Brandstiftung in Flüchtlingsheim in Berlin-Buch - Bewohner in neuer Unterkunft, NPD hängt Plakate auf

Erstveröffentlicht: 
09.08.2016

Am frühen Montagmorgen wurde ein Brand in einer Flüchtlingsunterkunft gelegt. Die Bewohner werden vorerst am anderen Ende der Stadt untergebracht.

 

Der schwarze Streifen sticht heraus, unter den gelben, blauen und roten Feldern. Rechts von der Eingangstür zieht er sich hoch, bis in den dritten Stock. Ein sichtbares Zeugnis der Nacht, die viele der Flüchtlinge hier in der Groscurthstraße in Buch wohl so schnell nicht vergessen werden. Die Hintergründe der Brandstiftung sind auch am Dienstag Morgen noch unklar. Um 3.09 Uhr ging der Notruf ein bei der Feuerwehr.

 

Der Brand war im Erdgeschoss des Containerdorfs ausgebrochen, in einem Raum, in dem niemand wohnte und Kinderwagen abgestellt wurden. Die Flammen griffen über auf den zweiten und den dritten Stock. Nach zwei Stunden war das Feuer gelöscht. Sechs Bewohner erlitten leichte Rauchgasvergiftungen und mussten von Rettungskräften behandelt werden.

 

Ein Großteil der 185 Bewohner musste noch am Montag Abend vorübergehend in eine Notunterkunft in der Glienicker Straße in Treptow-Köpenick ziehen – der Gestank in dem Gebäude in Buch ist unerträglich. Das war wohl auch ein Grund, warum am Montagnachmittag viele der Bewohner auf dem Gras vor der Unterkunft hockten und diskutierten.

 

Ein irakischer Flüchtling schildert, wie er die Nacht erlebt hat: „Ich habe geschlafen. Auf einmal haben alle geschrien: raus, raus, Feuer! Überall war Rauch.“ Er sagt, dass einige im Heim davon ausgingen, dass es Nazis gewesen seien. Anderes hat Othman Hamsho aus Syrien gehört: „Die Leute sagen, es sollen drei Jungs aus dem Haus gewesen sein.“ Der 22-jährige Kosovare Bujar hat sein Zimmer im dritten Stock. Ein Mitarbeiter der Security habe an seine Tür geklopft: „Feuer, sofort raus!“ Er sei runtergelaufen, aber dann drei Mal zurückgegangen, um Menschen aus dem brennenden Containerhaus zu tragen: „Ich hatte zwei Kinder im Arm, da kam mir das Feuer direkt entgegen. Ich musste raus, da war einfach zu viel Rauch.“ Mitnehmen konnte er aus seinem Zimmer nichts, es sei alles verbrannt.

 

Um die Menschen nicht aus ihrem Umfeld in Pankow zu reißen, wollte das Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) die Flüchtlinge eigentlich in einer Turnhalle in Pankow unterbringen. „Schließlich gehen die Kinder hier in die Schule und in die Kita“, sagte Lageso-Sprecherin Regina Kneiding am Nachmittag. Am Abend wurde jedoch klar, dass dies nicht klappt. Die Flüchtlinge müssen tatsächlich nach Treptow-Köpenick. 

 

Eine Polizeistreife fährt regelmäßig vorbei


In regelmäßigen Abständen fährt auf der Straße eine Polizeistreife vorbei. Schon am Montagmittag hieß es von der Polizei, man gehe von einer vorsätzlichen Brandstiftung aus. Der Brand habe sich von innen nach außen entwickelt. Der für politische Delikte zuständige polizeiliche Staatsschutz ermittelt.

 

 

Spekulationen wollte der Innensenator Frank Henkel (CDU) nicht bestätigen. „Ich empfehle jedem, beim jetzigen Stand der Ermittlungen keine Vorfestlegung in irgendeine Richtung zu treffen. Das würde der Polizei nur die Arbeit erschweren“, erklärte er. SPD und Linke verurteilten die Tat. Die Brandstifter hätten bewusst in Kauf genommen, dass Bewohner der Flüchtlingsunterkunft verletzt oder getötet würden, erklärten Elke Breitenbach von der Linksfraktion und der SPD-Politiker Rainer-Michael Lehmann. 

 

In der Vergangenheit gab es Probleme mit Rechtsextremen


Das Flüchtlingsheim wird von der Arbeiterwohlfahrt betrieben. In der Vergangenheit gab es häufig Probleme, vor allem mit Rechtsextremen. Die ersten Flüchtlinge zogen im April 2015 in die Unterkunft ein - unter Polizeischutz. Wenige Tage zuvor waren Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes attackiert worden. Die Täter stammten wohl aus dem Umfeld der NPD.

 

Am Nachmittag nach dem Brand war die Partei am Ort, um ihre Wahlplakate direkt vor dem Heim aufzuhängen. Einige wurden sofort von aufgebrachten Bewohnern wieder heruntergerissen. Es kam zu verbalen Auseinandersetzungen zwischen Anwohnern und den Wahlhelfern der NPD. Auch beim „Tag der Offenen Tür“ im März 2015 sollen Rechtsextreme offen aufgetreten sein und ein Auto der Arbeiterwohlfahrt beschmiert haben. Nachdem die Flüchtlinge eingezogen waren, zeigten sich jedoch viele Anwohner hilfsbereit. (mit AFP)