2003 in Form von Ministerräten, bei denen neben den Regierungschefs auch Teile der Kabinette anwesend sind. Ziel ist eine engere Zusammenarbeit. Dies betrifft in der Regel wirtschaftspolitische Themen, aber auch Fragen der Außen-, Sicherheits- oder Umweltpolitik. So wurde beim letzten Treffen im Februar eine »Agenda 2020« verabschiedet, in der sich die Regierungen auf 80 Ziele aus verschiedenen Politikfeldern einigten.

Auf der Tagesordnung wird dieses Jahr auch wieder die Einwanderungspolitik stehen. Nachdem die Regierungen im Februar eine enge Zusammenarbeit »bei allen Fragen der Migration« vereinbart hatten, kam es im September zu Unstimmigkeiten. Sarkozy, der für das brutale Vorgehen Frankreichs gegen Roma von der EU-Kommission kritisiert wurde, sagte damals, die deutsche Regierung habe ähnliche Räumungen von Flüchtlingslagern geplant. Merkel ließ das dementieren. Gänzlich Unrecht hatte Sarkozy jedoch nicht. Auch Deutschland beteiligt sich an der Vertreibung von Roma, vor allem durch Abschiebungen nach Kosovo.

Alternativgipfel und dezentrale Aktionen

 

Die Politikerinnen und Politiker werden am kommenden Freitag zunächst militärisch begrüßt. Zeitgleich fängt der »Widerstandskarneval« (»Carnaval de résistance«) an, zu dem das spektrenübergreifende »Aktionsbündnis gegen den deutsch-französischen Gipfel« aufruft. »Mit verschiedenen Aktionen werden wir unsere Kritik an der Doppelspitze deutlich machen«, sagt Alfred Brenner vom Aktionsbündnis. »In Infoveranstaltungen, auf dem Gegengipfel und auf der Straße werden wir neben der Wirtschaftspolitik auch die konzerntreue Umweltpolitik, Militarisierung und Abschiebepraxis angreifen.« Bei dem »Karneval« soll mit vielen dezentralen Aktionen der Gipfel gestört werden. Die Dezentralität soll es der Polizei schwerer machen, die Demonstrierenden zu kontrollieren. Passend zum Konzept wurde die Aktion bisher nicht angemeldet. Am Mittag soll eine Demonstration unter dem Motto »Wir zahlen nicht für eure Krise« stattfinden. Im Aufruf heißt es: »Merkel und Sarkozy stehen auch heute für eine Politik, die im Interesse der deutschen und französischen Banken und Konzerne die Kosten der Krise auf Arbeiterinnen, Arbeiter und Erwerbslose ebenso wie auf die ärmsten Länder der Welt ablädt.« Für den weiteren Tagesverlauf sind zudem ein Alternativgipfel und ein antinationales Straßenfest geplant.

Für Sonnabend, wenn die Politprominenz schon wieder abgereist ist, ist schließlich eine Anti-Atom-Demonstration angekündigt, die nicht nur die Laufzeitverlängerungen und Castortransporte in Deutschland, sondern auch die Atompolitik Frankreichs kritisiert. Nur 30 Kilometer von Freiburg entfernt, auf der französischen Seite des Rheins, steht das Atomkraftwerk Fessenheim.