Haben im thüringischen Schmölln Nachbarn einen Flüchtling zum Suizid aufgefordert? Die Polizei sieht dafür mittlerweile keine Anzeichen mehr. Ministerpräsident Bodo Ramelow sagt: Die „Spring doch“-Rufe waren anders gemeint.
Erfurt. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hat Berichte angezweifelt, wonach Augenzeugen einen jungen Flüchtling in Schmölln zum Sprung aus dem Fenster ermuntert haben sollen.
Das Geschehen habe möglicherweise eine andere Entwicklung gehabt, sagte Ramelow am Montag im Deutschlandfunk. Konkret bezieht sich der Politiker auf die „Spring doch“.Rufe eines Nachbarns. Dieser habe das jedoch auf den Sprung in das von der Feuerwehr aufgespannte Sprungtuch bezogen, erklärte Ramelow.
Polizei sieht keine Anzeichen
Der wahrscheinlich noch Minderjährige war am Freitag vom Fensterbrett seiner Wohnung im fünften Stock eines Plattenbaus gesprungen und an seinen Verletzungen gestorben. Schaulustige sollen ihn mit Rufen wie „Spring doch“ zu der Tat aufgefordert haben. Äußerungen von Schmöllns Bürgermeister Sven Schrade (SPD) deuteten darauf hin. Polizei und Feuerwehr bestätigten dies zunächst nicht.
Mittlerweile geht die Polizei nicht mehr davon aus, dass Anwohner den Flüchtling zu der Tat aufmunterten. „Nach jetzigem Kenntnisstand ist das nicht der Fall“, sagte ein Sprecher der Landespolizeidirektion am Montag unter Berufung auf an dem Einsatz beteiligte Beamte sowie befragte Augenzeugen. „Diejenigen, die das am Anfang gesagt haben, konnten das in der Zeugenbefragung nicht mehr deutlich verifizieren.“
Landrätin schaltet sich ein
Ramelow hatte sich nach Bekanntwerden des Vorfalls zunächst auf Twitter geäußert. „Ich trauere um den jungen Mann und lasse alle Umstände aufklären“, kündigte er an.
Am Montag sagte Ramelow: „Am Ende bleibt es bei einem schlimmen Todesfall eines jungen Menschen, der seine Verzweiflung nicht aushalten konnte.“
Das Landratsamt im Kreis Altenburger Land, zu dem Schmölln gehört, will sich ebenfalls mit dem Vorfall befassen. Dazu plant Landrätin Michaele Sojka (Linke) nach eigenen Angaben Gespräche mit den zuständigen Ämtern und den Mitarbeitern der Einrichtung, die die minderjährigen Flüchtlinge betreut.