Krems: Prozess um Wiederbetätigung

Erstveröffentlicht: 
31.03.2016

Der 24-jährige Angeklagte zeigte sich geläutert, er sehe seine Aktivitäten mittlerweile als "Schwachsinn".

 

Wiederbetätigung und Verhetzung wirft die Staatsanwaltschaft Krems einem Angeklagten vor, der sich am Donnerstag vor Geschworenen verantworten musste. Laut Anklage habe der Student (24) im Internet Adolf Hitler verherrlicht und die Ziele des Nationalsozialismus - Abschaffung der Demokratie, Rassenreinheit, Vernichtung der Juden - propagiert.

In der Anklageschrift sind zahlreiche Postings im Zeitraum von 2008 bis 2010 aufgelistet. Zudem gab es Verlinkungen auf der Internetseite "forum.thiazi.net". Immer wieder seien auch NS-Parolen wie etwa "Heil Hitler" verwendet worden.

So habe der Beschuldigte einem Eintrag aus 2009 zufolge nach der Lektüre von "Mein Kampf" festgestellt, dass "nur der Nationalsozialismus die einzige denkbare Zukunft" sei. Deshalb versuchte er, das Buch - als PDF-Version - möglichst stark zu verbreiten, um den Menschen die Augen zu öffnen. Auch das 25-Punkte-NSDAP-Programm sei im Web als Downloadmöglichkeit zur Verfügung gestellt worden. Neben der Leugnung des Holocaust und Beschimpfung von Juden war weiters die Rede von "Ausmerzen" von Schwulen.

Die Nationalsozialisten sollten sich nach Vorstellung des Angeklagten als "geschlossene Vereinigung" von den "Baseball-Skins" distanzieren. Ob die Bewegung legal oder illegal wäre, sei irrelevant, zitierte Staatsanwalt Franz Hütter.

Der aus einer angesehenen bürgerlichen Familie stammende junge Mann bereue seine damaligen völlig inakzeptablen Aussagen zutiefst, hieß es seitens der Verteidigung. Nach Schulwechseln, Lehre und Bundesheer sei er damals in einer Lebenskrise und völlig orientierungslos gewesen. Dann machte er die Abendmatura und begann 2014 Bauingenieurwesen zu studieren, nebenbei arbeite er bei einer Security-Firma, habe eine Freundin und führe ein völlig unbescholtenes Leben. 

 

Vollinhaltlich schuldig

Mit einem lauten "Ja" bekannte sich der Student selbst schuldig. Zu seinen Postings meinte der 24-Jährige: "Im Endeffekt habe ich nachgeplappert, was dort so von sich gegeben wurde". Laut Richter Herbert Mischer waren damals mehr als 30.000 User auf "forum.thiazi.net" registriert. Der Benutzername des Angeklagten war "Frontwehr". Er lehne das alles ab und bezeichne es heute als "Schwachsinn", was da geschrieben wurde, beteuerte der in wenigen Tagen 25-Jährige.

"Studium abschließen und dann arbeiten", antwortete der Beschuldigte, der die Lehre zum Einzelhandelskaufmann mit ausgezeichnetem Erfolg abgeschlossen und dann die Abendmatura absolviert hatte, auf die Frage, wie er sich sein weiteres Leben vorstelle.

Der Staatsanwalt hakte nach, ob das Ganze tatsächlich eine reine Internetgeschichte war, als die der Verteidiger es dargestellt hatte. Daraufhin musste der junge Mann einräumen, Kontakte zu Leuten aus der "sehr rechten Szene" im Wiener Raum gehabt zu haben.

Ein Beamter des NÖ Landesamtes für Verfassungsschutz (LVT) gab Auskunft über das vom Angeklagten damals frequentierte Internetforum: "Es war ein Treffpunkt von Rechtsextremen und Nationalsozialisten", das jeder lesen konnte, sagte der Zeuge. Die deutschen Behörden schlossen "forum.thiazi.net" mittlerweile, und die Daten der User wurden bekannt. Bei Hausdurchsuchungen der führenden Köpfe in Deutschland wurden Listen gefunden, die eine Identifizierung der Benutzer ermöglichten - so auch von "Frontwehr", dem heute Angeklagten, von dessen Konto eine Spende an thiazi ging.

Ein Urteil stand vorerst aus.

(APA)