Inforiot – Etwa 300 RassistInnen zogen am Freitagabend durch den Cottbuser Stadtteil Sachsendorf. Am kommenden Freitag soll es wieder Proteste geben. Die Demonstration, die zuvor über Facebook beworben wurde, war nicht angemeldet. Die Polizei wollte die unrechtmäßige Versammlung auflösen, war jedoch auf Grund der Menschenmenge überlastet. Zwar konnte die Polizei verhindern, dass die RassistInnen sich vor dem Heim sammeln und ließ sie mit „Ausländer raus“ und „Wir sind das Volk“-Rufen durch das Plattenbauviertel ziehen, konnte aber eine Auflösung nicht unmittelbar durchsetzten. Daraufhin haben sich selbst Einsatzhundertschaften aus Berlin nach Cottbus begeben. Der aggressiven Mob löste sich nach einigen Stunden auf. Anlass für den rassistischen Protest war ein Willkommensfest von Unterstützer_innen der Außenstelle der Erstaufnahmeeinrichtung in der Poznaner Straße.
Sachsendorf vor 23 Jahren
Die Ausschreitungen in Cottbus-Sachsendorf sind nicht auf Grund und
der Grenznähe zu Sachsen (von der Namensnähe mal abgesehen), dem
Bundesland in dem inzwischen beinahe jeder kleine Ort von
rassistischen Ausschreitungen bekannt geworden ist,
besorgniseregend, sondern weil es Erinnerungen an die Krawalle
vor 23 Jahren auslöst. „Drei Nächte voller Feuer, Angst und Gewalt in Cottbus“
hatten die Lausitzer Rundschau die rassistischen Pogrome
rückblickend zusammengefasst. Damals demonstriereten mehrere
hundert Neonazis vor der Asylunterkunft in Sachsendorf. Jedoch,
anderes als in der vergangenen Nacht, nicht nur pöblend, sondern
bewaffnet mit Steinen und Molotowcocktails. Eine der damals
mitmischenden Neonazis war in den letzten Jahren
Stadtverordneter der NPD in der Cottbusser
Stadtverordnetenversammlung: Frank Hübner.
Nächsten Freitag, gleiche Zeit
Für kommenden Freitag ist inzwischen im Internet wieder
Ankündigungen für Proteste aufgetaucht. Am 16.10, um 18:30 Uhr
wollen sich wieder RassistInnen in Cottbus treffen und gegen
Asylpolitik und gegen Geflüchtete protestieren. Neben Cottbus
sind für die kommenden Tagen in weiteren Orten in Brandenburg,
u.a. in Spremberg am 17.10. und 30.10. in Senftenberg rassistische Aufmärsche sowie Naziaktionen angekündigt. Auf Inforiot halten wir über die aktuellsten Termine auf dem Laufenden.
Weitere Naziveranstaltungen in den nächsten Wochen
In verschiedenen Städten des Landes sind in den nächsten Wochen erneut Neonazi– und Anti-Asyl-Veranstaltungen geplant. Weitere Anmeldungen sind nicht auszuschließen.
10. Oktober: Anti-Asyl-Aktionen in Guben und Wriezen
Für den 10. Oktober mobilisiert die mutmaßlich NPD-gesteuerte Facebook-Seite „Nein zum Heim in Guben“ zu einer Anti-Asyl-Kundgebung. Die OrganisatorInnen wollen in unmittelbarer Nähe der Sammelunterkunft in der Delowitzer Straße aufmarschieren und fordern dabei u.a. mehr Grenzkontrollen. Unter den Motto „Schützt eure Heimat — Ostbrandenburg erwacht“ wollen Neonazis und RassistInnen ebenfalls am 10. Oktober in Wriezen auf die Straße gehen. Mittlerweile wurde die dazu gehörige Facebook-Veranstaltung jedoch gelöscht.
17. Oktober: Spremberg
Am 17. Oktober soll indes eine Kundgebung „Schweigen heißt zustimmen — Spremberg sagt Nein zum Heim“ auf dem Spremberger Marktplatz stattfinden. Die Mobilisierung läuft über die Facebook-Seite von „Cottbus/Spree-Neiße wehrt sich“.
24. Oktober: Nazi-Aktionstag in Neuruppin
Zu einem Aktionstag in Neuruppin unter den Motto „Die Gedanken sind
frei..!“ rufen die „Freien Kräfte Neuruppin/Osthavelland“ (NSFKN) am
24. Oktober auf. Am Amtsgericht Neuruppin in der Karl-Marx-Straße
18a wollen die Neonazis aufmarschieren. Ihr Protest richtet sich
gegen Paragraphen §86a (Verwendung von Kennzeichen
verfassungswidriger Organisationen) und §130
(Volksverhetzung). Regelmäßig müssen die Mitglieder der NSFKN
sich u.a. wegen Verstöße gegen diese Paragraphen vor Gericht
verantworten. Ebenfalls findet am 05. November ein Prozess gegen NSFKN-Anführer Dave Trick
am Amtsgericht Neuruppin statt. Trick soll im vergangenen Jahr
zusammen mit Pierre Boddin, einem weiteren Anführer der NSFKN,
einen 21-jährigen Wahlhelfer der Linken angegriffen haben. Die
Staatsanwaltschaft Neuruppin hat wegen Beleidigung und
Körperverletzung Anklage erhoben.
30. Oktober: BraMM-Aufmarsch in Senftenberg
Unter den Motto „Es hat sich ausgemerkelt“ wollen die
„Brandenburger für Meinungsfreiheit und Mitbestimmung“ (BraMM)
in Senftenberg aufmarschieren. Nachdem der inoffizielle
PEGIDA-Ableger für Brandenburg bei seinen Aufmärschen immer
weniger Zulauf bekam, wollen die RechtspopulistInnen einen
weiteren Anlauf versuchen. Als mutmaßlicher Träger der
islamfeindlichen Organisation tritt der Verein „Freiheitliche
Liga e.V.“ (FL) auf, der sich als „Soziales Netzwerk für
Meinungsfreiheit und Patriotismus“ versteht. Die FL trat in der
Vergangenheit bei verschiedensten Anti-Asyl-Demonstrationen im
ostdeutschen Raum auf und veranstaltete Stammtische in
Sachsen-Anhalt und Brandenburg. Zuletzt beteiligten sich
FL-Mitglieder, darunter der Vorstandsvorsitzende und
BraMM-Oberhaupt Heiko Müller, am 03. Oktober an dem Bärgida-Aufmarsch
in Berlin. An der Demonstration nahmen knapp 200 Menschen teil,
darunter eine Palette von rechtsaußen Splittergruppen wie „Pro
Deutschland“ oder den „Freidensmahnwachen“ bin hin zu extrem
rechten „Identitären“ und dem „NW-Berlin“. Bis Frühjahr 2015 war
Heiko Müller Landeschef und Bundesparteivize der
rechts-konservativen Partei „Die Republikaner“. Zum 28. Februar
legte er alle seine Ämter bei den Republikanern nieder und wurde
Vorstandsvorsitzende der FL. Auch weitere ehemalige
Republikaner fanden in der FL ihre neue politische Heimat. Bis
heute ist Müller fraktionsloser Stadtrat in Ludwigsfelde.
01. November: III. Weg in Frankfurt (Oder)
Für den 01. November hat die Facebook-Seite „Frankfurt/Oder wehrt sich“
eine Veranstaltung mit dem Titel „STOPP DEM ASYLWAHN! ! !“ erstellt.
Laut dieser will die Gruppierung in der Walter Korsing
Straße/Haltestelle Stadion aufmarschieren. Das Titelbild lässt
erahnen, dass der Aufmarsch zur geplanten Asylunterkunft am
Karl-Ritter-Platz ziehen soll. Bereits im Juli führten die Neonazis um den Initiator der Facebook-Seite Peer Koss dort eine Kundgebung durch.
Bei den Veranstaltungen der Gruppierung trat in der
Vergangenheit immer wieder die Kleinspartei „Der III.Weg“ als
organisierende Struktur auf, zuletzt am 03. Oktober (Inforiot berichtete).
Der bekannte „III.Weg“-Überläufer Pascall Stolle wirbt kräftig für
die Veranstaltung am 01. November. So verbreitet er die
Veranstaltung im Netz und postet sie auf diverse Pinnwände
weiterer Anti-Asyl-Seiten, wie beispielsweise „Brandenburg wehrt
sich“ oder „Wittstock SAGT NEIN zu Asylpolitik“. Es ist daher mit
einem weiteren Auftritt der Partei in Frankfurt/Oder zu rechnen.
21. November: Anti-Asyl-Demonstration in Prenzlau
Eine Facebook-Seite „BB.Patrioten“ ruft zu einer Demonstration am 21.
November in Prenzlau auf. Der knappe Aufruf der Demonstration
besitzt wenig lokalen Bezug. Laut Beschreibung richtet sich die
Demonstration „gegen geplante Asylunterkünfte in Brandenburg“ und
die „gescheiterte Asylpolitik in unserem Land“. Fahnen aller
Bundesländer dürfen zur Demonstration mitgebracht werden, so
die Veranstalter. Wie das Internetportal „gegenrede.info“ berichtet,
wurde die Demonstration durch einen Finowfurter angemeldet, der
„nicht gerade als Szenegröße bekannt ist“. Auch wird die
Demonstration bis zum heutigen Zeitpunkt nicht von lokalen
Neonazis unterstützt.