(MM) Vorkontrollen? Nicht mit uns!

Cops MM

Jedes Jahr das gleiche Bild. Straßensperren an allen Zufahrten in die Stadt, hunderte Polizist*innen in der Stadt verteilt, am Bahnhof werden alle Menschen kontrolliert und von exponierter Stelle abgefilmt die scheinbar auf dem Weg zu der Versammlung sind. Was sich anhört wie ein böser Traum ist leider bittere Realität auf der jährlich stattfindenden Demo zum Gedenken an den Mord an Peter Siebert, der von seinem Neonazinachbarn erstochen wurde.

 

Dieses Jahr werden wir das so aber nicht mehr hinnehmen. Wir wollen demonstrieren ohne polizeilich erfasst und durchsucht zu werden. Wir rufen alle Menschen dazu auf sich nicht kontrollieren zu lassen und diese schikanösen, kriminalisierenden und illegalen Methoden zu verweigern. Selbst das Bundesverfassungsgerichts urteilte am 12. Mai 2010: »Die Auflage, dass die Teilnehmer einer Versammlung vor Beginn der Veranstaltung polizeilich durchsucht werden, behindert den freien Zugang zu der Versammlung. Eine polizeiliche Durchsuchung ist – zumal wenn sie pauschal jeden Versammlungsteilnehmer erfasst – geeignet, einschüchternde, diskriminierende Wirkung zu entfalten, die Teilnehmer in den Augen der Öffentlichkeit als möglicherweise gefährlich erscheinen zu lassen und damit potentielle Versammlungsteilnehmer von einer Teilnahme abzuhalten.« (1 BvR 2636/04)

Es werden Menschen vor Ort sein, die euch dabei unterstützen. Zudem wird es wieder einen Ermittlungsausschuss geben und kritische Journalist*innen, die den Tag begleiten und dokumentieren werden.

 

Wir sehen uns am 22.04.2017 um 14 Uhr in Memmingen am Bahnhof!
Stay tuned!
Gegen Nazis und ihre Umtriebe!



Aufruf

 

Remembering means fighting - gegen Nazis und ihre Umtriebe

Der Rechtsruck in Deutschland und Europa wird zunehmend
handgreiflich. Die Anzahl der Brandanschläge auf Geflüchtetenunterkünfte ist so hoch wie nie. 141 mutmaßliche Brandstiftungen an solchen Einrichtungen allein im Jahr 2016 zählte eine Recherche der taz Anfang des Jahres und offenbart dabei eine seit Jahren ungebrochene Tendenz: 2010 zählte das Projekt »Mut gegen rechte Gewalt« zwei, 2011 drei, dann schon 12, zwei Jahre später sogar 36 Brandanschläge auf Geflüchtetenunterkünfte. Ab da explodierten die Zahlen mit 132 im Jahr 2015 und eben den 141 Vorfällen der taz. Tätliche Angriffe auf Flüchtlinge zählte das Bundesinnenministerium im vergangenen mehr als 2500.

Zwar nehmen Repressionsbehörden laufend Nazi-Terrorzellen wie die »Oldschool Society«, die »Gruppe Freital« oder den Zusammenhang um den »Nazi-Druiden« »Burgos« medienwirksam hoch, doch insgesamt scheinen die Behörden meist unfähig, nach Brandanschlägen überhaupt nur Tatverdächtige zu ermitteln.

So auch im Allgäu. Bis heute konnten zu den Anschläge auf die Geflüchtetenunterkünfte in Marktoberdorf, Kaufbeuren und Altusried keine Tatverdächtigen ermitteltwerden.

Und auch im Allgäu werden Menschen von Neonazis ermordet! Konstantin M. ist einer davon. Er wurde auf dem Tänzelfest in Kaufbeuren in der Nacht vom 17. auf den 18. Juli 2013 von einem thüringer Neonazi erschlagen - offenbar aus rassistischen Motiven, die das Gericht nicht erkennen wollte und stattdessen eine »sinnlose Sauferei und Prügelei« zur Mordursache erklärte.

Auch Peter Siebert wurde von einem Neonazi ermordet. Der 40-jährige Memminger beschwerte sich am 26. April 2008 über den lauten Rechtsrock seines 22-jährigen Nachbarn Alexander B., der ihn darauf mit einem Bajonett erstach. Auch hier wurde das Motiv in der juristischen Aufarbeitung als »Beziehungstat« verklärt, später allerdings musste der Landgerichtsvize einräumen, dass ein rechter Hintergrund der Tat "wahrscheinlich" sei.

Beider Taten gilt es zu Gedenken. Dabei können wir es aber angesichts der dramatischen gesellschaftlichen Situation nicht bewenden lassen. Zu gedenken an die Opfer rechter Gewalt muss auch bedeuten, darum zu kämpfen, dass es solche künftig nicht mehr geben wird.

Auch im Allgäu gibt es eine immer stärker werdende Neonoaziszene. Den Kern dieser Szene bildet »Voice of Anger«, die größte aktive Naziskin-Kameradschaft Bayerns mit im Kern mindestens 80 Mitgliedern. Seit einigen Monaten verfügen diese sogar über ein neues Clubhaus in Memmingen-Hart, in dem die Gruppe derzeit ungestört Veranstaltungen ausrichten und die Vernetzung der Szene vorantreiben kann. Dokumentiert ist zum Beispiel eine Veranstaltung mit einem international bekannten Mitglied der in Deutschland verbotenen
Vereinigung »Blood & Honour«, aus deren Dunstkreis sich das
Unterstützerumfeld des NSU rekrutierte. Zwar hat die Stadt dem Verkauf an die Neonazis widersprochen, weshalb der Bundesgerichtshof in Karlsruhe nun entscheiden muss, ob der Verkauf an ein »Voice of Anger«-Mitglied bestand hat. Der Grundlage auf der die Stadt argumentiert gilt aber juristisch als umstritten.

Eine der Führungsfiguren der Memminger Neonazikameradschaft ist Klamotten- und Plattenproduzent. Benjamin Einsiedler vertreibt mit seinem Musiklabel und Internetversand »Oldschool Records« Nazipropaganda der übelsten Art. In Manchen Produktionen wird unverhohlenzum Mord an m Mord an Juden, Kommunisten, Schwulen, Punks und allem was den Neonazis als
Abschaum gilt aufgerufen. Erst kürzlich wurde Einsiedler vom Amtsgericht Memmingen wegen Volksverhetzung und dem Verwenden von Kennzeichen des Nationalsozialismus verurteilt. Das braune Geschäft floriert aber kaum geachtet der halbherzigen juristischen Intervention weiter.

Eng vernetzt ist »Voice of Anger« auch mit der örtlichen NPD. Ein Journalist, der eine Veranstaltung in Memmingen-Steinheim dokumentierte, auf denen Anhänger beider Gruppierungen anzutreffen waren, wurde von den anwesenden Neonazis bedrängt, bedroht und schließlich zu seinem Auto verfolgt. Einige Wochen später wurden die Scheiben des Fahrzeugs eingeschlagen, als es vor dem Haus des Betroffenen parkte. Mit Bezug auf diese Aktion wurde dem selbstverwalteten JuZe »react!OR« in Kempten mit dem »Abfackeln« der Einrichtung gedroht.

Diese, nur kurz Umschriebenen, Tatsachen machen deutlich, wie wichtig es ist, linke Strukturen zu stärken. In der Region hat sich schon ein breites antifaschistisches Bündnis unter dem Namen LiA (Links im Allgäu) gegründet.

Unterstützt die Aktivist*innen vor Ort und kommt am 22. April 2017 nach Memmingen.

Denn hier und auch anderswo gilt - Kein Fußbreit den Faschisten!