Ochsenberg: Maximal 55 Flüchtlinge sollen einziehen

Erstveröffentlicht: 
19.06.2015

Enttäuscht verließen am Donnerstagabend Zuhörer aus Ochsenberg den Sitzungssaal des Rathauses. Der Gemeinderat hatte sich einstimmig hinter das von Landkreis Heidenheim und Gemeinde Königsbronn ausgearbeitete Betreuungskonzept für das in Ochsenberg geplante Flüchtlingsheim gestellt. Hierzu, so das Fazit nach intensivem Gedankenaustausch, gebe es in der Gemeinde keine Alternative.

 

Im Beschluss heißt es wörtlich: „Der Gemeinderat von Königsbronn stellt sich der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung und wird sich bei der Betreuung hilfesuchender Menschen mit einbringen, gemeinsam mit den Kirchen in einem Arbeitskreis Betreuung von Flüchtlingen. Der Gemeinderat legt Wert auf eine definitive Zusage, in Ochsenberg dauerhaft nicht mehr als 55 Personen unterzubringen.“

 

Im Mittelpunkt der Diskussion stand als spürbar größte Sorge, dass unter dem Druck weiter anschwellender Flüchtlingsströme das eigentlich festgeschriebene und der Gemeinde vom Landkreis fest zugesagte Aufnahmelimit von maximal 55 Personen überschritten werden könnte. Rein rechnerisch nämlich, so gestand Sozialdezernent Anton Dauser zu, „könnten wir bedeutend mehr unterbringen, nämlich 90“. Das aber werde nicht geschehen, der Landkreis werde sich an sein Wort halten.

 

Die Skepsis im Ratssaal aber blieb und kam auch in diversen Wortmeldungen zum Ausdruck. Insbesondere die ausufernden Verhältnisse in der Landeserstaufnahmestelle in Ellwangen, wo mittlerweile statt maximal 1000 schon über 1250 Personen gelandet sind, gaben zu großen Befürchtungen Anlass. „Ochsenberg darf kein Lea Ellwangen 2 werden“, brachte Bürgermeister Michael Stütz mit Nachdruck die Königsbronner und vor allem auch Ochsenberger Besorgnisse auf den Punkt.

 

Der Kreisverwaltungsdirekter aus dem Landratsamt Heidenheim zeigte sich „selbst erschrocken“ über die Vorgänge in Ellwangen, warb jedoch für den Landkreis Heidenheim um Vertrauen: „Wenn wir mehr unterbringen müssen, dann nicht in Ochsenberg, sondern anderenorts vielleicht in Containern“. Ausführlich stand Anton Dauser Rede und Antwort zum sorgfältig ausgetüftelte Betreuungskonzept für die Gemeinschaftsunterkunft in Ochsenberg. Womit der Königsbronner Teilort aufgrund seiner Lage und Beschaffenheit eine Sonderrolle spiele, für keine andere Kommune habe man sich derlei Mühe gemacht. Das aber auch mit Fug und Recht, wie in der Ratsrunde festgestellt wurde, schließlich ist Ochsenberg ein kleines Dorf und keine große Gemeinde oder Stadt wie zum Beispiel Gerstetten, Herbrechtingen oder Giengen.

 

So versucht man schon im Vorfeld der Flüchtlingsunterbringung an alles zu denken, doch bleibt die Unsicherheit, wie sich die in Ochsenberg einzuquartierenden Menschengruppen dann letztlich zusammensetzen und was sie brauchen. Doch wer und wie auch immer: vor Ort wird eine sozialpädagogische Fachkraft (50 Prozent Vollzeit, bei Bedarf mehr) tätig sein, es wird eine Wohnheimleitung und einen Hausmeisterdienst geben, die Kirchengemeinden wollen sich kümmern, kleine Kinder können in den örtlichen Kindergarten, größere zur Schule, sofort und ohne Wartezeit dürfen gemeinnützige zusätzliche Arbeiten geleistet werden (bis zu 100 Stunden monatlich zu je 1,05 Euro), Sprachkurse sollen vor Ort stattfinden und gebrauchte Fahrräder aus der Awo-Werkstatt das „nicht rosige“ Mobilitätsangebot für die Bewohner verbessern. Und: Wer krank wird, aber nicht gleich einen Rettungswagen braucht, kann sich mit dem Taxi zum ärztlichen Notfalldienst ins Klinikum Heidenheim bringen lassen.

 

Noch gefeilt werden muss an den Einkaufsmöglichkeiten. Bemühungen laufen, zusätzlich zum Bäcker- und/oder Metzgerwagen eventuell noch eine Art mobilen Tante-Emma-Laden für die Vor-Ort-Versorgung der Flüchtlinge zu gewinnen, doch, so Anton Dauser, „so etwas gibt's heute so gut wie nicht mehr“. Bei der Einbindung der Menschen ins örtliche Vereinsleben und bei der Bewältigung sonstiger Herausforderungen des Alltags soll ein noch zu gründender Freundeskreis mit ehrenamtlich engagierten Bürgern helfen. Ansonsten stellt der Landkreis professionelle Ansprechpartner für alle mit der Flüchtlingsunterbringung zusammenhängende Fragen und Probleme bereit, ebenso die Gemeinde Königsbronn auf kommunaler Ebene.

 

Für die SPD führte Gemeinderat Wolfgang Lutz aus, dass, nachdem die Kreisverwaltung und der Kreistag die Unterbringung beschließen werden, die SPD-Gemeinderatsfraktion entschieden habe, die Unterbringung von Asylbewerbern in Ochsenberg positiv zu begleiten, „um das Bestmögliche für die Asylsuchenden sowie für die Ochsenberger Bevölkerung zu erreichen“. Margit Stumpp (Grüne) bezeichnete die Betreuungskonzeption als gute Grundlage, dennoch handele es sich „nur“ um ein Konzept, das weiterentwickelt werden müsse und nicht um ein Vertragswerk.

 

Dr. Stefan Horrer (CDU) zeigte sich überzeugt davon, dass Königsbronn als „Gemeinde des Ehrenamtes“ es schaffen werde, die Flüchtlinge freundlich, wohlwollend und anständig aufzunehmen. Und für den Unabhängigen Wählerblock brachte Michael Bruch zum Ausdruck, mit dem Flüchtlingsheim in Ochsenberg biete sich Königsbronn womöglich die Chance, anderen Kommunen Vorbild zu sein.

 

Bürgermeister Michael Stütz mahnte zu Solidarität. Die Unterbringung von Flüchtlingen sei ein gesellschaftliches Problem, dem sich auch Königsbronn nicht verweigern könne und auch nicht wolle: „Königsbronn wird sich nicht wegducken“. An die Ochsenberger appellierte er, sich bei der Hilfe für Notleidende nicht zu verweigern. Nur Front zu machen, bringe nichts ein.