Protest in Hannover - Hunderte demonstrieren gegen Razzia im UJZ Korn

Erstveröffentlicht: 
12.02.2016

Protest in Hannover Hunderte demonstrieren gegen Razzia im UJZ Korn Mehr als 1000 Menschen haben am Freitagabend friedlich gegen den Polizeieinsatz im Unabhängigen Jugendzentrum Kornstraße demonstriert. Zudem forderten die Teilnehmer der vom UJZ organisierten Kundgebung die Aufhebung des Verbots gegen die PKK.

 

Hannover. Mehr als 1000 Menschen haben am Freitagabend mit einem Zug durch die Innenstadt gegen die Kriminalisierung des Unabhängigen Jugendzentrums (UJZ) Kornstraße demonstriert. Zudem forderten die Teilnehmer der Demo, unter denen sich zahlreiche Kurden befanden, eine Aufhebung des  Verbots der kurdischen Arbeiterpartei PKK. Grund für die Kundgebung war eine Razzia am Donnerstag. Am Vormittag hatten Spezialkräfte der Polizei  die Räume an der Kornstraße gestürmt und drei Stunden lang durchsucht. Die Staatsanwaltschaft Lüneburg wirft vier Mitarbeitern des Trägervereins vor, gegen das Vereinsgesetz verstoßen zu haben, indem sie die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK unterstützten. Unter anderem sollen die Betreiber der "Korn" Mitgliedern der PKK Räumlichkeiten für Treffen zur Verfügung gestellt und Propagandamaterial verteilt haben. Bei der Razzia wurden vier Computer sowie Plakate und Aufkleber mit dem Emblem der PKK beschlagnahmt.

 

Gegen die aus ihrer Sicht "bodenlose Dreistigkeit" hatten mehrere Gruppen zu der Kundgebung aufgerufen. Ab 18 Uhr sammelten sich die Demonstranten zunächst am Steintor und zogen etwa eine Stunde später über Georgstraße und Bahnhofstraße zum Hauptbahnhof. Von dort ging es über die Kurt-Schumacher-Straße zurück zurm Steintor und dann über Goseriede und Klagesmarkt zum UJZ. Mit einem Großaufgebot begleitete die Polizei Kundgebung. unter anderem waren mehrere Reiterstaffeln und drei Wasserwerfer im Einsatz, die vor der Bundespolizeiwache am Hauptbahnhof, der Polizeiinspektion Mitte an der Herschelstraße und dem türkischen Generalkonsulat aufgebaut waren.

 

Schon vor der Demo hatten sich mehrere Parteien und politische Organisationen kritisch zu dem Vorgehen der Polizei geäußert. Während der Stadtverband der Grünen sich mit dem UJZ solidarisierte und die Hochschulgruppe des demokratischen Sozialismus der Uni Hannover die "politisch motivierte Polizeiaktion auf das Schärfste" verurteilte, nahm die rechtspopulistisch Wählergemeinschaft "Die Hannoveraner" die Razzia zum Anlass, die Stadt zu kritisieren.

 

"Nach wie vor scheint das Jugendzentrum ein recht zweifelhaftes Verhältnis zum Linksextremismus zu haben", heißt es in einer Pressemitteilung des Vorsitzenden Jens Böning.  Dennoch erhalte es nach wie vor jährlich mehrere zehntausend Euro an Zuwendungen von der Stadt Hannover.  "Vielleicht veranlasst diese Razzia die rot-grüne Ratsmehrheit ja mal, darüber etwas intensiver nachzudenken", so Böning weiter.

 

„Durch solche Aktionen sollen linke, selbstverwaltete Strukturen kriminalisiert werden, während der Staat auf der anderen Seite keinen Ermittlungsbedarf gegen Funktionäre der ,Alternative für Deutschland' sieht", hält die Hochschulgruppe des demokratischen Sozialismus der Uni Hannover. Und auch Tobias Leverenz, Vorsitzender des Stadtverbands der Grünen Hannover, erklärt, dass die Stürmung der Korn "aufgrund offenbar vager Verdächtigungen" nicht zur Deeskalation beitrage.

 

Das Demokratische Gesellschaftszentrum der Kurden in Hannover (NAV-DEM) vermutet hinter der großangelegten Polizeiaktion und den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Lüneburg sogar außenpolitische Beweggründe der Bundesregierung. So schaue die Bundesregierung nicht nur weg, wenn die türkische Regierung in der Türkei "kritische Medien, die demokratische Opposition und die kurdische Bevölkerung unterdrücke". "Sie packt auch immer wieder selbst mit an, wenn es darum geht, die kurdische Selbstbestimmung und Basisorganisierung anzugreifen", heißt es in einer Pressemitteilung der NAV-DEM. Die Razzia sei dafür ein Beispiel.

 

Ähnlich sieht es auch der Vorstand des Stadtjugendringes. Seiner Meinung nach liegt der Verdacht nahe, dass die Razzia in einem politischen Zusammenhang mit der Annäherung der Bundesregierung an die Türkei steht. „Der Vorstand ist entsetzt über die unnötige und vollständig unbegründete Aktion“, sagte der Vorsitzende des Stadtjugendringes am Vormittag, Wilfried Duckstein.