Bautzen braucht neuen Polizeichef

Erstveröffentlicht: 
23.08.2017

Mit großen Ambitionen war Uwe Kilz vor einem Jahr gestartet. Dann ging ihm die Puste aus.

Von Sebastian Kositz

 

Baustellen gibt’s in Bautzen in diesen Tagen reichlich. Etliche Straßen sind aufgewühlt, an vielen Gebäuden wird gehämmert, gesägt, geschraubt. Auch im Bautzener Polizeirevier, wo im neu hergerichteten Anbau gerade der Eingang umgestaltet wird. Und auch im übertragenen Sinn gibt es in Bautzen derzeit viele offene Baustellen. Wozu wiederum das Polizeirevier zählt. Nach nur etwas mehr als einem Jahr im Amt hat Revierleiter Uwe Kilz die Stadt schon wieder verlassen. Ein Vorgang, der Fragen aufwirft – und offenbar auch mit gewisser politischer Brisanz behaftet ist.

 

Erst im Mai des vergangenen Jahres hatte die Polizeidirektion die neue Personalie verkündet. Uwe Kilz hatte den Posten von Michael Buchta übernommen, der im April 2016 in den Ruhestand verabschiedet worden war. Der Neue gab den kernigen Typen, ein leidenschaftlicher Motorradfahrer und begeisterter Ausdauersportler – der sich Fitness auch von seinen neuen Kollegen wünschte. Doch tatsächlich war es der 57-Jährige dann selbst, dem bald die Puste ausgehen sollte. Da waren zunächst die diplomatisch ausgedrückt unglücklichen Äußerungen nach den Auseinandersetzungen zwischen jungen Geflüchteten und Nazis auf dem Bautzener Kornmarkt im September. Kurz darauf zerrten Journalisten seine Vergangenheit bei der Staatssicherheit hervor. Und zeitgleich musste er wegen einer Verletzung längere Zeit kürzer treten.

 

Tatsächlich standen die vergangenen 15 Monate in Bautzen unter keinem guten Stern für den Beamten, der zuvor bereits in verschiedenen Führungspositionen Erfahrungen sammeln durfte. Seinen Abgang in Bautzen bestätigten die Polizeidirektion in Görlitz und das Innenministerium erst auf Nachfrage. Auf die Frage nach dem Warum hüllen sich die Verantwortlichen in Dresden allerdings in Schweigen. „Das Innenministerium kann aus rechtlichen Gründen keine Einzelheiten und Hintergründe zu personellen Maßnahmen veröffentlichen“, erklärt ein Sprecher des Hauses. 

 

Freiwillig gegangen?


Hinter vorgehaltener Hand erklären Insider gegenüber der SZ, dass Uwe Kilz freiwillig gegangen sei. Inwieweit diese Freiwilligkeit ihm wiederum von höherer Stelle nahegelegt wurde, bleibt dabei Spekulation. Allerdings soll in der Entscheidung nach Aussage mehrerer Beobachter durchaus auch die politische Komponente der vorangegangenen Ereignisse eine Rolle gespielt haben. Darüber hinaus lässt auch die Tatsache, dass noch kein neuer Revierleiter gefunden ist, Raum für Interpretation.

 

Die Stasi-Vorwürfe gegen Uwe Kilz bargen im Kern zwar wenig Substanz. Denn als Mitarbeiter in der Hauptabteilung Personenschutz galt er als nicht belastet, was mehrfach durch den Freistaat auch überprüft worden war. Trotzdem passten diese Ausführungen ins Bild von einem Mann, der zuvor das kollektive Gedächtnis um den Ausdruck von den „eventbetonten“ Jugendlichen bereicherte. Eine Wertung unmittelbar nach den Jagdszenen in der Bautzener Innenstadt vor knapp einem Jahr, die ihm den Vorwurf einbrachte, rechtsextreme Schlägertrupps zu verharmlosen.

 

Ohnehin hat sich spätestens seit den Vorfällen im September in der Stadt an der Spree einiges verändert. Wie kaum ein anderer Ort steht Bautzen im medialen und somit auch politischen Fokus. Die Probleme, die sich im Spätsommer auf der „Platte“ in einem brutalen Gewaltausbruch manifestierten, sind nicht im Ansatz gelöst, wie sich kürzlich erst wieder zeigte. Stattdessen muss die Polizei weiterhin jede Nacht massive Präsenz zeigen – und gerät mitunter selbst in den Blickpunkt. Weil ein junger Flüchtling während eines Einsatzes beleidigt worden sein soll, ermitteln die Beamten gegenwärtig in den eigenen Reihen. 

 

Mario Steiner leitet die Geschäfte


Allesamt Probleme, die Uwe Kilz künftig nicht mehr umtreiben müssen. Sachsens Innenministerium hat dem 57-Jährigen mit der Führung der 1. Bereitschaftspolizeiabteilung in Dresden beauftragt. „Bis seitens des Innenministeriums ein neuer Leiter für das Polizeirevier Bautzen eingesetzt wird, führt Polizeioberrat Mario Steiner die Dienstgeschäfte des Revierleiters“, sagt Thomas Knaup, Sprecher der Polizeidirektion in Görlitz. Mario Steiner habe seit Längerem die Funktion des Leiters des Streifendienstes inne und sei gleichzeitig der ständige Vertreter des Revierleiters.

 

Mit etwa 150 Beamten ist das Revier in Bautzen eines der größten in Ostsachsen. Der Posten des Revierchefs ist derzeit ausgeschrieben. Die ersten Bewerbungen sollen nach Informationen der SZ bereits vorliegen. Wann der oder die Neue präsentiert wird, blieb zunächst offen.