Gröditzer Volksverhetzer muss Migranten helfen

Erstveröffentlicht: 
02.08.2017

Der 21-Jährige hetzt gegen Flüchtlinge, Juden und Babys. Der Richter findet das „abgrundtief geschmacklos“. Von Antje Steglich

 

Riesa/Gröditz. Starr schaut Kai M.* gerade aus, als der Staatsanwalt die Anklage verliest. Er kaut Kaugummi, wippt leicht auf dem schwarzen Gerichtsstuhl vor und zurück, wirkt aber emotionslos. 13-Mal soll der 21-Jährige menschenverachtende Nachrichten und Bilder über seinen Twitter-Account veröffentlicht haben und dabei unter anderem auch das Kennzeichen der Waffen-SS verwendet haben.

 

Ein Bild zum Beispiel zeigt Adolf Hitler neben einem Schornstein, darunter steht ein judenfeindlicher Spruch. Das war Anfang 2014, als der Gröditzer gerade 18 Jahre alt ist und noch bei seinen Eltern lebt. Die Umstände sind schwierig, deutet Amtsdirektor Herbert Zapf an. Kai M. flüchtet in die Parallelwelt Internet, um hier Freunde und Anerkennung zu bekommen. Sein Account zählt knapp tausend Follower – also Menschen, die all seine Nachrichten lesen, teils auch kommentieren. 2016 bis 2017 bekommen sie ein Dutzend weitere Tweets zu sehen, in denen es unter anderem um abscheuliche Witze über die Tötung von Babys, Flüchtlingen und Juden geht.

 

Kai M. ist geständig. Zum Motiv und seiner Gesinnung wird jedoch kaum etwas bekannt, denn die Öffentlichkeit wird von einem Großteil der Verhandlung ausgeschlossen – auf Antrag des Rechtsanwaltes, der seinen Mandanten und dessen berufliche Karriere schützen will. Denn Kai M. hat mittlerweile einen guten Job, verdient gutes Geld. Trotzdem bleibt Richter Zapf aufgrund von nicht näher genannten Verpflichtungen des Angeklagten unter den Forderungen der Staatsanwaltschaft. Er verurteilt Kai M. wegen Volksverhetzung und der Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen zu 50 Stunden gemeinnütziger Arbeit bei der Diakonie sowie zur Zahlung von 400 Euro zugunsten der Migrationshilfe der Diakonie.

 

Herbert Zapf macht deutlich, dass es Kai M. bei einer Verurteilung nach Erwachsenenrecht härter hätte treffen können und dass ihm noch immer der Gewahrsam droht, wenn er die Strafe nicht abarbeitet. Kai M. indes atmet sichtlich auf. Vor dem Gericht steckt er sich sogleich eine Zigarette an – und fährt in seinem BMW davon .

 

*Name von der Redaktion geändert.