Nach Kündigung: Abgeordnete hat neues Sonnenberg-Büro

Erstveröffentlicht: 
22.08.2017

Mehr als 20 Mal wurde das Ladenlokal einer Linken-Politikerin attackiert, dann setzte sie der Vermieter vor die Tür. Die Suche nach einer neuen Bleibe dauerte neun Monate.

Von Swen Uhlig

 

Susanne Schaper hatte lange durchgehalten, am Ende aber war sie machtlos: Nachdem das im Stadtteil Sonnenberg gelegene Büro der Landtagsabgeordneten der Linken in eineinhalb Jahren mehrfach attackiert worden war, kündigte ihr Vermieter den Mietvertrag. Sie musste das Ladenlokal an der Zietenstraße aufgeben und ihre Aktivitäten ins Stadtzentrum verlagern.

 

Unbekannte hatten in der Zeit alle Register gezogen, um Schaper loszuwerden: Sie hinterließen Tierkadaver und Hundekot an der Tür, zerstörten Glasscheiben, warfen Farbbeutel gegen die Hauswand und sprühten Graffiti-Schriftzüge wie "Nazi-Kiez". Allein 18 derartige Anschläge zählte Schaper in 17 Monaten. "Die Gruppe der rechten Aktivisten in unserem Viertel ist nicht unbedingt groß, aber sehr aktiv", sagte Schaper damals. "Und sie will Andersdenkende mit Gewalt einschüchtern."

 

Die 38-Jährige ist das wahrscheinlich prominenteste Opfer von rechten Straftätern im Stadtteil Sonnenberg. Die Anzahl der Fälle von politisch motivierter Kriminalität im Stadtteil Sonnenberg hatte sich 2016 im Vergleich zum Vorjahr fast versechsfacht, bilanzierte das Landeskriminalamt. Fast alle Fälle ordnete die Behörde dem rechten Spektrum zu. Zugleich sorgte der Fall Schaper für bundesweite Aufmerksamkeit, überregionale Medien berichteten und Fernsehteams kamen ihretwegen nach Chemnitz. Sie sei die erste Politikerin in Deutschland, die aus ihrem Wahlkreis vertrieben worden war, so der mediale Tenor.

 

Seit ihrem Rauswurf aus dem Büro an der Zietenstraße war die Landtagsabgeordnete auf der Suche nach Ersatz. Zwar wurde sie dabei von der städtischen Wohnungsgesellschaft GGG unterstützt, aber die angebotenen Räume seien wegen ihrer Größe und ihrer Lage ungeeignet gewesen. Dennoch kann die Linken-Politikerin nach nunmehr einem dreiviertel Jahr einen Erfolg vermelden: Am Freitag wird sie ihr neues Bürgerbüro am Lessingplatz/Ecke Markus-straße eröffnen. Das Angebot - eine Erdgeschosswohnung - bekam sie vom privaten Vermieter des Hauses.

 

Und die neue Bleibe hat durchaus Vorteile: keine großen Schaufensterscheiben, das Eckfenster weist im unteren Teil ein Gitter auf und obendrein erfolgt der Zugang über den Hausflur und nicht direkt von der Straße. "Ich hätte gern wieder ein Ladengeschäft in dem wunderschönen Viertel gemietet, aber dafür war das Risiko zu groß", sagt Schaper. Aber wichtiger sei, fügt sie hinzu, dass sie sich nicht vom Sonnenberg vertreiben lasse: "Ich kapituliere nicht vor rechtem Terror."