Trennung von Kirche und Staat - Streit in Linkspartei zu Kirchenprivilegien

Erstveröffentlicht: 
06.05.2016

Parallel zum Katholikentag in Leipzig trifft sich Ende Mai die Linkspartei in Magdeburg zu ihrem Bundesparteitag. Ein wichtiges Thema dort: die Trennung von Religionen und Staat. Die Debatte haben die sächsischen Linken angestoßen. Gegenwind kommt von Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow.

von Ine Dippmann, MDR AKTUELL-Landeskorrespondentin Sachsen

 

Es ist die Gretchenfrage: „Nun sag, wie hast du’s mit der Religion? Du bist ein herzlich guter Mann, allein ich glaub, du hältst nicht viel davon.“ So dichtete schon Johann Wolfgang von Goethe.

 

Die Debatte um die Verquickung von Staat und Kirche flammt immer wieder auf, nun stoßen sie die Linken in Sachsen an, ihr Vorsitzender Rico Gebhardt will: "Entscheidungen durch den Bundesparteitag erreichen, dass eine klare Trennung zwischen Religionen und Staat erfolgt. Zum Beispiel, dass in öffentlichen Gebäuden keine religiösen Symbole zu finden sind – außer wenn sie aus Denkmalschutzgründen angebracht sind." 

 

Staatsbedienstete nicht sichtbar zur Religion bekennen


Wer im Staatsdienst arbeitet, soll sich nicht sichtbar zu seiner Religion bekennen. Rico Gebhardt: "Das würde manches vereinfachen, auch in der aktuellen Debatte, dass man Angst hat, das plötzlich eine Lehrerin mit Kopftuch dasteht. Das bedeutet natürlich auch, dass ich nicht ganz offensiv ein Kreuz tragen kann." 

 

Neutraler Ethik-Unterricht an Schulen


Auf fünf Seiten fächern die sächsischen Linken die Verquickungen von Kirche und Staat auf und unterbreiten Gegenvorschläge. Statt Seelsorgern sollen Psychologen Polizisten, Soldaten und Gefangene betreuen. Die Besetzung von Rundfunkräten, in denen nach Sicht der Linken Vertreter der christlichen Kirchen überrepräsentiert sind, soll überarbeitet werden. An staatlichen Schulen soll ein weltanschaulich neutraler Ethik-Unterricht stattfinden. "Es würde dazugehören, dass die Eintreibung der Kirchensteuer durch den Staat tatsächlich wegfällt. Das würde aber auch bedeuten, dass die direkten Zahlungen an die Kirche wegfallen, die mit den Kirchenstaatsverträgen seit vielen Jahrzehnten gezahlt werden", sagt Gebhardt. Diese Verträge sollten in Abstimmung mit den Kirchen auslaufen. Ziel sei der konsequent laizistische Staat – der auch die Freiheit der Religionslosigkeit gewährt. 

 

Bodo Ramelow kritisiert eigene Partei


Sein Kollege Bodo Ramelow, Ministerpräsident in Thüringen und bekennender Christ, gehört zu denen, die den Antrag aus Sachsen ablehnen. Er verweist darauf, dass die Zahlungen des Staates an die Kirchen im Grundgesetz verankert sind: "Da geht es um die Entschädigungen, da sind große Ländereien der Kirchen enteignet worden, von den damaligen staatlichen Repräsentanten und es hat damals eine Ewigkeitszusage gegeben, dass der Staat die Verpflichtung hat, die Unterhaltsfinanzierung zu sichern aus den Vermögenswerten, die der Staat entzogen hat." Der Versuch der Linken, das zu ändern ist im Bundestag schon einmal abgelehnt worden. 

 

Debatte gegen Glauben generell?


Die Verfasser des Antrags betonen an mehreren Stellen, dass die Verbindungen zwischen Staat und Kirchen in einem demokratischen Prozess überwunden werden sollen, und zwar ohne Bösartigkeiten. Thüringens Ministerpräsident vermutet trotzdem eine Debatte, die sich gegen Glauben generell richtet: "Da bin ich irritiert, dass ein Teil unserer Mitstreiter in der Partei meinen, das alles mit einem Federstrich erledigen zu können. Das zeigt mir, dass es auch viel Unwissen in unseren Reihen gibt. Denn man kann nicht die AfD attackieren, wie islamfeindlich sie ist, um dann anschließend eine neutrale Stellung zu beziehen und zu sagen 'aber evangelisch und katholisch, das geht ja gar nicht'."

 

Ramelow unterstützt deshalb einen Gegenantrag. In dem wird betont, wie wichtig die Kirchen auch als Partner der Linken in der Flüchtlingsarbeit sind. Das Dilemma soll eine "religionspolitische Kommission" lösen. Sie soll erarbeiten, wie sich die Linke künftig zum Thema Religion mit all seinen Aspekten positioniert.