Jenseits der linken Szenekieze - Vom 14. bis 16. Oktober kommt der offene linke Jugendkongress nach Charlottenburg

JuKo
Erstveröffentlicht: 
13.10.2016

Bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus im September hat in Charlottenburg-Wilmersdorf die CDU die meisten Stimmen bekommen. Ab diesem Freitag wird genau dort der vierte offene linke Jugendkongress stattfinden. Da, wo es wenig linke Gegenkultur gibt, um den konservativen und rechten Strukturen in naher Zukunft mehr entgegensetzen zu können, so Mathias Schneider vom Vorbereitungskurs des Kongresses. »Wir wollen nicht nur Leute im Szenekiez ansprechen, sondern auch das Potenzial nutzen, linke Personen hier zu vernetzen«, sagt er. Veranstaltet wird der Kongress unter anderem von der Autonomen Antifa Berlin, der Antifa+ aus Charlottenburg und verschiedenen linken Studierendeninitiativen. Die Teilnahme ist kostenlos.

 

Der offene linke Jugendkongress hat seine Wurzeln ursprünglich in Bremen und findet erst seit 2013 in der Hauptstadt statt. Hier wird er jedes Jahr in unterschiedlichen Bezirken abgehalten. Der Kiez werde dabei nach aktuellen und relevanten gesellschaftlichen Entwicklungen ausgesucht. Im vorigen Jahr fand der Kongress in Kreuzberg statt, die Jahre davor in Johannisthal und Weißensee. »Das Ziel ist, junge Leute anzusprechen, die sich als links begreifen und noch nicht organisiert sind«, sagt Schneider. Der Jugendkongress soll den Mangel an linken Angeboten im Bezirk ausgleichen und es Jugendlichen ermöglichen, sich zu vernetzen, auszutauschen und weiterzubilden.

 

Dieses Jahr organisieren Berliner Politgruppen im Jugendclub Schloss 19 theoretische und praktische Workshops. Ein Schwerpunkt des Kongressprogramms ist Ideologiekritik. Dazu sind Workshops zu den »Neuen Rechten«, zur AfD oder zu Verschwörungsideologien geplant. Diese Auswahl ist für den Bezirk in Charlottenburg-Wilmersdorf kein Zufall. »Sie wurde unter anderem durch die hiesigen Gegebenheiten inspiriert, da sowohl Chemtrail-Gruppen als auch Anhänger der abstrusen Neuschwabenland-Verschwörungsideologie hier ihre Treffen abhalten«, erklärt Schneider. In den Workshops sollen die regionalen Strukturen und Vernetzungen der Neuen Rechten im Kiez beleuchtet werden.

 

Ein weiterer Schwerpunkt wird in diesem Jahr mit Workshops zu christlichem Fundamentalismus und Islamismus auf den Aspekt der Religionskritik gesetzt. Dieses Themengebiet wird damit zum ersten Mal beim Jugendkongress behandelt werden. »Das entstand aus der Motivation heraus, sich mit einem in der letzten Zeit etwas kurz gekommenen Thema zu beschäftigen. Gerade weil wir aufgrund eigener Erfahrungen bei dem Thema recht sensibel sind und das Gefühl haben, dass es sich um eine wichtige Grundlage für Gesellschaftsanalyse ganz allgemein handelt«, sagt Schneider. Aber auch Themenblöcke zu Antiziganismus, Antisemitismus, Kapitalismuskritik und Feminismus werden nicht fehlen.

 

Neben theoretischen Veranstaltungen sind genauso praktische Workshops geplant, etwa zu Selbstverteidigung, Graffiti oder »Stadtverschönerung«. Dazu sagt Mathias Schneider vom Kongress: »Was wir zeigen, ist total legal. In welchem Rahmen die Teilnehmenden das Gezeigte anwenden, obliegt natürlich ihnen.« Abends wird es im Jugendclub Konzerte und Partys geben.

Erwartet werden an die 150 Teilnehmenden aus der Nachbarschaft, von den Universitäten und aus dem näheren Brandenburger Umfeld. Jugendliche aus Berlin und Brandenburg oder Studienanfänger, die neu in der Stadt sind, sollen sich in den nächsten drei Tagen austauschen und organisieren können.

 

Dem Wochenende blickt das Vorbereitungsteam positiv entgegen. Nach dem Kongress wird es noch Nachveranstaltungen und einen regelmäßigen Antifa-Tresen im Schloss 19 geben, um auch über den offenen linken Jugendkongress hinaus und auf Dauer dem politischen Nachwuchs in Charlottenburg-Wilmersdorf eine linke Alternative bieten zu können.