Freiheit für Paul - mit einem sozialen Programm gegen die Repressionswelle

Fight Repression - Freiheit für Paul

Am 20. Juli wurde der antifaschistische Aktivist Paul in Untersuchungshaft gesetzt, weil er gegen die rassistischen Pegida in München demonstrierte und eine zu kurze Fahnenstange in der Hand gehabt haben soll – eine „Knüppelfahne“. Dass Paul in der JVA Stadelheim sitzt, ist der dreiste Höhepunkt einer über halbjährigen Repressionswelle gegen linke Aktivist*innen und Geflüchtete. Wir fordern Freiheit für Paul und das sofortige Fallenlassen aller Anzeigen gegen Linke, Geflüchtete und kämpfende Arbeiter*innen.


Wie die Repression den Protest spaltet


Um der Repression mehr als Symbole entgegenzusetzen, brauchen wir über notwendige unmittelbare Solidarität hinaus eine Strategie. Denn durch individuelle Radikalisierung können wir gegen den deutschen Staat wenig ausrichten. Zwar gibt es in der lohnabhängigen Klasse wenig Verständnis für das Einknasten eines Aktivisten, während rechte Gewalttaten kaum verfolgt werden und immer wieder Verbindungen von Polizei und Geheimdiensten zur gewalttätigen Rechten ans Licht kommen. Gleichzeitig kriminalisiert und verunglimpft der Staat den Gegenprotest, wenn es sich nicht gerade um eine kirchliche Lichterkette handelt.

 

Die Kriminalisierung des Protests gegen Rassismus spaltet die Mehrheit der Lohnabhängigen von den „Radikalen“ ab und stellt eben den Reformismus von SPD und Grünen als „moderate“ Alternative dar, der mit Kriegen, Massenverarmung und den Dublin-Verträgen selbst die härtesten Schläge auf ArbeiterInnen und MigrantInnen durchführte. Die Spaltung in „Moderate und Radikale“ dezimiert unsere Basis und verhindert breite Solidarität mit den Waffen der Lohnabhängigen auf unserer Seite.

Ein Klima der Angst und Gewalt

 

In diesem Jahr wurden schon 173 Angriffen auf Geflüchtetenunterkünfte bekannt. Es gibt zusätzlich ständig faschistische Übergriffe auf Linke, zuletzt ein versuchtes Bombenattentat auf einen Politiker der Linkspartei. Tröglitz und Freital sind Symbole der Angst und Gewalt geworden. Denjenigen, die sich dem rechten Mob unentwegt und selbstbewusst in den Weg stellen, rät die Polizei nach rechten Übergriffen von Anzeigen gegen bereits vorbestrafte Faschist*innen ab. Andererseits langt die Staatsmacht selbst umso härter mit Knüppeln und Paragraphen zu, wenn Linke Widerstand organisieren – so erlebten wir es an vielen Montagen an den eigenen Körpern. Die SPD-geführte Landeshauptstadt München ermöglicht die Repression mit der entsprechenden Zuweisung der Straßen und Plätze und flankiert sie mit Bußgeldbescheiden. Wir fordern vom bayerischen und vom deutschen Staat die Auflösung aller polizeilichen Schläger-„Spezialkräfte“. Von der Landeshauptstadt München fordern wir die Einstellung aller Verfahren gegen linke Protestierende sowie die Anerkennung des antifaschistischen Demonstrationsrechts anstatt des faschistischen.

 

Die Repression gegen Antifaschismus ist mit dem Staatsrassismus eng verbunden: Die politische Antwort auf die Einknastung von Paul beinhaltet auch den effektiven Kampf für die Rechte Geflüchteter und die Einheit der Arbeiter*innenklasse. Während die Bagida-Pegida-Bewegung sich auf ihren faschistischen Kern reduziert hat, übererfüllt der Machtapparat des Kapitals bereits viele ihrer Forderungen: Die Groko beschloss mit Stimmen der Grünen im Bundesrat die letzte Asylrechtsverschärfung durch die Ausweitung „sicherer Herkunftsländer“. Das deutsche Grenzregime soll sich nach Willen der Regierung von den EU-Außengrenzen auf Nordafrika ausdehnen. Für Bayern will die CSU sogenannte „Aufnahmezentren“ in Grenznähe errichten, in denen die Abschiebung von Geflüchteten im Schnellverfahren beschlossen wird – die Schließung der Grenzen wurde beim G7-Gipfel bereits erfolgreich geprobt. Die Praxis der „deutschen Willkommenskultur“ ist Abschreckung durch Deklassierung zu „Volksgruppen zweiter Klasse“.

Der Rassismus hat einen Klasseninhalt!

 

Das deutsche Regime lenkt von den Ursachen ab, die Menschen überhaupt erst zur Flucht nötigen, seien es Kriege, politische Verfolgung durch von Deutschland unterstützte Diktaturen oder kapitalistische Ausbeutung in ihren Heimatländern.  Die Spaltung zwischen Arbeiter*innen mit Aufenthaltsrecht und Illegalisierten, das Fortbestehen des Chauvinismus innerhalb unserer Klasse, wird aufrechterhalten durch den Standortnationalismus. Er behauptet, es gebe irgendetwas Gemeinsames zwischen den Produktionsmittelbesitzenden und den Lohnabhängigen. Er hindert uns am gemeinsam kämpfen und dient nur dem Kapital.

 

Auch die Arbeiter*innenklasse in Deutschland wird angegriffen: In Fortsetzung des Hartz-IV-Regimes treiben Merkel und ihre Lakaien die Prekarisierung voran; Leiharbeit ergreift einen ganzen Sektor der Lohnabhängigen in der Dienstleistung; allein die Post outsourct tausende Beschäftigte außerhalb der Tariflandschaft; effektive Streiks wie der der GDL sollen in Zukunft durch die „Tarifeinheit“ von oben unterbunden werden; jetzt wird noch über die Abschaffung des faktisch schon unterhöhlten Achtstundentags  diskutiert. Gerade die Beschränkung des Streikrechts wendet sich gleichzeitig gegen demokratische Grundrechte und verhindert so die Verteidigung sozialer Errungenschaften.

Geflüchtete anerkennen, Polizei rauswerfen!

 

Die Forderungen der Geflüchteten und demokratische Rechte wie Versammlungsfreiheit und Streikrecht sind keine humanitären Bittstellungen. Wir wollen demokratische Freiheiten und soziale Verbesserungen in Form verbriefter Rechte haben. Die Arbeiter*innenklasse, die alle Lohnabhängigen und die Geflüchteten als am meisten unterdrückten Teil umfasst, erzeugt fast den gesamten Reichtum in der Gesellschaft. Sie hat demokratische und soziale Rechte wie die Abschaffung der Kinderarbeit, die Sozialversicherung, den Achtstundentag, das allgemeine Wahlrecht und die Rechte, sich zu versammeln und zu organisieren, erkämpft. Die wichtigsten Mittel dieser Klasse sind die Gewerkschaften, die mit Streiks ökonomische und politische Zugeständnisse erzwingen können. Wer produziert, kann diktieren –  indem sie*er die Produktion lahmlegt oder sogar die Produktionsmittel in die eigenen Hände nimmt.

Wir fordern von diesen Gewerkschaften, dass sie sagen: „Wir erkennen die Geflüchteten als Teil von uns an.“ Das beginnt mit der Aufnahme in die Gewerkschaften selbst, eine Kampfforderung der Geflüchteten, die diesen September auf dem Bundeskongress von ver.di entschieden werden soll. Mit ihrer Anerkennung sollen die Gewerkschaften aber verbinden: Auch der Staat soll die Geflüchteten anerkennen – mit Bleiberecht und vollen Bürger*innenrechten.

 

Besonders die „Taschengeld-Debatte“ der CSU und die Lagerpraxis des ganzen deutschen Staats trennen die Geflüchteten ab und machen sie angreifbar für Nazis. Wir sind der Ansicht, dass Geflüchtete zu uns gehören und wir gemeinsam für eine Umverteilung des gesellschaftlich produzierten Reichtums kämpfen können. Deshalb brauchen wir klassenkämpferische Gewerkschaften, die sich von der Partnerschaft mit dem rassistischen Staat, der den Kapitalist*innen dient, lossagen.

 

Die krasseste Form der Zusammenarbeit der Gewerkschaftsbürokratie mit dem Kapital und seinem Staat ist die Existenz der „Gewerkschaft der Polizei“ (GdP) im Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Denn die Kernaufgabe der Polizei ist die Sicherung der kapitalistischen Ordnung und der Schutz des Privateigentums an Produktionsmitteln – als bewaffnete Organisation im Sinne des Kapitals. Sie wendet Gewalt auch gegen Arbeiter*innen an, spästens wenn es einen Streik gibt, der die Produktion des Landes lahmlegt oder das Privateigentum infrage stellt.

Von den Demopolizist*innen, die Paul verhafteten, über ihre Kolleg*innen, die im Dezember 2014 das Sendlinger Tor in München von demonstrierenden Geflüchteten räumten bis hin zu Verkehrspolizist*nnen, die bei einer Kontrolle Geflüchtete ohne Papiere mitnehmen und an ihrer Abschiebung arbeiten müssen – die Polizei steht auf der anderen Seite. Und an deren Seite steht die GdP, die während der legitimen Besetzung des DGB Berlin-Brandenburg durch Refugee Struggle for Freedom 2014 Druck machte und provozierte – bis schließlich ihre „Kolleg*innen“ in Schutzanzügen die gewaltsame Räumung von den Geflüchteten durchführten.

 

Wir wollen keine Polizei in den Gewerkschaftshäusern, weder in Uniform noch in den Büros, und fordern ihren Ausschluss aus dem DGB. Wir wollen angesichts Skandalen wie der Hamburger „Sicherheitszone“, der Berliner Militarisierung der Ohlauer Straße oder der bayerischen Generalmobilmachung um G7 keine „demokratische“ Verbesserung der Polizei.

 

Wir fordern deshalb zunächst von allen anderen DGB-Mitgliedsgewerkschaften, dass sie folgendes in ihre Satzungen und die des DGB aufnehmen: „Alle DGB-Mitgliedsgewerkschaften und deren Mitglieder verpflichten sich, nicht bewaffnet und systematisch gegen die Organisierung der Lohnabhängigen vorzugehen. Sie verpflichten sich, nicht an der Auflösung von Streiks zu arbeiten, linke Demonstrationen zu beschränken oder bei Abschiebungen zu helfen.“ Wer das nicht unterschreiben kann, muss für ihre*seine Machenschaften als bewaffneter Berufsverband für den bürgerlichen Staat  den Deckmantel des DGB ablegen.

Perspektive politischer Generalstreik

 

Während wir diese Zeilen schreiben, steht der nächste Montag mit der nächsten Repression vor der Tür. Im bayerischen Kabinett heckt die CSU die Verschärfung des weltweit einzigartigen „Vermummungsverbots“ aus, um noch mehr billige Anlässe zur Verhaftung zu haben. Wir müssen uns wehren – aber uns fehlen ausreichende Mittel und die noch verbleibenden will uns der deutsche Staat nehmen.

Was macht die Linkspartei? Sie fordert zwar Verbesserungen für Geflüchtete. Doch mit Anwendung von §25 des Aufenthaltsgesetzes könnte Bodo Ramelow in Thüringen bereits jetzt „aus humanitären Gründen“ alle Abschiebungen verhindern, wie er es nach drei medienwirksamen Wintermonaten wieder einstellte.

 

Aber notwendig bleibt Anerkennung, nicht Duldung. Dafür brauchen wir die Einheit der gesamten Arbeiter*innenklasse im Kampf gegen das Kapital. Um die Angriffe auf Geflüchtete und Lohnabhängige mit Bleiberecht zurückzuschlagen und für alle ein besseres Leben ohne Abschiebung, Prekarität, Arbeitslosigkeit und Armut zu bekommen, müssen wir die Perspektive des politischen Generalstreiks diskutieren. Sein Ziel soll unter anderem die drastische Senkung der Wochenarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich sein, außerdem die Anerkennung aller Geflüchteter und volle Bürger*innenrechte. Denn mit der Verteilung der gesellschaftlich notwendigen Arbeit auf alle entfallen die rassistischen Scheinargumente des Kapitals, die die Klasse spalten, und die Kapitalist*innen müssen ihre Krise endlich selbst bezahlen!

 

 

Waffen der Kritik München ist eine Unigruppe aus Unabhängigen und RIO

 

Bild: Freheit für Paul auf Facebook

Die Soligruppe, die Paul unterstützt, ist online auf notalone.blogsport.eu/freiheit-fuer-paul