Bis zu fünf Registrierungszentren – Flüchtlinge sollen schneller abgeschoben werden können
Von Peter Wütherich
Berlin. Die Große Koalition hat sich auf ein Paket neuer Maßnahmen verständigt, um den Zuzug von Flüchtlingen besser zu kontrollieren und die Asylverfahren zu beschleunigen. Geplant seien die Einrichtung von Registrierungszentren, eine Verschärfung der Residenzpflicht, die Einführung eines einheitlichen Flüchtlingsausweises und eine Eigenbeteiligung von Flüchtlingen an den Kosten von Sprach- und Integrationskursen, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstagabend in Berlin.
Zuvor hatte sie mit den Chefs der Koalitionsparteien SPD und CSU, Sigmar Gabriel und Horst Seehofer, über das weitere Vorgehen in der Flüchtlingspolitik beraten. „Alles in allem sind wir einen guten wichtigen Schritt vorangekommen“, sagte Merkel. „Wir machen das in dem Geist, dass wir das schaffen können.“ Die neuen Maßnahmen zielen besonders auf jene Flüchtlinge ab, die aus sicheren Herkunftsstaaten kommen und kaum Aussicht auf Annahme ihres Asylantrags haben. Für diese Flüchtlinge sollen bundesweit drei bis fünf Registrierzentren eingerichtet werden, wo sehr schnell über die Anträge entschieden wird: Das Verwaltungsverfahren soll auf eine Woche begrenzt werden, für die Einlegung von Rechtsmitteln soll es eine weitere Woche geben. Nach der Ablehnung des Asylantrags sollen die betroffenen Flüchtlinge direkt aus den Registrierzentren in ihre Heimat abgeschoben werden.
Für die Flüchtlinge in den Registrierungszentren soll zudem eine verschärfte Residenzpflicht gelten: Sie dürfen sich nur im Bezirk der zuständigen Ausländerbehörde bewegen. Verstöße gegen die Vorschrift sollten „erhebliche Auswirkungen“ haben, sagte Merkel. Wer sich nicht an die Residenzpflicht halte, verliere seinen Anspruch auf soziale Leistungen, zudem ruhe der Asylantrag. Bei einem zweifachen Verstoß gegen die Residenzpflicht soll eine sofortige Ausweisung erfolgen.
Die Einrichtung der Registrierungszentren sei „eine wichtige Maßnahme, um deutlich zu machen, dass wir hier die gesamte Abfolge beschleunigen wollen“, sagte Merkel. Eine weitere Neuerung soll künftig eine verpflichtende Registrierung und die Einführung eines einheitlichen Flüchtlingsausweises sein. Registrierung und Ausweis sollten künftig Voraussetzung für die Abgabe eines Asylantrags und die Gewährung von sozialen Leistungen sein, sagte Merkel. Zudem sollten Flüchtlinge, die Sozialleistungen erhielten, künftig eine „überschaubare Eigenbeteiligung“ für die Kosten von Sprach- und Integrationskursen leisten.
CSU-Chef Horst Seehofer erwartet mehr Abschiebungen durch die in der Koalition vereinbarten beschleunigten Asylverfahren. SPD-Chef Sigmar Gabriel sieht die Einrichtung spezieller Aufnahmestellen für Flüchtlinge ohne Chancen auf Asyl als guten Weg zu einem geordneteren Verfahren. Er sei froh, dass es nicht zu „Transitzonen“, extraterritorialen Einrichtungen und einer Inhaftierung von Asylbewerbern komme, sagte Gabriel. Dass für die Menschen in diesen Einrichtungen nun eine Residenzpflicht gelten solle, sei eine „durchaus angemessene Maßnahme“.
Bund, Länder und Kommunen müssen im nächsten Jahr mit weniger Steuereinnahmen auskommen als geplant, können in den Folgejahren aber wieder auf Zusatzmilliarden für den Fiskus hoffen. Nach der am Donnerstag vorgelegten aktuellen Steuerschätzung fällt das Aufkommen 2016 um 5,2 Milliarden Euro niedriger aus als noch im Mai vorhergesagt. Danach kann der Staat dank der stabilen Konjunktur und Beschäftigung in den Jahren 2017 bis 2019 mit insgesamt 4,8 Milliarden Euro mehr Steuereinnahmen rechnen als zuletzt erwartet. In diesem Jahr wird mit einem Zusatzplus von 5,2 Milliarden Euro gegenüber der Mai-Schätzung gerechnet. Im Nachtragshaushalt
für das Jahr 2015 hat der Bundestag die Mittel für Flüchtlinge auf zwei Milliarden Euro verdoppelt. Weitere fünf Milliarden Euro fließen in eine Rücklage für 2016, um die Flüchtlingshilfe zu finanzieren.