Mehr Gewalt gegen Flüchtlinge und Helfer

Erstveröffentlicht: 
23.10.2015
Bundeskriminalamt beschreibt düstere Lage, Politik will Abschiebungen beschleunigen
Von Dieter Wonka

 

 

Berlin. Das Bundeskriminalamt rechnet mit verschärften Aktionen radikalisierter Fremdenfeinde – und sogar mit möglichen Terroranschlägen. In einer bereits vor Tagen erstellten internen BKA-Lageanalyse werden auch konkrete Aktionen gegen Politiker und Betreiber von Flüchtlingsunterkünften für möglich gehalten. Eine BKA-Sprecherin bestätigte, dass man auch mit neuen Protestformen rechne, wie beispielsweise der Blockade von Verkehrswegen, die Flüchtlingsgruppen benutzen könnten.

 

Es sei damit zu rechnen, dass sich die „Agitation“ gegen die Asylpolitik verschärfe. Das ansonsten „sehr heterogene rechtsextremistische Spektrum“ finde in Aktionen gegen Flüchtlinge einen „ideologischen Konsens“, so das Fazit der BKA-Studie. Neben Brandstiftung griffen die Täter zu Waffen sowie Buttersäure. Bis 19. Oktober seien bundesweit bereits 576 fremdenfeindliche Delikte verzeichnet worden. 523 dieser Fälle ließen sich bisher schon rechtsradikalen Tätern zuschreiben. Gegen Flüchtlingsunterkünfte ist es in diesem Jahr schon zu 91 Gewalttaten gekommen, 2014 waren 28 entsprechende Taten festgestellt worden.

Auch vor diesem Hintergrund entwickelt die Bundesregierung in Abstimmung mit den Ländern einen neuen Handlungsdruck. Nach Informationen des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND) wird das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz bereits heute im Bundesgesetzblatt I Nummer 40 auf Seite 1722 verkündet werden und damit in seinen zentralen Teilen, wie der beschleunigten Rückführung, am morgigen Sonnabend in Kraft treten. Ursprünglich war als Zeitpunkt der 1. November vorgesehen. Es ist damit zu rechnen, dass bereits zu Beginn der kommenden Woche nicht anerkannte Asylbewerber in größerem Stil zurückgeführt werden. In enger Abstimmung zwischen Bund und Ländern wird danach bereits an Listen für Rückführungen in „größerer fünfstelliger Höhe“ gearbeitet.

 

Zudem hat die Bundesregierung ihren internen Streit über die Einrichtung von Transitzonen zur grenznahen Registrierung von Flüchtlingen weitgehend beigelegt. Nach RND-Informationen haben die zuständigen Bundesminister Thomas de Maizière (Innen, CDU) und Heiko Maas (Justiz, SPD) unter Vermittlung von Bundeskanzlerin Angela Merkel und SPD-Chef und Vizekanzler Sigmar Gabriel sich bereits grundsätzlich darauf verständigt, dass es im grenznahen Transitbereich auf deutschem Boden eingegrenzte Zentren zur Registrierung der Flüchtlinge geben soll.

 

Nur auf Basis einer solchen Registrierung soll Geld nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ausgezahlt werden. Flüchtlinge, die in der Bundesrepublik ohne gültige Registrierung angetroffen werden, sollen behördlich in die neuen Transitzonen zurückgeführt werden. Damit will man die Vorauswahl zwischen Bürgerkriegsflüchtlingen und anderen Flüchtlingen konsequent sicherstellen. Die Registrierungszentren sollen zwar geschützt sein, aber nichts werde dabei an Haftanstalten erinnern, heißt es aus Regierungskreisen.