ANWALT WAR MAL CHEF VOM RICHTER - Platzt der Terrorprozess gegen die „Gruppe Freital“?

Von Reue keine Spur: Timo S. (28) gilt als Rädelsführer der „Gruppe Freital“Foto: Olaf Rentsch
Erstveröffentlicht: 
08.03.2017

Dresden – Der Prozess-Auftakt gegen die rechtsterroristische „Gruppe Freital“ begann am Dienstag mit einem Eklat. Fast alle Anwälte der Angeklagten (19-39) stellten Befangenheitsanträge gegen das Gericht. Platzt jetzt der Prozess, noch bevor er richtig angefangen hat?

 

Die Generalbundesanwaltschaft wirft den Angeklagten die Bildung einer terroristischen Vereinigung, mehrere Sprengstoffanschläge mit verbotenen Tschechen-Böllern gegen Linke und Ausländer vor.


Bei einem Anschlag wurde ein Syrer durch Glassplitter im Gesicht verletzt, das wird sogar als Mordversuch gewertet.

 

Nach Verlesung der Anklage stand aber zuerst der Vorsitzende Richter Dr. Thomas Fresemann (50) im Kreuzfeuer. Rechtsanwalt Hansjoerg Elbs – Anwalt von Patrick F. (25), einem der zwei mutmaßlichen Rädelsführer – wirft ihm Verbindungen zum Anwalt eines der Mitangeklagten vor.


Es geht um Helmut Renz (74), der Jurist war von 2001 bis 2007 Präsident des Landgerichts Görlitz. Ab 2002 war auch Fresemann für wenige Jahre Richter am Landgericht und dem heutigen Anwalt Renz untergeordnet. Der verteidigt den Angeklagten Justin S. (19).


Elbs vor Gericht: „Herr Renz und Herr Fresemann kommunizieren miteinander. Herr Renz durfte früher Fresemann beurteilen. Es steht zu befürchten, dass bei dem Angeklagten Justin S. andere Maßstäbe angelegt werden, er durch diese Verbindung Vorteile hat.“


Nicht der einzige Befangenheitsantrag. Alle Anwälte rügten die Besetzung des Gerichts. Vorwurf: Die fünf Berufsrichter des 4. Senates wären erst eingesetzt worden, als die Anklage der Generalbundesanwaltschaft schon fertig war. Zuständig wären nach Geschäftsverteilung ganz andere Richter gewesen.


Rechtsanwalt Professor Dr. Endrik Wilhelm (55) kritisierte auch noch die massiven Sicherheitsmaßnahmen: „Diese stehen in keinem Verhältnis zu der Gefährlichkeit der Angeklagten, kommen einer Vorverurteilung gleich. Es geht um einen Sachschaden von rund 15 000 Euro und zwei Verletzte. Das ist mit dem NSU oder früheren RAF Verfahren nicht zu vergleichen.“


Gestern wurde dann nur die Anklage verlesen. Über die Befangenheitsanträge entscheiden jetzt andere Richter am Oberlandesgericht. Deshalb fällt der heutige Verhandlungstag aus. Fortsetzung ist am kommenden Dienstag.