Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die fremdenfeindlichen Vorfälle in Clausnitz verurteilt. Was dort geschehen sei, "ist zutiefst beschämend", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert im Namen der Kanzlerin. "Wie kaltherzig, wie feige muss man sein, um sich vor einem Bus mit Flüchtlingen aufzubauen und zu pöbeln und zu grölen, um den darin sitzenden Flüchtlingen, darunter viele Frauen und Kinder, Angst zu machen."
Seibert: "Unser Land ist anders"
Seibert wandte sich allerdings auch gegen Pauschalurteile über die betreffende Region: "Es ist gut, dass es in Deutschland und auch in der Region, in der das geschehen ist, so viele Menschen gibt, die tagtäglich zeigen, unser Land ist anders." Bei aller Diskussion über die Flüchtlingspolitik sei der Bevölkerung in Deutschland bewusst, "dass es im Kern um Menschen in Not geht und diese Menschen behandeln wir mit Anstand und Mitgefühl", sagte der Regierungssprecher weiter.
Tillich spricht von einer Schande für das Land
Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich verurteilte am Montag im Gespräch mit MDR SACHSEN die jüngsten Übergriffe auf Flüchtlinge und sprach er von einer Schande für das Land. Die Vorfälle bewegten sich am Rande des Verbrechens, so Tillich. Er forderte zugleich, dass alle gesellschaftlichen Kräfte an der Integration von Flüchtlingen mitwirken müssten. Tillich hatte schon am Wochenende gesagt: "Das sind keine Menschen, die sowas tun. Das sind Verbrecher."
Wir müssen uns zunächst fragen, haben wir eigentlich genug Polizeikräfte vor Ort gehabt, hat die Polizei dann richtig reagiert. [...] Die Polizei hat den Auftrag, die Flüchtlinge zu schützen. Ich frage mich auch, warum ist das eigentlich vorher nicht geschehen.
Sachsens Ausländerbeauftragter Geert Mackenroth
Sondersitzung des Innenausschusses am Freitag
Sachsens Ausländerbeauftragter Geert Mackenroth äußerte sich entsetzt
über den "Mob", der den ankommenden Flüchtlingsbus am Donnerstag in
Clausnitz blockiert hat. Im Inforadio Berlin-Brandenburg sagte
Mackenroth, der "Mob" habe "fast alle zivilisatorischen Errungenschaften
der letzten 1.000 Jahre hinter sich gelassen." Diese Menschen seien
nicht dialogbereit und würden sich abseits von der Gesellschaftsordnung
stellen. "So funktioniert Demokratie nicht", sagte Mackenroth. Zudem
werde die Parole "Wir sind das Volk" missbraucht.
Nach dem
umstrittenen Polizeieinsatz in Clausnitz sieht Mackenroth erheblichen
Aufklärungs-Bedarf. Er begrüße, dass es zu den Vorfällen eine Sitzung
des Innenausschusses im Sächsischen Landtag geben werde, sagte
Mackenroth und räumte mögliche Versäumnisse ein. Die Sondersitzung wurde
für diesen Freitag angesetzt.
Ahrens: "Wir lassen uns das nicht gefallen"
Der Bautzner Oberbürgermeister Alexander Ahrens kündigte nach dem Brandanschlag auf die geplante Asylunterkunft in seiner Stadt entschiedenen Widerstand gegen Fremdenfeinde an. Im ARD-"Morgenmagazin" sagte er: "Wir lassen uns das nicht gefallen. Wir lassen uns von ein paar Hohlköpfen nicht die Stadt kaputt machen." In der Vergangenheit sei in Sachsen bereits einiges schief gelaufen; zu lange seien Dinge relativiert worden.
Auch geistiger Brandstiftung, wie der von Sachsens AfD-Vorsitzender Frauke Petry, müsse stärker entgegengetreten werden. "Wir werden in Sachsen über eine gemeinsame Strategie in der Politik nachdenken müssen", sagte der parteilose Ahrens. Er hoffe, dass der Vorfall für die Mehrheit der Bevölkerung in seiner Stadt ein "Weckruf" sei.
Funke: "Krawall-Touristen" hinter Anfeindungen
Der Clausnitzer Bürgermeister
Michael Funke machte für die Feindseligkeiten gegen Flüchtlinge in
seiner Gemeinde Auswärtige verantwortlich. Er habe diese Leute nicht
gekannt, sagte Funke bei einem Besuch der sächsischen
Integrationsministerin Petra Köpping in Clausnitz. Funke sprach von
"Krawall-Touristen". Zugleich beteuerte er, dass er sich für die
Anfeindungen schäme.
Integrationsministerin Köpping verurteilte
Frust und Hass in Bezug auf Flüchtlinge. Dies sei der absolut falsche
Weg. "Dieser Hass ist durch nichts zu entschuldigen", sagte sie.
Zugleich appellierte die Ministerin, bei allen Diskussionen um
Ausländerfeindlichkeit in Sachsen die vielen Helfer nicht zu vergessen,
die sich um Flüchtlinge kümmerten. Die Landespolitik müsse diese
Menschen unterstützen.
In dem Dorf Clausnitz hatten am Donnerstag rund 100 Menschen einen Bus mit Flüchtlingen blockiert und versucht, den Einzug der Asylbewerber in eine neue Unterkunft zu verhindern. Die aggressiven Proteste hatten bundesweit für großes Entsetzen gesorgt. In Bautzen zeigten Schaulustige in der Nacht zum Sonntag unverhohlen Schadenfreude über den vermutlich absichtlich gelegten Brand einer Asylunterkunft.