BKA erhält Rechtsnachhilfe

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Erstveröffentlicht: 
01.04.2009

+++ Staatsschutz spielte wieder Zensor. Eilantrag erfolgreich: Bundeskriminalamt muß Empfehlung zur Nichtakkreditierung linker Journalisten beim NATO-Jubiläumsgipfel zurücknehmen +++

Das Bundeskriminalamt (BKA) hat mit der Empfehlung an die NATO-Pressestelle zum Ausschluß zweier Journalisten vom NATO-Jubiläumsgipfel widerrechtlich deren Berufsausübung behindert. Dies stellte am Dienstag das Verwaltungsgericht Wiesbaden fest, nachdem die Anwälte der Betroffenen dort Eilanträge gestellt hatten. Das BKA muß in beiden Fällen sein Negativvotum zurücknehmen.

Dies bedeutet jedoch nicht, daß die betroffenen Berliner Journalisten nun akkreditiert werden – die Entscheidung liegt bei der NATO. »Das ist eine exterritoriale Angelegenheit«, so die Geschäftsführerin der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union, Ulrike Maerks-Franzen gegenüber junge Welt. Die Gerichtsentscheidung sei aber für die Zukunft und für andere Kollegen wichtig.

Die Pressestelle der NATO verweigert bislang mindestens drei mißliebigen Journalisten die Akkreditierung für das Gipfeltreffen des Militärbündnisses in Baden-Baden, Straßburg und Kehl am 3. und 4. April.

Erneut betroffen ist ein Redakteur der polnischen Ausgabe der Le Monde diplomatique, Kamil Majchrzak, dem bereits 2007 die Akkreditierung für den G8-Gipfel in Heiligendamm verweigert worden war. Des weiteren der freie Mitarbeiter von junge Welt und Neues Deutschland, Björn Kietzmann. Aktuelle und konkrete Verdachtsgründe gegen den Berliner Journalisten legte das BKA allerdings nicht vor.

Der Eingriff in das grundgesetzlich geschützte Recht auf Berufsausübung erfolgte in mindestens zwei Fällen auf Empfehlung des Bundeskriminalamtes, wie die Behörde auf Nachfrage mitteilte. Grundlage der Empfehlungen seien »staatsschutzrelevante Erkenntnisse« wie die Teilnahme an »Aktionen der linken Szene«. Angeführt wurden ebenso Ermittlungsverfahren, die mit Freispruch oder Einstellung geendet. Die Informationsweitergabe an die NATO sei erfolgt, um »mögliche Gefahren für die Mitglieder der Verfassungsorgane des Bundes sowie deren Staatsgäste im Falle einer Akkreditierung« abzuwehren«.

Wegen der Übermittlung personenbezogener Daten hatten zwei der abgelehnten Journalisten Antrag auf einstweilige Anordnung beim zuständigen Verwaltungsgericht Wiesbaden eingereicht, um das BKA zu verpflichten, das Negativvotum aufzuheben.

Für Rechtsanwalt Alain Mundt vom Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV), der unseren Kollegen Björn Kietzmann vertritt, war der Fall klar: »Solange dem BKA keine Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, daß ein Journalist bei einer Veranstaltung stören will oder eine Gefahr für Leib und Leben von Teilnehmern darstellt, überschreitet es absolut seine Befugnisse und maßt sich eine Rolle an, die ihm nicht zusteht.«

Die jetzt bekannt gewordenen Fälle erinnern an die Akkreditierungspraxis vor dem G8-Gipfel im Sommer 2007. Auch damals war auf Empfehlung deutscher Sicherheitsbehörden mehreren Journalisten die Zulassung zur Berichterstattung vor Ort durch das Bundespresseamt verwehrt worden. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm hatte damals zugesichert, nach Heiligendamm die Zulassungspraxis einer kritischen Prüfung zu unterziehen. »Offenbar hat das BKA leider nicht aus damaligen Fehlern des Bundespresseamts gelernt«, so Rechtsanwalt Sönke Hilbrans vom RAV.


Claudia Wangerin