Er habe noch ein Rauschen im Ohr, sagt Bürgermeister Joachim Kebschull. „Der Polizei sind keine Vorwürfe zu machen.“
Vor einer Woche wurde der Bürgermeister von Oersdorf im Kreis Bad Segeberg, Joachim Kebschull, auf offener Straße mit einem Kantholz angegriffen - am Donnerstag hat er sich während einer Pressekonferenz erstmals selbst öffentlich zu der Attacke geäußert. Die Polizei hat noch keine heiße Spur von dem Täter. Kebschull sprach über seinen Gesundheitszustand, die Vorgeschichte, die Tat und die Arbeit der Polizei.
Viele Fragen sind in dem Fall noch offen: War der Angriff auf den Bürgermeister fremdenfeindlich motiviert? Und wer ist der Täter? Was ist genau passiert? Und was bedeutet das künftig für Kommunalpolitik? Der Bürgermeister selbst schildert den Fall aus seiner Sicht.
„Mein Gesundheitszustand hat sich so weit gebessert, dass ich mich selbstständig für eingeschränkt dienstfähig erklärt habe“, sagt Kebschull. Der ehrenamtliche Bürgermeister erlitt nach dem Schlag auf den Hinterkopf ein Schädelhirntrauma der Stufe 1, Abschürfungen und „eine Beule am Hinterkopf“. Davon sei noch ein leichtes Rauschen im rechten Ohr und Schwindelgefühl geblieben - die Ärzte hätten ihm aber versichert, dass er keine Langzeitschäden davontragen würde. „Besonders froh bin ich, dass ich festgestellt habe, dass ich meinen Humor nicht verloren habe“, sagt der 61-Jährige.
Am 29. September sollte der Bauausschuss tagen. Die Ausschüsse seien in der Regel gut von den Bürgern besucht, sagt Kebschull. Der Bauausschuss wollte sich mit dem Fall eines historischen Hauses in der Oersdorfer Innenstadt beschäftigen, das die Stadt im Frühjahr 2015 erstanden hat.te „Wegen der großen Not wurde im letzten Jahr überlegt, kurzfristig Flüchtlinge dort unterzubringen“, sagt Kebschull. Das Gebäude sei untersucht worden. Das Ergebnis: „Ohne Renovierung ist das Gebäude nicht geegnet.“ Die Idee wurde verworfen. Erstmals am 7. Juli sollten Pläne zum Umbau des Gebäudes vorgestellt werden. Schon damals gingen laut Kebschull beim Amt, bei der Pächterin, der Architektin und dem Bürgermeister Gewaltandrohungen ein. Die Sitzung wurde abgesagt, „weil es nicht möglich war, die Bürger rechtzeitig zu warnen.“ Am 21. Juli sollte die Bauausschusssitzung wiederholt werden - doch im Vorfeld gab es dieses Mal eine Bombendrohung. Die Polizei wurde informiert. Da es auch eine Drohung gegen den Ausweichort - die Feuerwache in er Nachbarschaft - gab, wurde auch diese Sitzung abgesagt. Am vergangenen Donnerstag wurde die Bauausschusssitzung dann zum dritten Mal angesetzt - wieder gab es Drohungen per E-Mail. Die Polizei Kaltenkirchen war vor der Sitzung im Einsatz - für die Sicherung des Gebäudes, Einlasskontrolle der Gäste und eine Polizeistreife auf der Straße.
So hat der Bürgermeister den Angriff erlebt
Kebschull war schon um 18 Uhr, eine Stunde vor Beginn der Sitzung, im Gemeindehaus. Dort fiel ihm auf, dass er sein Notebook, das er für die Präsentation brauchte, in der Aufregung zu Hause vergessen hatte. Also fuhr er eine halbe Stunde vor Beginn der Sitzung noch einmal nach Hause. Nach einigen Minuten kehrte er wieder zurück, parkte aber nicht direkt vor dem Gemeindehaus, sondern auf dem Feuerwehrparkplatz. Warum? Es regnete in Strömen - er habe älteren Besuchern nicht die nahen Parkplätze am Eingang wegnehmen wollen, sagt Kebschull. Die Polizei sei auch dort präsent gewesen. Und: Drohungen seien eben Drohungen. „Mit Taten habe auch ich nicht gerechnet“, sagt Kebschull.
„Als ich die Notebooktasche aus dem Auto nehmen wollte, bekam ich von hinten einen Schlag auf den Kopf und verlor die Besinnung. Kebschull wurde ins Krankenhaus gebracht. Seinen Täter hat Kebschull nicht gesehen. „Es ging sehr schnell, die Dämmerung war angebrochen, und es regnete stark.“ Kebschull sagt, von den 872 Einwohnern Oersdorfs kenne er ungefähr 600.
Das sagt Kebschull über die Arbeit der Polizei
„Der Polizei sind keine Vorwürfe zu machen“, sagt Kebschull. „Das konnten die Beamten hier nicht ahnen.“ Er habe spontan beschlossen, den Feuerwehrparkplatz zu benutzen. „Die Ermittlungen werden sehr professionell und akribisch geführt.“ Er sei sich sicher, dass die Polizei den Täter fassen werde.