Filmen durch Polizei war rechtswidrig

 Pressemitteilung 28.07.10

"Filmen verboten!"
BI Umweltschutz Lüchow-Dannenberg klagt erfolgreich gegen Filmaufnahmen durch die Polizei

Einen eindrucksvollen Erfolg vor Gericht erzielte die Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg (BI). Das Berliner Verwaltungsgericht
(VG) entschied, dass das Filmen der Großdemonstration am 5. September 2010 durch Einsatzkräfte der Polizei rechtswidrig war. Die Richter monierten, es müsse heutzutage von einem "modernen" Eingriffsbegriff ausgegangen werden, die Kameraüberwachung einer friedlichen Demonstration verstoße gegen das Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung.

Rund 50.000 Menschen demonstrierten am 5. September 2009 in Berlin gegen die Atomkraft und für den Abbruch des Endlagerprojekts in Gorleben, angeführt wurde die Demo von Treckern der Bäuerlichen Notgemeinschaft -  diese eindrucksvolle Anti-Atom-Manifestation vor dem Brandenburger Tor rundete den einwöchigen Treck von Gorleben nach Berlin ab. "Es herrschte eine ausgelassene und kämpferische Stimmung, wir waren begeistert über das Wiedererstarken der Anti-Atom-Bewegung  und wir hatten es geschafft, dass über Gorleben nicht nur während der Castor-Transporte berichtet wurde", erinnert die BI-Vorsitzende Kerstin Rudek.
 
Während des Aufzuges vom Hauptbahnhof zu Brandenburger Tor fuhr ein Kleintransporter wenige Meter vor der Spitze des Demo-Zuges her, Einsatzkräfte der Polizei filmten permanent  den Aufzug mit mehreren auf dem Dach des Transporters montierten Kameras: "Filmen verboten!", forderten einzelne Demo-Teilnehmer an der Spitze des Zuges. Die Polizei ließ sich jedoch nicht beeindrucken - die BI und Prof. Clemens Arzt von der Humanistischen Union gingen vor Gericht.
 
Mit Erfolg: das Verwaltungsgericht Berlin entschied, dass die Überwachung der Demo am 5. September mittels Bildaufnahmegeräte (Video- bzw. Filmkameras) rechtswidrig war. Die Argumentation der Polizei, die Filmaufnahmen nach dem "Kamera-Monitor-Prinzip" dienten allein der Verkehrslenkung und der Leitung des Polizeieinsatzes, ließen die Verwaltungsrichter nicht gelten. Auf neun Seiten führen sie jetzt aus, dass sie in der Dauerbeobachtung der Versammlung einen Eingriff in die Versammlungsfreiheit sehen. Eine Einschüchterung der Demonstranten sei, selbst wenn das nicht gewollt sei, nicht auszuschließen: "Denn wenn der einzelne Teilneher der Versammlung damit rechnen muss, dass seine Anwesenheit oder sein Verhalten bei einer Veranstaltung durch Behörden registriert wird, könnte ihn dies von einer Teilnahme abschrecken oder ihn zu ungewollten Verhaltensweisen zwingen, um den beobachtenden Polizeibeamten möglicherweise gerecht zu werden",  schreiben die Richter der Polizei ins Merkbuch.

Die BI wird konsequenter Weise die jährliche Demo "Freiheit statt Angst - Stoppt den Überwachungswahn!" in Berlin am 11. September unterstützen.


Die nächsten Großereignisse, ein weitere Berlin-Demo gegen Atomkraft am 18. September und der Protest gegen die Castor-Transporte im Herbst, und damit der Streit um die Überwachungsmanie stehen an: "Wir wollen, dass Tausende ohne Einschüchterung durch die Polizei sich an unseren Protesten beteiligen können!"

Eine Revision ist wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Urteils zugelassen (Aktenzeichen VG 1K 905.09)

Wolfgang Ehmke 0170 510 56 06

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