Studenten besetzen das Audimax in der Freiburger Uni

Studierende der Uni Freiburg haben das Audimax im KG II besetzt. Sie wollen gegen die geplante Wiedereinführung von Studiengebühren und die Erhöhung der Semestergebühren protestieren.
Erstveröffentlicht: 
14.12.2016

250 Studierende der Uni Freiburg haben das Audimax am Mittwoch besetzt. Sie protestieren gegen die Wiedereinführung von Studiengebühren. Am Morgen danach sind noch 100 vor Ort.

 

Offiziell sollte es nur der letzte feststehende Punkt auf der Tagesordnung der Studentischen Vollversammlung sein. Rund 474 Studierende nahmen an dieser teil. Gegen 21 Uhr erklärte dann einer der letzten Redner das Audimax unter tosendem Applaus für besetzt. Rund 250 Studierende blieben. Sie fordern, den Raum bis Freitagabend ungestört nutzen zu können. Außerdem wollen sie, dass sich die Security zurückhält und keine Taschenkontrollen durchführt.

Matthias Schenek, Kanzler der Albert-Ludwigs-Universität, forderte die Studierenden auf, den Raum zu räumen. Um 22.30 Uhr trat er ans Pult und sprach ein Hausverbot bis Freitagabend aus. Weiter drohte er den Anwesenden mit rechtlichen Schritten. Gegenüber der BZ wollte Schenek sich nicht zu der Besetzung äußern.

Schon zu Beginn der Vollversammlung waren einige Studierenden durch große Trekking-Rucksäcke und bunte Isomatten aufgefallen, als sie sich, einen Schlafsack unterm Arm, ihren Weg durch die Sitzreihen bahnten. Eigenen Angaben zufolge haben sie Verpflegung bis Donnerstagabend dabei. Am Donnerstagvormittag befinden sich immer noch etwa 100 Studierende im Audimax. Es gibt ein offenes Plenum. Vorlesungen fielen aus. Die sogenannte Besetzung soll bis Freitagabend andauern.

Ein Sprecher von Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) reagierte laut der Nachrichtenagentur dpa mit Unverständnis. "Wir erwarten, dass sich Studierende mit ihren Argumenten einmischen - das ist völlig legitim und erwünscht. Und daran hindert sie auch niemand. Deshalb bedarf es auch keiner Besetzung."

Die Polizei wisse von der Besetzung, so Polizeisprecher Frank Fanz. "Im Moment sind aber noch keine Maßnahmen zu treffen."

Land will Studiengebühren einführen


Studierende, die nicht aus der EU kommen, sollen ab dem Wintersemester 2017/18 Studiengebühren bezahlen. Deren Höhe ist noch nicht bekannt, es sollen wohl 1500 Euro pro Semester sein – ein Fünftel davon soll direkt an die Hochschulen gehen. Aktuell wären von dieser Regelung an Freiburger Hochschulen rund 2900 Studierende betroffen.

Auch soll ein Zweitstudiumin Baden-Württemberg in Zukunft wieder Geld kosten – es geht wohl um 650 Euro pro Semester. Das Land will zudem den Semesterbeitrag, den alle Studierenden bezahlen müssen, um jeweils 10 Euro erhöhen.

Der Vorstoß kommt jetzt von Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne). Das Land wolle so den auf den Wissenschaft- und Kunstbereich entfallenden Konsolidierungsbedarf von 48 Millionen Euro ausgleichen.

Protest gegen Pläne der Landesregierung


Ein Gutachten habe bereits ergeben, dass Studiengebühren für Nicht-EU-Bürger zulässig seien, hieß es in einer Stellungnahme der Landesrektorenkonferenz. "Studierende, die von außerhalb der EU nach Baden-Württemberg kommen, hier eine exzellente Ausbildung genießen und dabei das Hochschulsystem ihres Herkunftslandes entlasten, sollten sich an der Finanzierung ihres Studienplatzes beteiligen – und mehr als einen Beitrag sehen die Planungen nicht vor", sagte Hans-Jochen Schiewer, Rektor der Uni Freiburg.

Rund 400 Freiburger demonstrierten Ende November gegen die Pläne der Landesregierung. "Bildungsgerechtigkeit ist ein unglaublich hohes Gut", sagte etwa Leon Grünig, Vorstand der Studierendenvertretung der Uni.

Studentische Vollversammlung lehnt Studiengebühren ab


Auch bei der Vollversammlung schimpften die Studierenden über das Vorhaben – eine Studentin sprach von Diskriminierung. Eine andere sagte: "Die Relevanz eines Themas macht sich nicht daran fest, wie viele Leute es betrifft – da werden Leute benachteiligt!"

Entwarnung Leute, hier brennt nichts! Ich höre auch keine Feuerwehrsirenen #freiburgbrennt

— Sara (@sarrizzlle) 15. Dezember 2016



Ein weiterer Redner wies darauf hin, nach Deutschland kämen nicht nur "die Eliten" – wie in der Debatte oft behauptet – sondern auch viele Menschen aus der Mittelschicht. Seine Schlussfolgerung: "Es ist Zeit, endlich Reparationen zu bezahlen für den Kolonialismus!"

Am Ende entschied die Vollversammlung mit großer Mehrheit, sich gegen die Wiedereinführung von Studiengebühren auszusprechen – und auch gegen die Erhöhung des Semesterbeitrags.

Letzte Audimax-Besetzung ist sieben Jahre her


Die Situation im Kollegiengebäude II am Mittwochabend erinnert an den November 2009. Auch damals hatten Studierende – insgesamt waren es rund 400 – nach einer Vollversammlung das Audimax besetzt. Sie folgten dem Beispiel anderer Städte. Erst nach dreieinhalb Wochen gaben sie das Audimax wieder frei.

Ein Hauptgrund für die Besetzung waren zuvor vom Land eingeführten Studiengebühren. Jeder Studierende musste 500 Euro pro Semester bezahlen. "Freiburg brennt", lautete das Motto.

Auch am Mittwochabend rief ein Student durch den Saal: "Verbreitet die Nachricht – twittert unter dem Hashtag #freiburgbrennt!"

#freiburgbrennt weiter! Wir wissen, dass es fast noch Nacht ist für die meisten Studierenden, aber kommt trotzdem vorbei. Wir haben Kaffee!

— Marisa (@Marai7Marisa) 15. Dezember 2016