Führungsnachwuchs der Bundeswehr tendiert nach rechts. Ein Viertel will Zuwanderung stoppen und steht auf »starke Elite«. Forscher wiegeln ab
Die politischen Haltungen des deutschen Offiziersnachwuchses
ergeben »Hinweise auf ein Weltbild, das für Offiziere
der Bundeswehr als ›nicht unproblematisch‹ eingestuft
werden kann.« Das konstatiert das Sozialwissenschaftliche
Institut der Bundeswehr nach einer von ihm durchgeführten
Umfrage an den beiden Bundeswehrunis in München und Hamburg.
Befragt wurden über 2300 Studenten, das sind über ein
Drittel aller dort Eingeschriebenen. Die Untersuchung fand bereits
Ende 2007 statt, wurde aber bislang nicht veröffentlicht. Auf
erste Ergebnisse machte gestern die Bundestagsabgeordnete der
Linkspartei Ulla Jelpke aufmerksam.
Ein eigenes Fragenkapitel galt der Haltung der Bundeswehrstudenten
zur »Neuen Rechten«. Dabei wurden sechs typische
Politikziele beschrieben. Die Forderung, »die Zuwanderung von
Ausländern nach Deutschland« zu stoppen,
unterstützte ein Viertel der befragten Offizierstudenten. 38
Prozent fänden es richtig, wenn »Deutschland wieder von
einer starken Elite geführt wird«. 44 Prozent wollen
»deutsche Interessen gegenüber dem Ausland hart und
energisch durchsetzen«, und »die nationale
Identität Deutschlands stärken« wollen 71 Prozent
der künftigen Offiziere.
Unterm Strich stimmten vier von fünf Befragten mindestens
einem der vorgelegten sechs Politikziele der »neuen
Rechten« zu. Dennoch geben die Militärsoziologen
Entwarnung – in ihrer Definitionswelt gibt es erst ein
Problem, wenn ein angehender Offizier mindestens vier der sechs
neurechten Positionen teilt. Das ist »nur« bei 13
Prozent der Befragten der Fall. »Statt sich Gedanken
über die politische Bildung und das Selbstbild der Soldaten zu
machen, folgt die Bundeswehr einmal mehr dem Motto: Problem
erkannt, Problem verdrängt«, kommentierte Jelpke.
Parteipolitisch fühlt sich der Offiziersnachwuchs vor allem
CDU und CSU verbunden, von denen sich 70 Prozent vertreten
fühlen. 40 Prozent glauben dasselbe von SPD (Mehrfachnennungen
waren möglich) und FDP. Grüne und Linkspartei hingegen
werden überwiegend als den Interessen der Soldaten
entgegengestellt aufgefaßt. Neonaziparteien bleiben weit
abgeschlagen.
Die Untersuchung zeigt eine gewisse Auffächerung bei der
sozialen Herkunft der Studierenden. 42 Prozent entstammen
Angestelltenfamilien, der Rest teilt sich nahezu gleich auf Beamte,
Selbständige und Arbeiter auf. Ein Studium bei der Bundeswehr
sei besonders für »soziale Aufsteiger« aus
Familien mit eher niedriger Formalbildung attraktiv, bilanzieren
die Forscher. Dem entspricht, daß offenbar eine starke
Minderheit von immerhin 24 Prozent der Befragten nicht aus
Interesse am Offiziersberuf studiert, sondern um überhaupt
einen Studienabschluß zu erlangen. Die
»Transformation« der Bundeswehr – ein Begriff,
mit dem der Umbau zur Angriffsarmee beschrieben wird – sorgt
für erhebliche Irritationen. So beantwortet die Hälfte
der Studenten die Frage, ob diese Entwicklung in die richtige
Richtung gehe, mit »teils/teils«. Drei Viertel
wünschen sich, daß die Militärführung nochmal
verdeutlicht, worin eigentlich die Ziele bestehen.