Seit nunmehr über zwei Jahren treibt die geschichtsrevisionistische „Initiativgruppe Hindenburgturm“ um Dietmar Braun das Vorhaben voran, Riegelsbergern Wehrmachts- und SS-Angehörigen ein Ehrenmal zu errichten. Auf Tafeln sollen alle 471 angebliche „Opfer“ namentlich genannt werden.1,2,3 Nachdem Orts- und Gemeinderat in Riegelsberg dem Ansinnen mit breiter Mehrheit zugestimmt und der „Initiativgruppe“ 5000 Euro direkte Unterstützung aus dem Haushalt zugesagt hatten,4 wurde das Thema auf Antrag von Grünen und Linken am 14.12.2015 abermals im Gemeinderat diskutiert.5
Die Grünen beantragten, den bereits im Gemeinderat gefassten Beschluss zur Unterstützung des Projekts zu revidieren und sich von der Zusammenarbeit mit der „Hindenburggruppe“ um den sich gerne in Nazi-Jargon („Umvolkung“ etc.) öffentlich äußernden Dietmar Braun6 zu distanzieren. Darüber hinaus solle „weder Geld noch Platz“ für „ein mehr als fragwürdiges Projekt“ zur Verfügung gestellt werden, so Hans Jürgen Marowsky (Grüne). „Die Fraktion der Grünen lehnt also komplett die Zusammenarbeit ab“, so Marowsky weiter.
Birgit Huonker, Fraktionsvorsitzende der Linken, forderte in ihrem Antrag, „die Notbremse“ zu ziehen und „das Projekt in der derzeitigen Fassung mit vorgesehenen 480 Namen samt Heldenkreuzen nicht zu unterstützen und dafür auch keine Steuergelder in Höhe von 5000 Euro“ zur Verfügung zu stellen. Stattdessen beantragte Die Linke, „ein entsprechendes Konzept, basierend auf den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen, zu erstellen“, so Huonker. Was diese neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse sein sollen, etwa dass Deutschland und seine „Helden“ einen Vernichtungskrieg mit Millionen Toten gegen weite Teile der Welt führten und auch die Wehrmacht ganz maßgeblich an diesen Verbrechen beteiligt war, wurde nicht weiter ausgeführt.
Als Begründung führten sowohl Grüne als auch Linke an, dass die vorgesehenen und bereits beschlossenen 5000 Euro „sinnvoller einzusetzen“ wären (Marowsky, Grüne) beziehungsweise für „wichtigere Sachen“ in der Kommune benötigt würden (Huonker, Linke). Außerdem habe es in der Öffentlichkeit an dem Vorhaben, ein Ehrenmal zu errichten, massive Kritik von allen Seiten gegeben. Selbst die Jusos hätten die „antidemokratische Grundhaltung“ Brauns kritisiert und den Riegelsberger Gemeinderat aufgefordert, „die Zusammenarbeit mit der IG Hindenburgturm unverzüglich zu stoppen“. „Nationalistische, heroisierende Denkmäler“ würden in Riegelsberg nicht gebraucht.7
In der gesamten Diskussion im Gemeinderat wurde jedoch von niemandem die Rolle der Wehrmacht und deren Angehörigen als Teil der nationalsozialistischen Vernichtungsmaschinerie thematisiert und somit eine Auseinandersetzung um die geschichtlichen Hintergründe abermals gescheut. Der tatsächliche Skandal eines Gedenkens für Täter des Nationalsozialismus, die zu „Opfern“ stilisiert werden, wurde von keiner Fraktion entsprechend diskutiert.
Als Reaktion auf die Anträge von Linken und Grünen formulierte Ingbert Horn als Fraktionsvorsitzender gewissermaßen einen Gegenantrag der SPD. Darin stellte er zunächst klar, dass seine Fraktion die beiden von Grünen und Linken gestellten Anträge ablehnen werde.
Horn schreckt zum wiederholten Male nicht davor zurück, Täter und Opfer zu verkehren. Nachdem Horn sich im Saarländischen Rundfunk bereits zu der Aussage verstiegen hatte, dass die Wehrmachts- und SS-Angehörigen ja nur „in Anführungszeichen Täter“ seien und außerdem mit deren Tod „ein Ende der Schuld“ erreicht sei,6 sah er nun sich und die Verfechter des „Helden“-Gedenkens als Opfer einer Hetzkampagne. Es habe in den letzten Monaten „rund um die Gedenkstätte eine Kampagne“ gegeben, die sogar soweit gegangen sei, dass der SPD „Toleranz gegenüber den Ewiggestrigen“ und gegenüber „rechtsradikalen Gedanken“ vorgeworfen worden sei. Dies sei „ein unglaublicher Vorwurf“, so Horn, und derjenige, der so etwas in den Raum stelle, sei „in Anführungszeichen ein Brandstifter“.
Die SPD stellte schließlich den Antrag, die bereits zuvor bewilligten 5000 Euro lediglich von einem Haushaltsposten in einen anderen zu verschieben. Damit ginge das Geld nicht direkt als Zuschuss für die Errichtung des Ehrenmals an die Hindenburggruppe um Dietmar Braun, sondern stünde Bürgermeister Häusle (SPD) für die Umsetzung der „Gedenkstätte“ zu Verfügung.
Position der CDU im Gemeinderat war es, sich dem Antrag der SPD anzuschließen. Während der halbstündigen Diskussion steuerte für die CDU Stephan Müller-Kattwinkel genau einen Satz bei.
Auf Nachfrage von Stephan Lehberger (Grüne), ob denn die Zusammenarbeit mit der Initiativgruppe Hindenburgturm weiter gehe, stellte Horn (SPD) ganz klar fest, dass die vorhergehenden Entscheidungen zur Zusammenarbeit mit Braun und seiner Gruppe „natürlich bestehen“ bleiben. Es handele sich „lediglich um eine Schiebung der 5000 Euro“. Auf erneute Nachfrage von Ludwig Dryander (Linke), „was die Taktik letztendlich für einen Sinn macht, wenn ich jetzt Gelder von einem Haushalt A in einen Haushalt B verschiebe“, antwortete Horn, diese Schiebung sei rein „haushaltstechnisch“ zu erklären.
SPD-Bürgermeister Häusle sprang seinem Fraktionsvorsitzenden bei: Er werde „auf Grundlage der bisherigen Erarbeitungen“, „das Konzept oder die Idee der Gruppe“ um Braun läge ja vor, ein Gesamtkonzept erstellen. Es ginge nämlich aus seiner Sicht „nicht nur um die Aufarbeitung unserer Geschichte“, sondern auch darum, „menschliches Verhalten darzustellen“. Er könne sich nach „Diskussionen mit den Fachleuten, aber auch mit der Initiativgruppe Hindenburgturm und mit dem Bund Deutscher Kriegsgräberfürsorge“ „Modifizierungen“ vorstellen. Häusle hatte bereits im September dem SR gegenüber geäußert, dass „eine Unterscheidung zwischen Tätern und Opfern heute methodisch gar nicht mehr möglich und auch nicht sinnvoll sei“.8
Der Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge (VDK), mit dem sich Häusle nun beraten will, stand zuletzt im Mai 2015 im Fokus der Öffentlichkeit: Auf einem Empfang in der Staatskanzlei des Saarlandes ehrte der Chef der Staatskanzlei Jürgen Lennartz (CDU) Helfer des VDK für das Sammeln von Spenden zu Gunsten der Pflege von Kriegsgräbern. Unter den so Geehrten war auch Otfried Best, ehemaliges NPD-Mitglied9, mittlerweile Mitglied der extrem rechten „Freien Bürger Union“ Völklingen um Harry Kirsch und Sprecher der „Saarländer Gegen Salafisten (SaGeSa)“ rund um den Neonazi Sascha Wagner. Otfried Best bezeichnete als Mitglied des Völklinger Stadtrats die Bombardements der Alliierten auf Deutschland als „Bomben-Holocaust“,9 was viel über das Geschichtsverständnis von Unterstützern derjenigen Gruppierung aussagt, welche der Riegelsberger Bürgermeister Häusle (SPD) nun als „Experten“ zu Rate ziehen will.
Zum Schluss der Debatte zog die Fraktion der Grünen ihren Antrag zurück, um sich dem Antrag der Linken anzuschließen. Ein Antrag der Linken über geheime Abstimmung, da es sich um eine Gewissensentscheidung handele, wurde von CDU und SPD abgelehnt. Der von Linken und Grünen unterstützte Antrag, die Zusammenarbeit mit der Initiative um Dietmar Braun zu beenden und ein neues Konzept zu erarbeiten, wurde wie erwartet mit Stimmen von CDU und SPD (mit Ausnahme von Hartwig Diehl, SPD) abgelehnt. Der Antrag der SPD, die 5000 Euro zur Unterstützung des Projektes lediglich innerhalb des Haushaltes zu verschieben, fand mit den Stimmen von CDU und SPD eine Mehrheit.
Somit kann man zusammenfassend feststellen, dass in Riegelsberg alles beim Alten bleibt: Die Zusammenarbeit mit der Hindenburggruppe um Dietmar Braun soll weitergehen, am Bau einer Gedenkstätte für Riegelsberger Wehrmachts- und SS-Angehörige mit finanzieller Unterstützung der Gemeinde wird festgehalten. Und Herr Horn von der SPD sieht sich mal wieder als Opfer.