Potenzieller Nachfolger des NSU? Von wegen

Erstveröffentlicht: 
28.04.2017

Der „Spiegel“ berichtet über eine „potenzielle Nachfolgegruppe“ der NSU-Terroristen. Konkrete Zusammenhänge sind aber nicht bekannt. Und die Gefahr durch die neue Gruppe war laut Sicherheitsbehörden nicht akut.

 

In den vergangenen Tagen wurden Abgeordnete des Bundestages in einer geheimen Sitzung über eine Gruppe Rechtsextremisten unterrichtet, die angeblich geplant hatte, gezielt Attentate auf Roma zu begehen. Ursprünglich hatte der bayerische Verfassungsschutz die Gruppe beobachtet, später unterstützt vom Bundesamt für Verfassungsschutz. Das Bundeskriminalamt leitete dann Ermittlungen ein, stellte das Verfahren aber Anfang 2016 ein.

 

Allerdings wird die Gefährlichkeit der Gruppe unterschiedlich bewertet. Für Verwunderung sorgte in Sicherheitskreisen eine Meldung des Magazins „Der Spiegel“. Darin hieß es, dass sich eine „potenzielle Nachfolgegruppe“ des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) gebildet haben soll. Der NSU war zwischen 1999 und 2007 für zehn Morde und drei Bombenattentate verantwortlich.

 

Im November 2011 hatte sich die Gruppe mit einem Film zu den Taten bekannt. Den Film hatte die rechten Terroristen auf DVDs gebrannt, der Titel der DVD lautete „Frühling“. Die bis 2016 verfolgte Gruppe soll ihre angeblich geplanten Aktionen, die sich gegen Roma richten sollten, „Zweiter Frühling“ genannt haben.

Konkrete Zusammenhänge gebe es allerdings nicht zum NSU, so sagten Quellen, die mit dem Vorgang vertraut sind. Auch waren die Vorbereitung der Gruppe nicht so weit fortgeschritten, als dass die Bundesanwaltschaft Anklage erhoben hätte. Dass ausgerechnet in den vergangenen Tagen diese Gruppe von den Sicherheitsbehörden thematisiert wurde, löste in Parlamentskreisen ebenfalls Verwunderung aus. Die Bedrohung durch die Gruppe, zu der vor allem älteren rechtsextreme Kader gehören sollen, schien nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden nicht akut zu sein. 

 

Verärgerung über „Welt am Sonntag“-Artikel


Bei der für Terror-Verfahren zuständige Bundesanwaltschaft war man in der vergangenen Woche verärgert über einen Artikel der „Welt am Sonntag“, in dem berichtet wurde, dass mehr Zeugen als bisher bekannt bestätigt haben, dass das NSU-Mitglied Uwe Mundlos bei einem Informanten des Verfassungsschutzes gearbeitet hat. Diese Zeugenaussagen werden jedoch unter Verschluss gehalten. Und obwohl es mehrere Zeugen gibt, die die ursprünglichen Recherchen der „Welt am Sonntag“ bestätigen, wurde der Vorgang nicht beim NSU-Prozess in München eingeführt.

 

In Sicherheitskreisen hieß es, dass die Abgeordneten auch deswegen über die angeblich neue Terrorgruppe unterrichtet worden seien, weil mit der Beobachtung der Gruppe begründet worden sei, warum ein umstrittener V-Mann wieder aktiviert worden ist.

 

Der V-Mann war selbst in Verdacht geraten, an einem Bombenanschlag des NSU beteiligt gewesen zu sein. Er wurde daraufhin abgeschaltet. Um Informationen über die rechte Gruppe, die die Aktion „Zweiter Frühling“ geplant haben soll, zu sammeln, wurde er reaktiviert. Und das, obwohl er weiter intern umstritten war.

Roma sind in Europa immer wieder von Neonazis angegriffen geworden. In Ungarn hatten rechte Terroristen zwischen 2008 und 2009 allein 55 Roma bei Anschlägen verletzt. In Österreich sind 1995 vier Roma bei einem Bombenanschlag ums Leben gekommen, hinter dem ebenfalls Neonazis steckten.