Der künftige US-Präsident Donald Trump wird weiter twittern, ist stolz auf Deutschland und hält die deutsche Flüchtlingspolitik für „einen katastrophalen Fehler“ – das hat er Kai Diekmann in seinem letzten Interview für die „Bild“ erzählt. Mit dabei war sein Kollege Michael Gove von der Londoner „Times“.
Berlin. Es waren zwei besondere Fragesteller, die dem nächsten Präsidenten der USA an seinem mit Papierstapeln übersäten Schreibtisch im Trump Tower gegenübersaßen. Kai Diekmann führte sein letztes Interview für die „Bild“, bevor er zum Monatsende den Springer-Verlag verlässt. Sein Kollege Michael Gove von der Londoner „Times“ ist gerade erst in den Journalismus zurückgekehrt. Er war britischer Justizminister, hatte den Brexit unterstützt und kurzzeitig versucht, an die Spitze der Tories zu kommen. Nachdem sich das erledigt hatte, entließ Theresa May ihn als Minister und Gove ging zur „Times“, wo er bis 2005 arbeitete.
Eine Stunde lang saßen Diekmann und Gove Trump gegenüber, der 70-Jährige im roten Ledersessel, die beiden Interviewer in Besucherstühlen mit rotem Samtüberzug. Gove beschrieb ihn hinterher als einen Mann, der „an eine Stromquelle angeschlossen wurde, bei der jemand den Regler weit in den roten Bereich gedreht hat“. Gove hat keinen Menschen getroffen, so scheint es, sondern eine Lampe: „Seine Haut leuchtet orange, sein Haar ist blonder als bei jedem normalen Menschen.“
Journalisten wirken bei Trump wie Berufsanfänger
Diekmann erspart sich solche Bemerkungen. Während die „Times“ das mäandernde Gespräch einordnet und kommentiert, präsentiert die „Bild“ das pure Wortlaut-Interview. Die Fragen sind sanft, sachlich: Weder Gove noch Diekmann wollen Trump provozieren. Sie sitzen wie Berufsanfänger vor einer Berühmtheit, lassen ihn reden, schmeicheln, drohen. In der schriftlichen, übersetzten Fassung der „Bild“ wirken Trumps andauernde Wiederholungen, sein um sich selbst drehender Redefluss besonders absurd.
„Was bedeutet es für Sie, dass deutsches Blut in Ihren Adern fließt?“, fragt Diekmann, und Trump findet das natürlich „great“. Ganz außerordentlich sogar. „Ich bin sehr stolz auf Deutschland, und Deutschland ist etwas ganz Besonderes. Bad Dürkheim, ja? Das ist echtes Deutschland, nicht wahr? Keine Frage, das ist echtes Deutschland. Nein, ich bin sehr stolz auf Deutschland.“ Diekmann hakt nach: „Gibt es etwas typisch Deutsches an Ihnen?“ und Trump sagt im Plauderton ein paar Sätze, die geeignet sind, kritischen Geistern das Blut in den Adern gefrieren zu lassen: „Ich mag Ordnung. Ich mag es, wenn die Dinge ordentlich erledigt werden. Dafür sind die Deutschen ziemlich bekannt. Aber ich auch – ich mag auch Ordnung, und ich mag Stärke.“
Deutsche Flüchtlingspolitik hält Trump für „einen katastrophalen Fehler“
Zu Angela Merkel ist sein Urteil schon zwiespältiger. „Ich respektiere sie und ich mag sie, aber ich kenne sie eben nicht:“ Die Flüchtlingspolitik nennt Trump „einen katastrophalen Fehler, einen sehr schlimmen Fehler“, das hat er schon mehrfach auf Twitter kundgetan. Auch den Satz, diese Politik sei „geisteskrank“ gewesen, will er nicht zurücknehmen.
Trumps Zugang zur Außenpolitik ist der eines Geschäftsmanns – er sucht nach dem besten Deal und lässt sich nur wenig in die Karten schauen. „Die Nato ist obsolet“, sagt er wieder einmal, aber die USA werden Europa weiter schützen. „Yeah, ich fühle mich Europa sehr verbunden – sehr stark verbunden, ja.“ Merkel und Putin sieht Trump zunächst beide als Verbündete, aber den Bruch kalkuliert er mit beiden gleichermaßen ein: „Zunächst einmal vertraue ich beiden – doch schauen wir mal, wie lange das anhält. Vielleicht hält es überhaupt nicht lange an.“
„Es werden weitere Länder austreten“
Wahre Bewunderung zeigt Trump gegenüber dem Brexit-Befürworter Gove nur für die Briten, die den EU-Austritt gewagt haben. Denn die Union sei doch nur „Mittel zum Zweck für Deutschland“ und Trump prophezeit: „Es werden weitere Länder austreten.“
Selbst in einem im Plauderton geführten Gespräch mit freundlichen Fragestellern lässt Trump sein Publikum irritiert zurück. Es wird nichts Vorhersehbares geben mit diesem Präsidenten. Das einzige, was nicht auf dem Prüfstand steht, sind seine Twitter-Bombardements. Trump verspürt überhaupt keine Lust, den offiziellen Account @POTUS zu nutzen und sich vielleicht gewählter auszudrücken. „Ich behalte @RealDonaldTrump bei, das funktioniert. Ich dachte, ich würde es zurückschrauben, aber die Presse berichtet so unehrlich über mich – so unehrlich –, dass ich mich über Twitter äußere. Und sie veröffentlichen es, sobald ich es twittere.“ Von Pressekonferenzen hingegen hält er nichts: „Eine Menge Arbeit“, sagt Trump nur.
Von RND/Jan Sternberg