Hauptzeugen aus «Sachsensumpf» müssen als Angeklagte vor Gericht

Erstveröffentlicht: 
27.04.2017

Sechseinhalb Jahre nach Erhebung der Anklage kommt es in Dresden zu einem interessanten Prozess. Er betrifft den «Sachsensumpf», der von offizieller Seite schon vor langem zu den Akten gelegt wurde.

 

Dresden. Der «Sachsensumpf» hat doch noch ein juristisches Nachspiel: Die beiden Hauptzeugen aus der angeblichen Affäre müssen sich ab 2. Mai vor Gericht verantworten. Die Juristin Simone H. ist unter anderem der Verfolgung Unschuldiger angeklagt, der Kriminalist Georg W. der Beihilfe zu dieser Tat.

 

H. soll in ihrem früheren Amt als Chefin des Referates «Organisierte Kriminalität» (OK) beim Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) Erkenntnisse zu kriminellen Netzwerken formuliert und einen «strafrechtlichen Anfangsverdacht» daraus abgeleitet haben, obwohl die Beschuldigungen vor allem aus Vermutungen und Gerüchten stammten. Ein noch heute in hoher Funktion tätiger Justizbeamter galt als Schlüsselfigur der Affäre.

 

Vom «Sachsensumpf» war erstmals im Mai 2007 die Rede. Damals tauchten in den Medien Berichte auf, wonach Dokumente aus dem LfV Hinweise auf ein OK-Netzwerk im Freistaat enthielten. Darin sollten angeblich auch Juristen und Polizisten verstrickt sein. Ex-Innenminister Albrecht Buttolo (CDU) heizte die Spekulationen mit seiner legendären «Mafia»- Rede im Landtag an. Darin warnte er eindringlich davor, dass die OK zurückschlagen werde.

 

Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Dresden indes konnten die in den Akten enthaltenen Vorwürfe nicht belegen. Vielmehr stellten externe Prüfer fest, dass Akten im Geheimdienst aufgebauscht wurden und nur auf Angaben einer Quelle beruhten. Dafür wurde Simone H. verantwortlich gemacht, Georg W. galt als ihre Hauptquelle.

 

Als Motiv für die nun angeklagte Beihilfe zur Verfolgung Unschuldiger nimmt die Staatsanwaltschaft Dresden Rache an. W. soll in Zusammenarbeit mit H. eine Chance gesehen haben, sich an dem Juristen - der Schlüsselfigur der Affäre - zu rächen, weil er ihn als zentrale Gestalt von Ermittlungen gegen Leipziger Polizisten ein paar Jahre zuvor gehalten haben soll. W. war als Kriminalhauptkommissar bis Oktober 2002 Chef des in Leipzig zuständigen Kommissariats für OK und Bandenkriminalität.

 

Der «Sachsensumpf» war auch Thema eines Untersuchungsausschusses im Landtag, der H. und W. als Zeugen vernahm. Deshalb werden beide nun auch der Falschaussage beschuldigt. H. hatte die Vorwürfe gegen sich im U-Ausschuss bestritten. Nach ihrer Aussage gab es mehrere Quellen unabhängig voneinander für die Vorwürfe im «Sachsensumpf». Sie erhob zudem schwere Vorwürfe gegen Vorgesetzte aus dem LfV. So seien nach Bekanntwerden der Anschuldigungen Akten über den Fall verschwunden.

 

Das Landgericht Dresden hat bis 15. Dezember 25 Verhandlungstage angesagt. Dass zwischen Anklageerhebung und Prozessbeginn mehrere Jahre liegen, begründete das Gericht mit Überlastung. Im März 2016 hatte es die Anklage für zulässig erklärt, um die Vorwürfe nicht verjähren zu lassen.