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Erstveröffentlicht:
01.04.2017
Türkischer Geheimdienst In einen Prozess gegen türkische Linke wurden Spitzelerkenntnisse des türkischen Geheimdienstes einbezogen. Die Bespitzelten wurden nicht gewarnt, sondern angeklagt
„Warum ist Dilay Banu Büyükavci hinter Gittern?“
Dieser Frage widmete sich kürzlich eine Veranstaltung im Münchner
DGB-Haus. Sicher eine der vielen Solidaritätsveranstaltungen mit den
Opfern der politischen Repression in der Türkei, denkt man sich. Doch
Dilay Banu Büyükavci, die von ihren Bekannten Banu genannt wird, gehört
zu den 10 türkischen Linken, die im April 2015 in Deutschland verhaftet
wurden. Die Psychologin sitzt seitdem im Stadelheimer
Hochsicherheitstrakt in Untersuchungshaft. Seit fast 10 Monaten wird
gegen sie verhandelt. In einer Prozesserklärung sagte Banu: „Ich war
vier Monate in Isolationshaft. 23 Stunden in der Zelle, eine Stunde
Hofgang, wobei ich niemanden begegnen durfte. Warum? Was habe ich
getan?“
Die deutsche Justiz beschuldigt die 10 Angeklagten,
die in der Türkei verbotene Kommunistische Partei/Marxisten-Leninisten
(TKP/ML) mit eigentlich legalen Tätigkeiten, wie dem Sammeln von Spenden
oder dem Organisieren von Solidaritätskonzerten unterstützt zu haben.
Angeklagt sind sie wegen Unterstützung einer ausländischen
terroristischen Organisation nach dem Paragraphen 129b. Ungewöhnlich bei
dem Verfahren ist nicht die reibungslose Kooperation zwischen der
deutschen und türkischen Justiz. Ohne die wären auch viele Prozesse
gegen vermeintliche PKK-Mitglieder in Deutschland nicht möglich. Doch im
Münchner Verfahren versorgte die „Polizeigeneraldirektion Istanbul“
ihre deutschen Kollegen mit nachrichtendienstlichen Erkenntnissen, die
von türkischen Agenten gesammelt wurden, die linke Migranten in
Deutschland ausspionierten.
Als vor einigen Wochen bekannt wurde, dass
in Moscheen vermeintliche Gülen-Anhängern von türkischen Agenten
bespitzelt wurden, gab es einen kleinen Skandal. In München werden die
Spitzelergebnisse sogar in den Prozess eingeführt. Die Anwälte haben
bisher mit mäßigem Erfolg jene kritische Öffentlichkeit dafür zu
interessieren versucht, die sich in der letzten Zeit so lautstark über
die Erdogan-Diktatur echauffiert. Doch, wenn es gegen Linke geht, die
bereits gegen den türkischen Staatsterrorismus kämpften, als Erdogan
noch ein unbekannter islamistischer Kommunalpolitiker war, nimmt die
deutsche Justiz die türkische Unterstützung weiterhin gerne in Anspruch.
Dafür interessiert sich auch ein Großteil der Linken in Deutschland
nicht.
Dafür überbieten sich Linksparteiabgeordnete wie Sevim Dagdelen
in Nationalismus, wenn sie der Bundesregierung vorwerfen, sie lasse sich
von der Türkei bzw. Erdogan erpressen. Über die gemeinsamen Interessen
der deutschen und türkischen Justiz bei der Verfolgung von Linken wird
hingegen kaum geredet.
Peter Nowak
HIer gibt es regelmässige Infos gegen den Münchner Prozess gegen 10 türkische Linke: