„Hohe Wahrscheinlichkeit für Gewalt“

Erstveröffentlicht: 
12.12.2015
Komplizierte Sicherheitslage: Stadt legt drei Neonazi-Aufzüge zusammen – zehn Gegendemos geplant

VON FRANK DÖRING

 

Es ist ein Aufruf, von dem man sich wünscht, dass möglichst viele ihm folgen mögen. „Wir bitten alle herzlich und dringend, den Grundsatz der Friedlichen Revolution zu beachten: Keine Gewalt“, heißt es in einem Appell, den Ex-Thomaskirchenpfarrer Christian Wolff jetzt veröffentlichte. Unterschrieben haben Prominente wie Pop-Sänger Sebastian Krumbiegel, mehrere Kommunalpolitiker und Gewerkschafter.

 

Gleichwohl fällt die Gefahrenprognose der Behörden für den heutigen Demo-Tag im Leipziger Süden besorgniserregend aus. Es sei „unzweifelhaft zu befürchten, dass Gewalttätigkeiten seitens der linksautonomen und rechtsextremen Szene mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind“, heißt es in der Lageeinschätzung der Versammlungsbehörde, die der LVZ vorliegt. Facebook-Einträge von Neonazi-Kameradschaften wie etwa „Connewitz in Schutt und Asche legen!“ stellten eine neue Form der Gewaltaufrufe dar. Zu den drei angemeldeten Demos von der Offensive für Deutschland, der Partei Die Rechte und Thügida, dem Pegida-Ableger aus Thüringen, sei eine Szene zu erwarten, „welche zu Teilen als gewaltbereit und -geneigt einzustufen ist“.

 

Der Umstand, dass nun ausgerechnet der altbekannte Neonazi Christian Worch als Versammlungsleiter auftritt, werde überdies zu einem „Mobilisierungsschub in der extremen linken Szene“ führen, so die Behörde. Die Leipziger Autonomen agierten „sehr organisiert“ und könnten innerhalb eines sehr kurzen Zeitraums eine Teilnehmerzahl im mittleren dreistelligen Bereich mobilisieren. Zudem hätten sich auch Teilnehmer aus Autonomen-Hochburgen wie Hamburg und Berlin angekündigt.

 

Leipzig auf Internetplattform zum Randalemeister 2015 gekürt

 

Erst kürzlich war Leipzig im Szeneportal Indymedia zum „Randalemeister 2015“ gekürt worden – mit Verweis auf knapp 40 linksautonome Anschläge in diesem Jahr. Die hiesige Antifa hatte daraufhin bundesweit zur gemeinsamen Autonomen-Weihnachtsfeier am 12. Dezember in Connewitz eingeladen.

 

Das linke Szeneviertel haben die Rechtsextremen trotz der abschlägig beschiedenen Demo-Pläne noch immer im Visier. Wie berichtet, hatte die Stadt ihnen einen Sternmarsch nach Connewitz verwehrt und lediglich Demo-Routen in der Südvorstadt gewährt. Gestern Nachmittag legte das Rathaus die drei Aufzüge zusammen. Demnach dürfen sich die Neonazis an der Kurt-Eisner-Straße zwischen Altenburger und Lößniger Straße versammeln und von 14 bis 16 Uhr über die Arthur-Hoffmann-Straße bis zur Ecke Arndtstraße laufen. Allerdings hatten die Organisatoren bereits angekündigt: „Wir klagen alles durch bis zur letzten Instanz.“

 

Gegen den Umzug der Rechtsradikalen wurden zehn Protestdemos und Kundgebungen angemeldet – sowohl in Connewitz als auch in der Südvorstadt.

 

Und: Sperrmüll wird heute nicht gesammelt, stellte die Stadt noch einmal klar. Unbekannte hatten gefälschte Ankündigungen in Connewitz verbreitet, worin die Anwohner aufgefordert wurden, Sperriges auf Gehwegen abzulagern – womöglich als Material für den Barrikadenbau.