Hamburg. Es war ruhiger geworden um die seit fast 30 Jahren besetzte Rote Flora im Schanzenviertel mitten in Hamburg. Nach längeren Umbauarbeiten und einem neuem Anstrich wirkte das Rückzugsgebiet der Linksautonomen freundlicher. Und mancher Anwohner war nach den jahrelangen Auseinandersetzungen um das besetzte Haus auch ein wenig stolz auf die Rote Flora – trotz der jährlichen Mai-Krawalle. Auch die Politik spielte mit. Doch nach der Gewaltorgie im Umfeld des G-20-Gipfels kippt jetzt die Stimmung.
Öl ins Feuer gegossen hat Flora-Anwalt Andreas Beuth, als er nach der beispiellosen Gewaltnacht im ARD-„Brennpunkt“ sagte: „Wir als Autonome und ich als Sprecher der Autonomen haben gewisse Sympathien für solche Aktionen, aber bitte doch nicht im eigenen Viertel, wo wir wohnen. Also warum nicht irgendwie in Pöseldorf oder Blankenese?“ Später ruderte Beuth, der zusammen mit dem Flora-Aktivisten Andreas Blechschmidt die Donnerstags-Demo „Welcome to Hell“ angemeldet hatte, zurück, aber zu spät.
Nicht nur die örtliche CDU unter Oppositionsführer André Trepoll fordert: „Die Rote Flora muss jetzt dicht gemacht werden.“ Auch die CDU im Bund ist für einen harten Kurs gegen das besetzte ehemalige Theatergebäude, das als eines der wichtigsten Zentren der linksautonomen Szene in Deutschland gilt. Er halte „eine gewaltsame Räumung der Roten Flora jetzt für zwingend geboten“, sagte der CSU-Innenpolitiker Stephan Mayer der „Bild“-Zeitung.
Die genaue Rolle des Autonomen-Treffs bei den Krawallen während des Gipfels ist bislang nicht eindeutig geklärt. In der Vergangenheit war die Rote Flora immer wieder Ausgangspunkt von Ausschreitungen. Andererseits geht auch aus den Schilderungen der Hamburger Polizei bislang nicht hervor, dass die Flora-Autonomen die Krawalle in der Schanze und in Altona so planmäßig gesteuert haben, wie es Innenminister Thomas de Maizière gestern nahelegte: Er sprach von „Leuten mit Knopf im Ohr, die das alles organisiert haben“.
Die Stadt Hamburg hätte ein direktes Zugriffsrecht auf das Gebäude: Sie hat das seit 1989 besetzte ehemalige Theater 2014 gekauft, verwaltet wird es von einer Stiftung in ihrem Auftrag. Innensenator Andy Grote schloss gestern die Schließung nicht mehr aus: Die Stadt werde sich die Unterstützerstrukturen der Gewalttäter ansehen, sagte der SPD-Politiker. „Dazu gehört auch die Rote Flora.“ Auch Oberbürgermeister Olaf Scholz (SPD) plädiert für eine härtere Linie.
Und auch bei vielen Hamburgern scheint die Geduld gegenüber der Flora am Ende. Eine Petition, die die Umwandlung des Zentrums in einen Kindergarten fordert, zog der Initiator gestern allerdings wegen Drohungen im Netz nach kurzer Zeit zurück.
Aufklären soll die Krawalle die Sonderkommission Schwarzer Block der Hamburger Polizei. Ihr gehören 170 Ermittler an, 60 davon aus anderen Bundesländern. Der Vorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, André Schulz, warnte allerdings vor zu hohen Erwartungen: „Die Aufklärungsarbeit ist bei vermummten Tätern extrem schwierig.“