Offiziere lieben es deutsch

Erstveröffentlicht: 
16.03.2010

Führungsnachwuchs der Bundeswehr tendiert nach rechts. Ein Viertel will Zuwanderung stoppen und steht auf »starke Elite«. Forscher wiegeln ab

Die politischen Haltungen des deutschen Offiziersnachwuchses ergeben »Hinweise auf ein Weltbild, das für Offiziere der Bundeswehr als ›nicht unproblematisch‹ eingestuft werden kann.« Das konstatiert das Sozialwissenschaftliche Institut der Bundeswehr nach einer von ihm durchgeführten Umfrage an den beiden Bundeswehrunis in München und Hamburg. Befragt wurden über 2300 Studenten, das sind über ein Drittel aller dort Eingeschriebenen. Die Untersuchung fand bereits Ende 2007 statt, wurde aber bislang nicht veröffentlicht. Auf erste Ergebnisse machte gestern die Bundestagsabgeordnete der Linkspartei Ulla Jelpke aufmerksam.

Ein eigenes Fragenkapitel galt der Haltung der Bundeswehrstudenten zur »Neuen Rechten«. Dabei wurden sechs typische Politikziele beschrieben. Die Forderung, »die Zuwanderung von Ausländern nach Deutschland« zu stoppen, unterstützte ein Viertel der befragten Offizierstudenten. 38 Prozent fänden es richtig, wenn »Deutschland wieder von einer starken Elite geführt wird«. 44 Prozent wollen »deutsche Interessen gegenüber dem Ausland hart und energisch durchsetzen«, und »die nationale Identität Deutschlands stärken« wollen 71 Prozent der künftigen Offiziere.

Unterm Strich stimmten vier von fünf Befragten mindestens einem der vorgelegten sechs Politikziele der »neuen Rechten« zu. Dennoch geben die Militärsoziologen Entwarnung – in ihrer Definitionswelt gibt es erst ein Problem, wenn ein angehender Offizier mindestens vier der sechs neurechten Positionen teilt. Das ist »nur« bei 13 Prozent der Befragten der Fall. »Statt sich Gedanken über die politische Bildung und das Selbstbild der Soldaten zu machen, folgt die Bundeswehr einmal mehr dem Motto: Problem erkannt, Problem verdrängt«, kommentierte Jelpke.

Parteipolitisch fühlt sich der Offiziersnachwuchs vor allem CDU und CSU verbunden, von denen sich 70 Prozent vertreten fühlen. 40 Prozent glauben dasselbe von SPD (Mehrfachnennungen waren möglich) und FDP. Grüne und Linkspartei hingegen werden überwiegend als den Interessen der Soldaten entgegengestellt aufgefaßt. Neonaziparteien bleiben weit abgeschlagen.

Die Untersuchung zeigt eine gewisse Auffächerung bei der sozialen Herkunft der Studierenden. 42 Prozent entstammen Angestelltenfamilien, der Rest teilt sich nahezu gleich auf Beamte, Selbständige und Arbeiter auf. Ein Studium bei der Bundeswehr sei besonders für »soziale Aufsteiger« aus Familien mit eher niedriger Formalbildung attraktiv, bilanzieren die Forscher. Dem entspricht, daß offenbar eine starke Minderheit von immerhin 24 Prozent der Befragten nicht aus Interesse am Offiziersberuf studiert, sondern um überhaupt einen Studien­abschluß zu erlangen. Die »Transformation« der Bundeswehr – ein Begriff, mit dem der Umbau zur Angriffsarmee beschrieben wird – sorgt für erhebliche Irritationen. So beantwortet die Hälfte der Studenten die Frage, ob diese Entwicklung in die richtige Richtung gehe, mit »teils/teils«. Drei Viertel wünschen sich, daß die Militärführung nochmal verdeutlicht, worin eigentlich die Ziele bestehen.