Im Wahlkampf attackieren sich auch Koalitionspartner. Die CDU will sich die Lage in Ostdeutschland nicht schlechtreden lassen - schon gar nicht von der SPD. Anlass ist eine Studie zum Rechtsextremismus.
Berlin. In der Union regt sich weiter Unmut über eine Studie zum Rechtsextremismus in Ostdeutschland. Sie war auch zu dem Ergebnis gelangt, dass Ostdeutsche in besonderer Weise anfällig für Rechtsextremismus sind. Zudem wurden der sächsischen Regierung Versäumnisse im Kampf gegen Rechts vorgeworfen. Kritik gibt es nun auch für die Auftraggeberin der Studie: die Ost-Beauftragte der Bundesregierung, Iris Gleicke (SPD).
„Die von Frau Gleicke vorgestellte Studie grenzt an einen Skandal. Immer deutlicher wird, dass sie wissenschaftlichen Anforderungen auch nicht im Entferntesten gerecht wird“, sagte Unionsfraktionschef Volker Kauder der „Bild“-Zeitung (Mittwochausgabe) Der Ansatz, sich auf 40 Interviews zu stützen, sei „mehr als zweifelhaft“. Gleicke hätte diese Studie nie veröffentlichen dürfen, sagte Kauder und verlangte eine Stellungnahme der SPD-Politikerin.
Ähnlich argumentierte der Dresdner CDU-Politiker Arnold Vaatz, der als Vize-Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für den Aufbau Ost zuständig ist. Er nannte die Studie „abwegig und wissenschaftlich stümperhaft“. Die Wissenschaftler des Göttinger Instituts für Demokratieforschung hätten nur Freital, Heidenau und Erfurt in die Untersuchung einbezogen. Von diesen drei Städten ausgehend habe man dann ein Urteil über ganz Ostdeutschland gefällt.
„Der Nutzen dieser Studie ist gleich null, der Schaden für Ostdeutschland aber enorm“, sagte Vaatz. Der Aufbau Ost sei eine „beispiellose Erfolgsgeschichte für alle Menschen in Deutschland“: „Eine Ostbeauftragte, die durch einseitige Extremismusforschung den Linksextremismus faktisch unter Schutz stellt, hat ihre Aufgabe verfehlt.“ Bereits in der Vorwoche wurde die Studie aus den Reihen der Union getadelt.
Kritik entzündete sich auch an einem anderen Punkt. Die Zeitung „Die Welt“ hatte am Montag in ihrer Online-Ausgabe davon berichtet, das Göttinger Institut habe für die Studie Experten „erfunden“. Später erfolgte der Hinweis, dass die Forscher in einigen Fällen andere Namen verwendeten, um die Quellen zu anonymisieren.
Das Institut wies die Darstellungen der Online-Ausgabe zurück. „Alle Interviewpassagen stammen von tatsächlichen Akteuren vor Ort, sind von den AutorInnen der Studie geführt, verschriftlicht und analysiert worden“, stellte das Institut auf seiner Website klar. Zum Schutz der Befragten seien diese aber mehrheitlich anonymisiert oder verfremdet worden. Dies sei auch im Journalismus eine ganz und gar übliche und unverzichtbare Methode, Quellen zu schützen.
Im Berliner „Tagesspiegel“ (Mittwochausgabe) gab einer Autoren der Studie handwerkliche Fehler zu. „Es war zweifellos ein Fehler, dass wir im Namensverzeichnis nicht mit Sternchen noch einmal gekennzeichnet haben, welche Interviewpartner anonymisiert wurden“, zitierte die Zeitung den Autoren Danny Michelsen. Dies werde man einer überarbeiteten und ergänzten Buchpublikation auch beheben.