Nach Ablehnung von NPD-Verbotsantrag - Poppenhäger enttäuscht über Karlsruher Urteil

Erstveröffentlicht: 
17.01.2017

Die Ablehnung des Verbotsantrages gegen die NPD durch das Verfassungsgericht in Karlsruhe sei bedauerlich. So lautete die Reaktion aus der Thüringer Landesregierung am Dienstag. Immerhin, so der Tenor von Reaktionen aus Politik und Gesellschaft auf das Karlsruher Urteil, sei die Verfassungsfeindlichkeit der rechtsextremen Partei belegt.

 

Thüringens Innenminister Holger Poppenhäger hat enttäuscht auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts reagiert, die NPD nicht zu verbieten. "Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat uns nicht geholfen", sagte der SPD-Politiker am Dienstag, nachdem das Gericht in Karlsruhe sein Urteil zum Verbotsantrag der Bundesländer verkündet hatte. Es bedeute, "dass auf die gesamten Sicherheitsbehörden nun mehr Arbeit beim Kampf gegen den Rechtsextremismus zukommt". Das Gericht habe die Verantwortung auf Polizei und Verfassungsschutz sowie die Justiz "zurückdelegiert". Poppenhäger sagte, die Sicherheitsbehörden würden weiterhin gegen jede Form von Angriffen auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung wachsam sein.

 

Justizminister Dieter Lauinger (Grüne) erklärte, das Urteil sei zu respektieren. Die Richter in Karlsruhe hätten in aller Deutlichkeit den Charakter der NPD als verfassungsfeindliche Partei offengelegt. Allerdings lasse sich durch das Verbot einer Partei nicht eine Gesinnung unterbinden. Deshalb sei die gesamte Gesellschaft weiterhin gefordert, sich politisch und mit demokratischen Mitteln mit der NPD auseinanderzusetzen und sich für den Erhalt der rechtsstaatlichen Ordnung und einer offenen Gesellschaft zu engagieren.

 

Allerdings lässt sich durch ein Verbot einer Partei nicht eine Gesinnung unterbinden.

Justizminister Dieter Lauinger

 

Im Thüringer Landtag vertretene Parteien hoben in ihren Stellungnahmen zum Karlsruher Urteil vor allem hervor, dass das Gericht die Verfassungsfeindlichkeit der NPD festgestellt habe. Jedoch sei die rechtsextreme Partei in der politischen Landschaft nur noch "ein unbedeutender Nebendarsteller", hieß es von den Thüringer Grünen. Rechtspopulismus, Fremdenfeindlichkeit und Homophobie würden heute mit bürgerlichem Deckmantel unter anderem Namen verbreitet, so die Vorstandssprecher Stephanie Erben und Rainer Wernicke. SPD-Fraktionschef Matthias Hey erklärte, er habe sich ein klares Signal in Form eines Verbotes gewünscht. "Dass jetzt die Gefährlichkeit von Verfassungsfeinden nach Größe oder Einfluss beurteilt wird, ist für viele Menschen und auch für mich absolut unverständlich."

 

Wenn jemand verfassungsfeindlich ist, gehört er verboten und Punkt.

SPD-Landtagsfraktionschef Matthias Hey

 

CDU-Landeschef Mike Mohring erklärte, das Urteil gebe "verfassungsrechtliche Orientierung in einer Zeit, in der Fragen unseres politischen Selbstverständnisses wieder auf die Tagesordnung drängen". Es habe die Grenzen, an denen Verfassungsfeindlichkeit beginne, klar definiert.

 

Die AfD erklärte, Parteiverbote passten nicht zu einem demokratischen Rechtsstaat. Deshalb sei die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu begrüßen. Politische Auseinandersetzungen gehörten in die Parlamente, in Parteiversammlungen oder auf die Straße und müssten mit Argumenten geführt werden, so der justizpolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Stephan Brandner.

 

Der Opferverein "Mobile Beratung in Thüringen" (Mobit) erklärte, ein Verbot der NPD hätte für die Szene nicht mehr als den Wegfall einer Option bedeutet. Mit Thügida stehe ein Netzwerk der extremen Rechten im Vordergrund. Daneben bauten mit der "Rechten" und dem "III. Weg" zwei neue Parteien Strukturen in Thüringen auf.

 

Das Karlsruher Urteil verändert die Lage im Grunde nicht.

Mobit Thüringen

 

Christine Lochner-Landsiedel vom Beratungsnetzwerk "Schau hin" sagte, der Richterspruch sei Anlass, die zivilgesellschaftlichen Kräfte noch stärker zu bündeln. Niemand dürfe bei Extremismus und Gewalt sowie rassistischen und fremdenfeindlichen Äußerungen wegschauen. Thüringen gelte nach Einschätzung von Experten als eine Rückzugsort für die rechtsextreme Szene. Das Netzwerk "Schau hin" ist ein gemeinsames Projekt von Parität Thüringen und des Bildungswerks Blitz.