Berlin will Grenzen besser überwachen

Erstveröffentlicht: 
15.10.2015

Polizei mahnt: Für eine komplette Kontrolle ist die Infrastruktur zu mangelhaft

 

Von Dieter Wonka

 

Berlin. Wie sollen die deutschen Außengrenzen besser geschützt werden, damit der Zustrom an Flüchtlingen zumindest etwas eingeschränkt wird? Die Bundesregierung denkt über ein sogenanntes modernes Grenzsicherungsregime nach, also eine bessere Überwachung und Kontrolle der Grenzübergänge. Das bestätigten mit der Sache befasste Mitarbeiter des Berliner Arbeitsstabes gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).


Die Rufe nach einer Schließung oder zumindest strikteren Überwachung der Grenzen waren vor allem aus der CSU laut geworden. Kanzlerin Angela Merkel hatte das bisher nicht befürwortet. Nun gibt es Hinweise darauf, dass die Bundesregierung tatsächlich überlegt, wie die Sicherung verstärkt werden kann. Das ist ein wesentlicher Punkt, über den derzeit intern diskutiert wird. Der andere wird mit reichlich öffentlicher Begleitmusik untermalt, nämlich die Frage, ob Transitzonen in Grenznähe eingerichtet werden sollen, in denen Asylbewerber ihre erste Anlaufstation haben und auf eine rasche Entscheidung über ihr Begehren hoffen können. Die SPD steht diesen Transitzonen ablehnend gegenüber, die Union befürwortet sie.


Bei der Frage, wie die Grenzsicherung verbessert werden kann, stützt sich die Regierung vor allem auf den Rat der Fachleute. Eine erste Abfrage bei der Bundespolizei hatte ergeben, dass Pläne für eine komplette Grenzkontrolle nicht realisierbar seien - die vorhandene Infrastruktur gebe das nicht her, heißt es. Bei den derzeitigen Grenzkontrollen, insbesondere beim Übergang von Österreich zu Deutschland, solle es aber bleiben - auf jeden Fall bis Weihnachten. Bundesinnenminister Thomas de Maizière hatte in einem Schreiben an die EU mitgeteilt, dass die Grenzkontrollen um mindestens zwei Wochen, möglicherweise aber auch bis zu zwei Jahre verlängert werden sollen. "Die derzeitige Situation des weiterhin ungesteuerten, immensen und nahezu ungebrochenen Zustroms von Drittstaatenangehörigen über die Außengrenzen und deren Weiterreise innerhalb des Schengen-Raumes ist nicht hinnehmbar", steht in dem Brief.


Nach Erkenntnissen der Bundesregierung befinden sich derzeit bereits "zwischen 50000 und 100000 illegale Zuwanderer" in der Bundesrepublik. Intern hat es auch Kritik an der Aufklärungsarbeit des Bundesnachrichtendienstes gegeben. "Die hatten keine Ahnung über die sich abzeichnende Flüchtlingswelle", kritisierte ein zuständiges Regierungsmitglied gegenüber dem RND.


Was aber würde ein modernes Grenzschutzsystem kosten? Die Gewerkschaft der Polizei veranschlagt dafür einen Milliardenbetrag. Schon jetzt fehlten 300 Millionen Euro für moderne Grenzanlagen, sagt GdP-Vize Jörg Radek. Er verwies darauf, dass mit der Öffnung der EU-Binnengrenzen beispielsweise die gesamte IT-Technik von der Sammlung der Fingerabdrücke bis zur Übermittlungstechnik neu aufgebaut werden müsse. Hinzu komme eine "höhere fünfstellige Zahl an Planstellen" für den Grenzkontrolldienst. Die derzeit laufenden Grenzkontrollen ließen sich nur durch die zeitweilige Abordnung von 1500 Bundespolizisten aus anderen Regionen und Abteilungen sichern. "Wer stärkere Kontrollen will, muss für eine erhebliche personelle Aufstockung sorgen." Zugleich verwies er darauf, dass durch die momentane Grenzarbeit bereits Lücken bei der Kontrolle von Flughäfen und Bahnhöfen eingetreten seien.


Kritisch äußerte sich der GdP-Vize zu den Plänen für die Einrichtung von Transitzonen. "Wer das will, muss nicht nur Zäune als Sicherung aufbauen, sondern auch die Frage klären, wer diese Einrichtungen schützt." Die Bundespolizei sei aufgrund der grundgesetzlichen Situation dazu nicht in der Lage.