Quasi täglich begehen Rechtsextremisten rassistische Gewalttaten. Das zeigt ein aktueller Bericht des Bundeskriminalamts, der NDR und SZ vorliegt. Die Behörde zählte 2016 mehr als 450 Fälle von Körperverletzungen gegen Geflüchtete.
Von Christian Baars und Reiko Pinkert, NDR
In seinem aktuellen, vertraulichen Bericht zu "Straftaten gegen Asylunterkünfte" warnt das Bundeskriminalamt (BKA) vor der Gefahr rechter Gewalt. "Ausländerfeindliche oder Ängste schürende Parolen" hätten Auswirkungen auf die Sicherheitslage. Immer wieder werden Geflüchtete Opfer von Gewalt. Der Bericht beschäftigt sich mit Straftaten, die Asylunterkünfte und die darin lebenden Menschen als Angriffsziel haben und politisch motiviert sind.
Zahl der Taten weiter auf hohem Niveau
Insgesamt bewege sich die Zahl dieser Taten weiter auf hohem Niveau, so das BKA. 970 "Straftaten gegen Asylunterkünfte" sind in dem Bericht für 2016 verzeichnet. 2015 lag die Zahl bei 1031. In beiden Jahren waren es demnach etwa fünfmal so viele "Straftaten gegen Asylunterkünfte" wie 2014 (199).
Auffällig ist vor allem, dass die Zahl der Körperverletzungen 2016 sogar noch einmal gestiegen ist - von 60 im Vorjahr auf 78. Die Täter griffen 2016 auch deutlich häufiger zu einer Schusswaffe - nämlich in 57 Fällen im Vergleich zu 31 im Vorjahr.
Hinzu kamen 2016 fast 400 weitere Körperverletzungen an anderen Orten, also nicht direkt an Flüchtlingsunterkünften. Dies geht aus der aktuellen Statistik zur politisch motivierten Kriminalität (PMK) für 2016 hervor, die ebenfalls in dem BKA-Bericht aufgeführt ist. Die PMK-Zahlen wurden erstmals dahingehend ausgewertet, wie viele Gewalttaten sich konkret "gegen Asylbewerber/Flüchtlinge" gerichtet haben.
Weniger Brandstiftungen als 2015
Andere "Straftaten gegen Asylunterkünfte" - wie Volksverhetzung, Beleidigung oder Hausfriedensbruch - sind dagegen im Vergleich zu 2015 zurückgegangen, insbesondere auch die Zahl der Brandstiftungen. Hier ist vor allem im Verlauf des Jahres 2016 ein deutlich rückläufiger Trend zu sehen. Im Januar hatte das BKA 21 Fälle von Brandstiftung gezählt - und damit mehr als im gesamten zweiten Halbjahr 2016.
Seit Sommer 2015 - also seitdem viele Menschen als Asylbewerber nach Deutschland gekommen sind - ist auch die Zahl der gegen sie gerichteten Taten drastisch gestiegen. Den Höchststand erreichten sie im Herbst 2015 und zu Beginn des vergangenen Jahres. In einem Fall - bei der "Gruppe Freital" - ermittelt der Generalbundeswalt wegen Terrorismusverdachts. Den Mitgliedern werden versuchter Mord sowie Brand- und Sprengstoffdelikte vorgeworfen.
Warnung vor radikalisierten Einzeltätern
Vor dem Hintergrund der in diesem Jahr anstehenden Bundestagswahl befürchtet die Behörde eine "Intensivierung des Themas". Eine besondere Gefährdung gehe von möglichen "(selbst-)radikalisierten Einzeltätern" aus. Das BKA kommt zu dem Schluss, dass die Zahl von "hassgeprägten personenbezogenen Gewalttaten" weiter steigen könne.