ISIS liebt Donald Trump

Erstveröffentlicht: 
31.07.2016

Während Muslime für das Orlando-Massaker beten, stachelt Donald Trump seine Anhänger an, nach ihren Waffen zu greifen. ISIS und Trump leben in einer symbiotischen Beziehung, sie nähren einander. Der Hass des einen, stärkt den anderen.


Ein Gastbeitrag von Peter Certo.


Als am Abend des 12. Juni die Sonne über New York unterging, versammelten sich Hunderte von Muslimen im Hudson River Park, um das traditionelle Ramadan-Fastenbrechen zusammen zu begehen. Iftar, das Abendessen am Ramadan, ist oft ein freudiges Fest des Glaubens und der Familie. Doch die Stimmung an diesem Sonntag war eine andere, eine schwermütige: an diesem Morgen brach die Nachricht vom entsetzlichen Massaker an den LGBTQ-People im Pulse Nachtclub in Orlando über uns herein.

 

Ein einzelner Muslim hatte den Angriff durchgeführt. Hier am Hudson knieten über 200 zum Gebet. „Wir beten hier für diejenigen, die von uns gegangen sind,“ erklärte eine Frau mit gebrochener Stimme in einem Video, das von der Huffington Post in Umlauf gebracht wurde. „Als Muslime sind wir vereint in unserer Empörung über diesen sinnlosen Akt der Gewalt.“

 

Unterdessen verurteilte ein Imam in Orlando Terrorismus als unislamisch und bekräftigte: „Islam lehrt Frieden.“ Der Florida-Zweig einer nationalen Muslimen-Vereinigung rief ihre Mitglieder auf, Blut für die Opfer zu spenden. Beileidsbekundungen amerikanischer Muslime wurden landesweit ausgesprochen. CBS News sprach von einer „Lawine.“

 

„Heute stehen wir in Solidarität mit der LGBTQ-Community,“ sagte die Gruppe Muslim Advocates. „Eure Trauer ist unsere Trauer. Eure Empörung ist unsere Empörung.“

 

Leider konnten keine jener aufrichtigen Gesten Donald Trump davon abhalten, seine finsteren Warnungen auszusprechen, dass „der radikale Islam an unsere Küsten kommt.“ Nach dem Orlando-Massaker machte der Präsidentschaftskandidat der Republikaner in einer von Lügen durchsetzten Rede Einwanderung und „political correctness“ für die Schießerei verantwortlich.

 

Während Muslime in ganz Amerika ihr Beileid nach Orlando schickten, verspottete Trump seine demokratische Rivalin, die darauf beharrte: „Muslime sind friedliche und tolerante Menschen.“ Er beschuldigte „die“ Muslime, „Tod und Zerstörung“ zu verursachen, indem sie den Terrorismus in ihrer Mitte vertuschen (obwohl später bekannt wurde, dass ein Mitglied der muslimischen Gemeinde des Orlando-Shooters ihn als Verdächtigen bei den Behörden meldete).

 

Dann, im vielleicht unheilvollsten Teil seiner Ansprache, behauptete Trump, die Demokraten wollten „den Amerikanern ihre Waffen wegnehmen und dann all die Leute in unser Land lassen, die uns abschlachten wollen.“ Muslimische Einwanderer sind das Problem, so scheint er zu sagen. Und Waffen sind die Lösung.

 

Wenn Ihr mich fragt, würde ich mich in der Menge am Hudson River Park wesentlich sicherer fühlen als irgendwo in der Nähe einer Kundgebung bewaffneter Trump-Anhänger.

 

Aber nun zum gruseligen Teil: bei all seinem Gequake, „wir müssen beim radikalen Islam endlich zur Vernunft kommen,“ spielt Trump auf dümmlichste Art und Weise direkt in die Hände von ISIS. Genau wie Trump selbst profitiert ISIS immens von allem, was einen Keil treibt zwischen die Muslime und den Gesellschaften, in denen sie leben.

 

Vor einiger Zeit erläuterte ISIS in einer Veröffentlichung – in klarem Englisch – seinen detaillierten Plan, „die Grauzone“ zwischen Ungläubigen und Gläubigen „zu eliminieren“. Da die meisten Muslime das Leben in den liberalen Gesellschaften Europas und Nordamerikas anscheinend mögen, besagt die ISIS-Propaganda, die einzige Möglichkeit, die Rekrutierung ihrer Gotteskrieger hochzufahren, ist es, wenn die Muslime sich in diesen Gesellschaften möglichst unerwünscht fühlen.

 

Kein Wunder also, dass der Star in den ISIS-Werbungen neuerdings Donald Trump heißt. Es ist gewiss nicht, weil sie Angst vor ihm hätten – es ist, weil nur wenige Menschen härter daran arbeiten, Muslimen das Leben zur Hölle zu machen, als er. Bürgerrechtsgruppen berichten, dass der Aufstieg von Trump eine erschreckende Zunahme von Hassverbrechen gegen die Muslime in diesem Land zur Folge hatte.

 

Das ist der Skandal. Und er ist vollkommen selbstzerstörerisch.

 

In der Tat haben die Vereinigten Staaten wohl die bestintegrierte, wohlhabendste muslimische Bevölkerung in der westlichen Welt. Selbst als ISIS unter den viel stärker marginalisierten muslimischen Gemeinden in Europa einige Rekrutierungserfolge verzeichnen konnte – obwohl die Gruppe auch dort weit abseits des muslimischen Mainstreams steht – ist dies hier kaum der Rede wert.

 

Szenen wie die Iftar-Zusammemkunft in New York sind die Regel, nicht die Ausnahme. Sie sind eine bewegende Antwort auf die toxische Politik der Spaltung, und ein viel genaueres Abbild unserer muslimischen Nachbarn als alles, was von Trump behauptet wird.

 

Und nicht zuletzt sind sie wesentlich wertvoller im Kampf gegen den Terrorismus als jede Kugel oder Bombe – oder jeder Demagoge, der beim ersten Anzeichen von Schwierigkeiten seine Anhänger aufstachelt, nach ihren Waffen zu greifen.