Neue Ermittler im Fall Oury Jalloh - Ein Wechsel mit Beigeschmack

Erstveröffentlicht: 
17.08.2017

Mehr als zwölf Jahre nach dem Tod des Asylbewerbers Oury Jalloh in einer Dessauer Polizeizelle wurden die Strafverfolger ausgetauscht. Die Staatsanwaltschaft Halle hat die Ermittlungen übernommen, weil die Kollegen in Dessau überlastet waren. Damit könnte neuer Schwung in die Ermittlung kommen, hofft MDR-Reporter André Damm. Hier seine Einschätzung.

 

Von André Damm, MDR SACHSEN-ANHALT

 

Fast ein Jahr lang hat die Dessauer Staatsanwaltschaft das Problem ausgesessen und die Öffentlichkeit im Unklaren gelassen. Noch am vergangenen Freitag sagte der Dessauer Staatsanwalt Olaf Braun, dass die Auswertung des Brandgutachtens nicht abgeschlossen sei und, wie bei einem großen Puzzlespiel, noch nicht alle Teile zusammenpassen. Wann das Gutachten vorgestellt wird, könne er folglich nicht sagen.

 

Da war der Staatsanwalt aber schon seit Wochen nicht für die Aufklärung zuständig, denn bereits im Juni haben die Strafverfolger aus Halle den heiklen Fall übernommen. Die Art und Weise, etwas zu verheimlichen, hinterlässt bei mir einen schalen Beigeschmack. Hier hat ein Repräsentant des Staates zwar nicht direkt gelogen, aber auch nicht die Wahrheit gesagt. 

 

Monatelang kein Fortschritt


Denn fest steht: Obwohl in den Feuertod des Afrikaners Oury Jalloh mehrere Polizisten vom Dessauer Polizeirevier verwickelt waren und die Todesumstände nicht lückenlos aufgeklärt werden konnten, hat die Dessauer Staatsanwaltschaft dem Brandgutachten eine offensichtlich geringe Bedeutung beigemessen. Stattdessen müssen sich jetzt die Kollegen von der Staatsanwaltschaft Halle völlig neu einarbeiten.

 

Viele Monate sind ungenutzt verstrichen und bieten nun Raum für Spekulationen. Ich wundere mich deshalb nicht über Medienberichte, die aus "gut unterrichteten Kreisen" zitieren, dass das Gutachten die offizielle Selbsttötungstheorie ins Wanken bringen soll. Ich wundere mich nicht, wenn die Jalloh-Initiativen Alarm schlagen und von einem Polizeikomplott sprechen.  

 

Behörden überlastet


All das haben sich die Dessauer Ermittler selbst zuzuschreiben. Natürlich mag es stimmen, dass die Behörde überlastet und überfordert war. Aufwändige Verfahren wie der Mordprozess mit der getöteten chinesischen Studentin oder der unbekannte Tote in der Kiste werden da als Erklärung genannt. Pikant dabei: Davon wusste die Staatsanwaltschaft schon im Sommer. Warum hat sie damals nicht gleich die Ermittlungskompetenz nach Halle abgegeben?

 

Klaus Tewes von der Generalstaatsanwaltschaft Sachsen-Anhalt will das ungewöhnliche Gebaren nicht an die große Glocke hängen. Im MDR-Interview äußerte er einen Satz, der Mut macht. Es könne durchaus gut sein, so Tewes, wenn nach zwölf Jahren eine andere Behörde die Ermittlungen leite. Wollen wir es hoffen.