Gesetzentwurf Landtag stimmt über Wachpolizei ab

Erstveröffentlicht: 
15.12.2015

Am Mittwoch und Donnerstag kommt der Sächsische Landtag zu seiner letzten Sitzung in diesem Jahr zusammen. Ein bisschen sei es wie eine "Jahresendrallye", findet der CDU-Abgeordnete Christian Piwarz mit Blick auf einige Gesetzesabstimmungen. Den meisten Zündstoff bietet dabei die geplante (Wieder-)Einführung der Wachpolizei. CDU und SPD wollen damit die Polizei zumindest vorübergehend entlasten. Teile der Opposition halten es für falsch, die "Hilfssheriffs" schon nach drei Monaten in den Einsatz zu schicken. Über Umwege wird der Landtag auch noch einmal über die Krawalle am vergangenen Wochenende in Leipzig sprechen. Zum Auftakt der Sitzung am Mittwoch ergreift Ministerpräsident Tillich das Wort.

 

Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich stellt am Mittwoch im Landtag den Kompromiss zum Länderfinanzausgleich vor. Das kündigte die CDU-Fraktion am Dienstag an. 

 

Weitgehend Konsens beim Länderfinanzausgleich

Tillich und die Ministerpräsidenten der Länder hatten sich Anfang Dezember auf den Kompromiss geeinigt, dem "nur noch" Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble zustimmen muss. Laut Tillich stehen Sachsen ab 2020 rund 807 Millionen Euro mehr pro Jahr in Aussicht.

Die Linken im Landtag sehen durchaus Fortschritte. Fraktionschef Rico Gebhardt erklärte am Dienstag, der Kompromiss sei auf Kosten eines Dritten ausgehandelt worden. "Nämlich auf Kosten des Bundes. Und man wird sehen, wie Schäuble reagiert." Die Grünen erkennen an, dass der neue Länderfinanzausgleich - für Fraktionschef Volkmar Zschocke  ein "Länderfinanzdeal" - die Finanzen des Freistaates sichere. Für Zschocke bleibt es aber ein "unübersichtliches Geflecht von Sonderverordnungen", dessen Folgekosten noch gar nicht absehbar seien.

 

Hitzige Debatte zur Wachpolizei erwartet


Im Gegensatz zur Debatte um den Länderfinanzausgleich wird im Landtag die Abstimmung über das Gesetz zur Wiedereinführung der Wachpolizei für deutlich mehr Zündstoff sorgen. Während die Koalition von CDU und SPD keine Alternative sehen, um die Personalprobleme bei der Polizei kurzfristig zu lösen, halten Linke und Grüne die Wachpolizei für gefährlich.

Linke-Fraktionschef Rico Gebhardt bezeichnete es als "illusorisch", dass innerhalb von drei Monaten "Hilfssheriffs" ausgebildet werden, denen dann Waffen in die Hand gedrückt würden, um dann beispielsweise Flüchtlingsheime zu bewachen. Grünen-Fraktionschef Zschocke  verwies auf die Zweifel von Sachverständigen. So habe beispielweise Sachsens ehemaliger Datenschutzbeauftragter Thomas Giesen verfassungsrechtliche Bedenken angemeldet. Beide Parteien kündigten an, dem Gesetz nicht zuzustimmen. 

 

SPD wollte keine Debatte zu Ausschreitungen in Leipzig


Auch die linksextremistischen Krawalle in Leipzig am vergangenen Wochenende werden im Landtag ein Nachspiel haben. Allerdings nicht in Form einer Aktuellen Debatte. Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU, Christian Piwarz, bedauerte am Dienstag, dass sich der Koalitionspartner SPD einer Debatte verweigere. Sachsens SPD-Generalsekretär Dirk Panter erklärte, bereits im Juni habe der Landtag über linksextreme Gewalt in Leipzig debattiert. "Es bringt nichts, wir brauchen keine weitere Bekenntnisdebatte." Sinnvoller ist seiner Ansicht nach eine sachliche Analyse auf anderer Ebene, beispielsweise durch eine Kommission.

 

AfD will politische Signale von Linken, SPD und Grünen


Und so werden die Ausschreitungen in Leipzig im Rahmen in der von der AfD beantragten Debatte "Verurteilung jeglicher politisch motivierter Gewalt" eine Rolle spielen. AfD-Landtagsmitglied Jörg Urban sagte am Dienstag, Schwerpunkt seien die Anschläge auf Parteibüros. Nach dem Angriff auf die Privatwohnung des sächsischen Justizministers Sebastian Gemkow sei allerdings ein "trauriger Höhepunkt" erreicht worden. "So kann es nicht weitergehen", betonte Urban, der ein klares politisches Signal aller Fraktionen erwartet. "Vor allem von Linken, Grünen und SPD", denen er Verquickungen mit dem sogenannten Schwarzen Block unterstellte.

Linke-Fraktionschef Rico Gebhardt hatte schon zuvor angekündigt, während der Diskussion das Wort ergreifen zu wollen. Er betonte am Dienstag, dass sich seine Partei ausdrücklich von den Gewalttätern distanziere. "Der scheinbare Bezug der Gewalttäter auf linke Positionen hat mit uns nichts gemein."

 

Anschläge auf Partei- und Politikerbüros in Sachsen im Jahr 2015 (Auszug)


Datum Vorfall/Einrichtung/Partei Ort
04. Feb Scheibe im Büro der Linke-Bundestagsabgeordneten Caren Lay eingeschlagen Bautzen
März und April Farbanschläge und zertrümmerte Scheibe im Büro der Linke-Landtagsabgeordneten Luise Neuhaus-Wartenberg Delitzsch
5./6. Juni Schmierereien am Abgeordnetenbüro von SPD-Politikerin Simone Raatz (Bundestag) Freiberg
27. Jul Sprengstoffanschlag auf das Auto des Linke-Politikers Michael Richter Freital
06. Aug Unbekannte verwüsten Firmenräume der AfD-Bundesvorsitzenden Frauke Petry, verkippen Buttersäure und schlagen Fensterscheiben ein Leipzig
29. Aug Scheibe im Büro des Linke-Politikers Lutz Richter eingeworfen Pirna
30. Aug Scheibe im Büro des Linke-Landtagsabgeordneten Sebastian Scheel eingeworfen Riesa
04. Sep Farbanschlag auf das Büro der Linke-Bundestagsabgeordneten Susanna Karawanskij Eilenburg
16. Sep Buttersäureanschlag auf Büro des SPD-Landtagsabgeordneten Albrecht Pallas Dresden
19./20. September Fenster im Abgeordnetenbüro von SPD-Politikerin Simone Raatz (Bundestag) eingeschlagen Freiberg
20. Sep Anschlag mit Pyrotechnik auf Bürgerbüro der Linken, Scheiben und Fensterrahmen werden beschädigt Freital
27. Sep Fensterscheibe und Teile der Inneneinrichtung im Abgeordnetenbüro von Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) mit Pflastersteinen zerstört Radebeul
31. Oktober/1. November Abschlag auf Büros der CDU-Abgeordneten Thomas Feist (Bundestag) und Andreas Noack (Landtag) Leipzig
15. Nov Auf die Eingangstürs des Bürgerbüros der AfD-Vorsitzenden Frauke Petry werden Steine geworfen. Nach AfD-Angaben gab es bereits gut 20 ähnliche Attacken auf Einrichtungen der Partei Borna
24. Nov Anschlag auf Wohnung des sächischen Justizminister Sebastian Gemkow (CDU) Leipzig
Ende November/Anfang Dezember mehrere Anschläge auf Bürgerbüro der AfD Chemnitz